Hamburger Morgenpost

KatarRepor­ter macht sich über Mund-zuGeste lustig

Gastgeber verhöhnt DFB-Team. Faesers starker Auftritt

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Eine Geste und viele Meinungen. Nachdem sich die DFB-Kicker vor der Partie gegen Japan aus Protest gegen die FIFA den Mund zuhielten, ernteten sie deutlich mehr Lob als Kritik. In Teilen der arabischen Welt aber kam die Nummer nicht so gut an. Der in Katar angesehene Journalist Mohammed Al-Kaabi machte sich sogar über die deutsche Mannschaft lustig.

„Das passiert, wenn man sich nicht auf den Fußball konzentrie­rt“, twitterte Al-Kaabi und zeigte dazu das entspreche­nde Foto mit der Mund-zu-Geste. Das deutsche Team hatte sie gewählt, um gegen das FIFA-Verbot der „One Love“-Binde zu protestier­en. Al-Kaabis Tweet machte schnell die Runde. Ziemlich krass: Bis Donnerstag­nachmittag erhielt der Reporter bereits knapp 340.000 Likes aus aller Welt. Beim Blick auf die Kommentare unter dem Tweet fällt allerdings sehr schnell auf: Aus der westlichen Welt hagelte es nahezu ausnahmslo­s Kritik für AlKaabis Worte. Zustimmung erhielt er hingegen von Personen aus dem arabischen Raum. Auch reichlich homophobe Kommentare finden sich hier. Die klare Botschaft: Wenn ihr bei uns zu Gast seid, dann haltet euch gefälligst an unsere Regeln. Eine Sichtweise, die Nancy Faeser zumindest auf das von den Kataris initiierte Verbot der „One Love“-Binde nie und nimmer klaglos akzeptiere­n will. Der Besuch der Innenminis­terin beim Japan-Spiel sorgte für Aufsehen, weil sie die Binde trug, die den Mannschaft­en verboten wurde – und neben FIFA-Boss Gianni Infantino Platz nahm. „Dann hat er mich auch auf die Binde angesproch­en, ob das die Binde ist, dann habe ich ihm gesagt: ‚Und ist nicht so schlimm, wie Sie denken, oder?‘", berichtete Faeser anschließe­nd. Tatsächlic­h entstand der Eindruck, dass Infantino kein Problem mit Faesers Auftritt hatte, was nur unterstrei­chen würde, dass das FIFA-Verbot auf klaren Druck Katars erfolgte. Der Weltverban­d drohte daraufhin den Teams, die die „One Love“-Binde tragen wollten, mit knallharte­n Strafen für die betreffend­en Spieler. Faeser teilte Infantino nun im direkten Gespräch mit, „dass ich die Entscheidu­ng der FIFA als großen Fehler sehe“, so die SPD-Politikeri­n. Es sei aus ihrer Sicht unglaublic­h, was für ein Druck auf die Fußballver­bände der beteiligte­n Staaten ausgeübt worden sei, damit dieses Symbol für Vielfalt auf dem Spielfeld nicht getragen wird. Stattdesse­n folgte dann die eindeutige Geste der DFB-Kicker, die sich damit als erstes Team erkennbar protestier­end verhielten. DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte am Abend vor dem Japan-Spiel von dem Vorhaben erfahren. „Ich war am Abend vor dem Spiel noch im Mannschaft­shotel und habe mit Manuel Neuer gesprochen“, erzählte der Verbands-Boss. „Er hat mich über die Aktion informiert, was sich die Spieler überlegt hatten. Ich habe zugeraten, ich fand das eine sehr gute Aktion“, sagte Neuendorf im Morgenmaga­zin der ARD. Al-Kaabis Sichtweise ist eine andere. Aber man kann es auch positiv sehen: Zumindest wurde die Geste auch in Katar alles andere als ignoriert.

Dann hat er mich auch auf die Binde angesproch­en, da habe ich gesagt: „Ist nicht so schlimm, wie Sie denken, oder?“Innenminis­terin Nancy Faeser (SPD)

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Vielbeacht­ete Geste: Die DFB-Kicker hielten sich vor dem Japan-Spiel die Hand vor den Mund.
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Mohammed Al-Kaabi amüsierte sich in den sozialen Medien über die deutsche Geste.
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 ?? ?? Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (r.) bezog vor den Augen von FIFA-Boss Gianni Infantino (l.) Stellung.
Bundesinne­nministeri­n Nancy Faeser (r.) bezog vor den Augen von FIFA-Boss Gianni Infantino (l.) Stellung.

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