Hamburger Morgenpost

„Nieder mit Xi Jinping!“: Chinesen wagen den Protest

Immer mehr Menschen demonstrie­ren

- Von MIRIAM KAEFERT

PEKING – Erst waren es nur ein paar Hundert von 1,4 Milliarden, aber jetzt werden es immer mehr: Chinesen demonstrie­ren. „Nieder mit Xi“, riefen sie in Schanghai und Peking. Proteste gegen den Über-Herrscher Xi Jinping waren bisher undenk

bar. Aber die Verzweiflu­ng über die

Null-Covid-Strategie treibt die Menschen auf die Straßen.

Auslöser für die Wut war der Brand in einer Wohnung in der Millionens­tadt Ürümqi im Nordwesten – mit mindestes zehn Toten. Viele sind der Meinung, dass die

Rettungsar­beiten durch die strengen Corona-Restriktio­nen behindert wurden. Bewohnern sei die Flucht ins Freie durch abgeschlos­sene Wohnungstü­ren erschwert worden.

In der Hauptstadt Peking und anderen Millionens­tädten gingen Menschen zu Hunderten auf die Straße.

Auch in Schanghai waren vor allem junge Leute unterwegs. Auf Videos von dort, die sich trotz staatliche­r Zensur im Internet verbreitet­en, waren Rufe wie „Nieder mit der Kommunisti­schen Partei! Nieder mit Xi Jinping!“zu hören.

Auf dem Campus der Tsinghua-Universitä­t in Peking versammelt­en sich Hunderte Studenten. Auf Videos war zu sehen, wie sie leere Blätter Papier in die Luft hielten – unbeschrie­bene weiße Blätter sind ein Symbol für den Protest gegen Repression­en, mit denen der Staat gegen kritische Stimmen vorgeht.

Eine junge Frau erzählte: „Wenn wir uns aus Angst nicht zu Wort melden, enttäusche­n wir unser Volk. Als Tsinghua-Studentin würde ich dies für den Rest meines Lebens bereuen.“Ein anderer Augenzeuge erklärte der Nachrichte­nagentur AFP: „Wir haben die National

Wenn wir uns aus Angst nicht zu Wort melden, enttäusche­n wir unser Volk. Eine Studentin in Peking

hymne gesungen und die Internatio­nale und skandiert: ,Die Freiheit wird siegen‘, ‚Schluss mit den CoronaTest­s, wir wollen essen‘ und ‚Nein zu Lockdowns, wir wollen Freiheit‘.“Anderswo in Peking durchbrach­en Bewohner Zäune um ihre Wohnanlage­n und forderten ein Ende der Lock

Polizeiauf­gebot und weiträumig­en Absperrung­en wieder zu Protesten mit mehreren Hundert Teilnehmer­n. Auf Videos war zu sehen, wie Demonstran­ten abgeführt wurden. Laut Augenzeuge­n setzte die Polizei in Schanghai Pfefferspr­ay ein, um die Demonstrat­ion zu beenden. Videos davon, die sich im Internet verbreitet­en, wurden von den Zensurbehö­rden in China rasch wieder gelöscht.

Bis auf wenige Supermärkt­e sind praktisch alle Geschäfte in der Metropole geschlosse­n. Die Straßen sind bis auf lange Schlangen vor PCRTeststa­tionen menschenle­er. Die Zahl der Corona-Infektione­n in dem Land steigt momentan heftig – deshalb befindet sich China laut Experten in der Sackgasse. Denn Öffnungen hätten viele Tote zur Folge, Ärzte warnen, dass das Gesundheit­ssystem völlig überlastet wäre, sollte sich das Virus frei verbreiten.

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In der Stadt Ürümqi begannen die Proteste, Sonntagabe­nd hat die Polizei die Demo zerschlage­n.
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Schanghai: Die Polizei hat Demonstran­ten in einen Bus verfrachte­t und transporti­ert sie ab.
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Regierungs­chef Xi Jinping hat seit zehn Jahren die Macht in China.
downs.In Schanghai kam es auch am Sonntag trotz großem Regierungs­chef Xi Jinping hat seit zehn Jahren die Macht in China.
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In der Metropole Schanghai stehen sich Demonstran­ten und Polizei gegenüber.

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