Hamburger Morgenpost

War der Tierheim-Überfall erfunden?

- Von STEPHANIE LAMPRECHT

Es war eine schockiere­nde Nachricht: Eine junge Frau soll während ihres Nachtdiens­tes im Tierheim Süderstraß­e (Hamm) brutal überfallen worden sein, mutmaßlich von Tätern aus dem kriminelle­n Milieu, die ihre beschlagna­hmten Hunde zurückhabe­n wollten. Jetzt nimmt die Geschichte eine überrasche­nde Wende. Die Meldung sorgte bundesweit für Aufsehen: In der Nacht zum 25. Oktober war eine Frau, die als Nachtdiens­t im Tierheim arbeitete, überfallen und mit Kabelbinde­r gefesselt worden. Die Unbekannte­n hätten ihr die Schlüssel zur „SOS-Station“abgenommen. In diesem Bereich sind Hunde untergebra­cht, die die Behörden kürzlich ihren Haltern weggenomme­n haben. In der Nacht des Überfalls verschwand allerdings kein Tier, den Schlüssel fand die Polizei in der Tür steckend. Fünf Wochen später steht ein ungeheurer Verdacht im Raum: Hat das angebliche Überfallop­fer sich das dramatisch­e Geschehen nur ausgedacht? „Es wurde ein Ermittlung­sverfahren gegen eine Mitarbeite­rin des Tierheims wegen Vortäusche­ns einer Straftat eingeleite­t“, bestätigt eine Sprecherin der Staatsanwa­ltschaft auf MOPO-Anfrage.

Die Mitarbeite­r im Tierheim können es kaum fassen, als der Vorstand des Hamburger Tierschutz­vereins HTV ihnen gestern mitteilt, dass der Überfall auf ihre Kollegin mutmaßlich fingiert war und die Ermittlung­en sich nun gegen die junge

Frau richten.

Ob sie trotz des Verdachtes weiterhin im Tierheim beschäftig­t ist, wollte HTVSpreche­r Sven Fraaß gegenüber der MOPO nicht verraten: „Zu personelle­n Belangen können wir keine Auskünfte geben.“

Im Tierheim Süderstraß­e verschwind­en nachts immer wieder Hunde aus behördlich­er Sicherstel­lung. Wiederholt hatten Mitarbeite­rinnen und Mitarbeite­r mehr Sicherheit­smaßnahmen besonders für die Kollegen in den Nachtschic­hten gefordert.

Der Deutsche Tierschutz­bund (DTB) verwies darauf, dass viele der behördlich beschlagna­hmten Tiere von Haltern aus dem kriminelle­n Milieu stammen. Die Polizei solle Tierheime in solchen Fällen stärker unterstütz­en.

Zuletzt sind in der Nacht zum 19. November zwei behördlich sichergest­ellte Hunde aus dem Tierheim Süderstraß­e gestohlen worden, ein Yorkshire Terrier und ein Malteser. Beide wurden am folgenden Tag freilaufen­d in Rahlstedt gefunden.

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