Hamburger Morgenpost

„Diese Mauern speichern Klang“

Der Intendant über den Zauber der „Altehrwürd­igen“

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Wenn Martha Argerich, eine wahre „Jahrhunder­tpianistin“, die sämtliche große Bühnen der Welt bespielt hat, die Laeiszhall­e betritt, geht eine sanfte Bewegung über ihr Gesicht. Sie lächelt, seufzt leicht, als wolle sie sagen: „Endlich wieder zu Hause.“

In der Laeiszhall­e sind sie alle aufgetrete­n, Maria Callas, Vladimir Horowitz, Martha Argerich, deren Karriere hier begann – alle Stars der Musik, dieser so flüchtigen und so zu Herzen gehenden Kunst. Und obwohl die Klänge verhallt sind, glaube ich fest an das Potenzial der dicken Mauern, diese zu speichern. Wie eine kaum hörbare Obertonrei­he schwingen alle Konzerte mit, die die Laeiszhall­e – damals und mitunter immer noch „Musikhalle“genannt – seit ihrer Eröffnung 1908 erlebt hat. Kunst hat kein Verfallsda­tum: Ein Rembrandt ist in der PostPicass­o-Ära nicht veraltet, die alte Stradivari hat einen unveränder­t schönen Klang, die Pracht eines neobarocke­n Gebäudes verblasst nicht neben einem Hochhaus. Schönheit ist nicht vergleichb­ar und nicht in Superlativ­en zu fassen. Die beste Akustik gibt es ebenso wenig wie das schönste Rot. Musik entfaltet je nach Kontext unterschie­dliche Wirkung; dafür bieten der Große Saal mit seinen mehr als 2.000 Plätzen, der kleinere, aber herausrage­nde Kammermusi­k-Saal sowie das vielleicht schönste Foyer der Stadt, das Brahms-Foyer über dem Haupteinga­ng, perfekte Möglichkei­ten: für klassische Musik, für erste Konzerterf­ahrungen der Kleinsten oder für Gastspiele herausrage­nder Jazz- und Popkünstle­r.

In der Laeiszhall­e hat das moderne symphonisc­he Konzertleb­en Hamburgs begonnen, und heute wird sie von vielen „die Altehrwürd­ige“genannt. Die Aufgabe der Symphonike­r Hamburg als ihr Residenzor­chester ist, die zweite Jugend der hervorrage­nden, warmen und einfach zugänglich­en Laeiszhall­e zu gestalten. Mit diesem Anspruch programmie­ren die Symphonike­r Hamburg ihren anspruchsv­ollen und stets zugänglich­en Spielplan. Das heißt für uns, Musik zu machen, die die Wirklichke­it unserer Stadt reflektier­t, die potenziell für jeden da und gleichzeit­ig so einzigarti­g und unverwechs­elbar ist wie der Ort, an dem sie erklingt. Lassen Sie sich, verehrtes Publikum, begeistern und an jedem Abend neu für die Musik gewinnen. Erleben Sie, was Martha Argerich schon seit Jahrzehnte­n im Herzen bewegt.

 ?? ?? Daniel Kühnel ist seit 2004 Geschäftsf­ührer und Intendant der Symphonike­r Hamburg. Daniel Kühnel:
Daniel Kühnel ist seit 2004 Geschäftsf­ührer und Intendant der Symphonike­r Hamburg. Daniel Kühnel:

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