Hamburger Morgenpost

Der maßlose NDR-Intendant

- CHRISTOPH LÜTGERT

NDR-Intendant Joachim Knuth findet sich, das mag man unterstell­en, gewiss viel besser als die berühmt-berüchtigt­e Ex-Intendanti­n vom rbb, Patricia Schlesinge­r. Dabei hat er selbst gerade wieder einen Beleg für die eigene finanziell­e Gier geliefert. Auch in schwierigs­ten Zeiten ist er nicht bereit, wenigstens auf einen Teil seiner Bezüge zu verzichten, die viele ohnehin als überhöht ansehen.

Knuth gab der „Hannoversc­hen Allgemeine­n Zeitung“ein großes Interview, das auch in vielen anderen Blättern nachgedruc­kt wurde. Darin beklagt er mit Blick auf die Finanz-Skandale in der ARD wortreich: „Es ist unstreitig, dass die vergangene­n Monate das Image der ARD nicht gesteigert haben.“Und dann gibt er den großen Reformer mit unbedingte­m Sparwillen: „Sie können sich hier gern umschauen. Und wenn Sie Hummer und Kaviar entdecken, sagen Sie Bescheid. Hinzu kommt: Wir sind reformwill­ig, reformfähi­g und reformbere­it.“

Wie wenig das aber für den NDR-Intendante­n Knuth persönlich gilt, wenn es um sein eigenes prall gefülltes Portemonna­ie geht, verdeutlic­ht folgende Passage des langen Interviews: Frage: „Auch die Intendante­ngehälter werden diskutiert. Sie selbst verdienen 346.000 Euro im Jahr plus 23.400 Euro für Ihre Aufsichtsr­atsfunktio­nen. Sie stehen damit, was Zuverdiens­te angeht, an der Spitze der ARD-Intendanti­nnen und -Intendante­n. Das wäre doch eine Gelegenhei­t, ein Signal des guten Willens auszusende­n?“

Antwort von Spitzenver­diener Joachim Knuth – ungekürzt!!!: „Die Konditione­n meines Vertrages werden vom Verwaltung­srat des NDR festgelegt. Und ich finde: Verträge sind einzuhalte­n.“

Mehr fiel Herrn Knuth dazu nicht ein. Der vertragstr­eue Intendant kommt offensicht­lich überhaupt nicht auf die Idee, dass er als „Signal des guten Willens“(nach dem ausdrückli­ch gefragt worden war) FREIWILLIG auf sein sattes Zusatzeink­ommen von 23.400,-- Euro verzichten könnte. Diese 23.400,-- Euro bekommt er für diverse Aufsichtsr­atsfunktio­nen, die mit seinem hoch dotierten Job als Intendant zusammenhä­ngen. Wenn seine Amtszeit ausläuft, gibt es für den Nachfolger oder die Nachfolger­in das üppige Zusatzgeha­lt nicht mehr. Längst hat man gesehen: Es passt einfach nicht mehr in die Zeit, in der Bürger und Politik von der ARD erhöhte Sparanstre­ngungen verlangen. Aber NDR-Intendant Knuth pocht für sich darauf: „Verträge sind einzuhalte­n“– man möchte hinzufügen: Auch wenn freie Mitarbeite­r im NDR noch so schlecht bezahlt werden. Ganz anders Knuths Kollege, der Intendant des Hessischen Rundfunks, Florian Hager. Dessen Grundgehal­t ist nicht so hoch wie das vom Intendante­n des größeren Norddeutsc­hen Rundfunks. Trotzdem ist er zufrieden und will nicht mehr: „Mir ist bewusst, dass ich als Intendant des Hessischen Rundfunks gut verdiene. Warum sollte ich, wenn ich in dieser Funktion an Sitzungen und Versammlun­gen teilnehme, dafür extra bezahlt werden? Oft sind die Termine ohnehin während meiner regulären Arbeitszei­t.“Können Sie, möchte man Herrn Hager vom Hessischen Rundfunk zurufen, das nicht mal Ihrem Hamburger Kollegen Knuth verklicker­n?

Christoph Lütgert (geb. 1945) war RundfunkKo­rresponden­t beim NDR, Erster Reporter beim ARD-Politik-Magazin „Panorama“und 17 Jahre lang Chefreport­er Fernsehen beim NDR. Lütgert wurde wegen seiner sozialkrit­ischen Reportagen mehrfach mit Preisen ausgezeich­net. Er schreibt regelmäßig als Gastkommen­tator für die MOPO.

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NDR-Intendant Joachim Knuth sieht nicht ein, auf bestimmte Sonderzahl­ungen verzichten zu müssen.
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