Der Taxikrieg von Helgoland
Auf Helgoland spricht man Halunder, zahlt keine Steuern auf Schnaps und hat einen eigenen Paragrafen in der Straßenverkehrsordnung. §50 StVO ist leicht erklärt: Er besagt, dass es keinen Verkehr auf dem Felsen gibt, weder mit dem Auto noch mit dem Fahrrad. Ausnahmen gelten nur für die Polizei, die Feuerwehr und für das Unternehmen von Heiko Ederleh. Seine drei Taxen, Elektroautos, sind wichtig für alle Inselgäste und Insulaner, die nicht gut zu Fuß sind, vor allem, wenn es aufs Oberland hinaufgehen soll. Doch mit dem Service soll nun Schluss sein, findet die Kreisverwaltung Pinneberg, zuständig für Helgoland. Sie entzieht nach 22 Jahren die Lizenz.
Heiko Ederleh traf das Schreiben, ausgestellt von einer neuen Sachbearbeiterin, wie der Schiet der dicksten Inselmöwe. Das Taxameter fehlt, steht im Amtsschreiben. Der Firmenchef hingegen verweist auf eine Urkunde, deren Gültigkeit mehrfach verlängert wurde und die bis 2027 gelten soll. Sie trägt ein amtliches Siegel.
Für die Sachbearbeiterin aber ist sie dennoch rechtswidrig. Sie verlangt, die Autos mit einem Taxameter nachzurüsten. Es geht im Streit auch um Tarife: In ganz Pinneberg beträgt der Grundpreis 3,60 Euro, 70 Cent je Kilometer für die Anfahrt und 2,50 Euro je gefahrenem Kilometer. Der Fahrpreis auf Helgoland wird vorher verabredet und startet bei 4 Euro. Man muss wissen, dass das befahrbare Straßennetz auf Helgoland 1,7 Kilometer umfasst.
Ederleh hat ausgerechnet, dass ihn eine Umrüstung mehr als 3,60 Euro kostet. Er kommt auf knapp 12.000 Euro, für den Schiffstransport nach Cuxhaven und retour, den Umbau in Oldenburg und die Eichung in Hamburg. Wochenlanger Nervkram. „Tu ich mir nicht an“, brummt Ederleh durchs Telefon. Ederleh, ein schrankartig gebauter Friese, Chef der Inselfeuerwehr, sieht das alles nicht mehr ein, nach Briefwechseln und einer Videokonferenz, an der auch eine Vertreterin des Verkehrsministeriums teilnahm, was aber auch nicht half. „Es gibt nun A oder B“, meint er. A bedeutet: Er hört auf. B meint: Seine Taxis rollen weiter mit der bisherigen Genehmigung. Vielleicht erzählt die Geschichte von Helgoland eine ganze Menge über Deutschland. Über Behörden, die Unternehmen das Gefühl geben, nicht für, sondern gegen sie zu arbeiten. Über eine Gemeinde, die sich im Streit um Paragrafen und Tarife auch nicht zu Wort meldete und nicht auf die Wichtigkeit für den Tourismus hinwies. Alle gegeneinander, kein Miteinander, und am Ende stehen dann drei alte Elektroautos in den Kleinanzeigen und die Touristen und Inselbewohner, die nicht gut zu Fuß sind, am Fähranleger.
Die Sachbearbeiterin, die das Ganze anschob, soll übrigens , so hört man, noch nie auf Helgoland gewesen sein.