Hamburger Morgenpost

Der Eroberer

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Wilhelm war zwar ein Herzogssoh­n, doch das Renommee der Familie ließ zu wünschen übrig. Vater Robert, Herzog der Normandie, führte den vielsagend­en Beinamen „der Teufel“. Die Mutter war eine einfache Frau aus dem Volke. Wilhelm, Spross dieser ebenso flüchtigen wie illegitime­n Verbindung, musste zunächst mit dem unschönen Prädikat

„der Bastard“leben. Bereits als Achtjährig­er löste er seinen verstorben­en

Vater in der Herrschaft über die Normandie ab. Doch trotz früh bewiesener Resoluthei­t blieb er

„der Bastard“.

Im Jahr 1051 eröffnete sich dem nun 24-jährigen Wilhelm eine großartige Perspektiv­e: Anlässlich eines Besuches in London versprach ihm sein kinderlose­r Großonkel Edward, König von England, die Erbschaft des englischen Throns. Doch nach Edwards Tod beschlosse­n die englischen

Adligen, das Vermächtni­s ihres Königs zu ignorieren. Wilhelm stand in dem Ruf, aufmüpfige­m Adel gegenüber brutale Entschloss­enheit zu demonstrie­ren. Also wählte man lieber einen aus eigener Reihe zum Thronfolge­r: Harold Godwinson, Earl of Wessex. Zum widerstand­slosen Verzicht war Wilhelm nicht disponiert. Während sich die englischen Truppen mit einer norwegisch­en Invasionsa­rmee herumschlu­gen, landete der Normanne mit 4000 Mann Fußvolk und 3000 Mann Reiterei am 28. September 1066 an der Küste Englands. Um sich krönen zu lassen, musste Wilhelm nach London, aber eine Entscheidu­ngsschlach­t inmitten des Feindeslan­des wollte er vermeiden. Zwei Wochen lang marschiert­e die Armee daher entlang der Küste, stets auf dem Sprung, sich im Fall einer verlorenen Schlacht auf die eigenen Schiffe zu flüchten. Am 13. Oktober fand Wilhelm den Weg versperrt – auf einer Anhöhe stand die Streitmach­t König Harolds, bereit zum letzten Gefecht. Der Kampf begann und stand lange unentschie­den, bis der Normanne zur List griff. Er ließ seine Leute einen Rückzug in scheinbar heilloser Verwirrung simulieren. Tatsächlic­h ließen sich die Engländer aus ihrer guten Verteidigu­ngsstellun­g in die Ebene hinab locken, wo sie prompt aufgeriebe­n wurden. König Harold fiel auf dem Schlachtfe­ld. Wilhelm wurde sein Nachfolger. Als „Bastard“bezeichnet­e ihn fortan niemand mehr. Sein künftiger Beiname lautete „der Eroberer“.

Bei welcher Stadt in East Sussex gewann Wilhelm die englische Krone?

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