Kleiner Joel (6) erstochen: Prozessauftakt
Ermittlungen gegen Bruder des Angeklagten
NEUBRANDENBURG – Geschlagen und erstochen? Ein Jugendlicher soll einen sechs Jahre alten Jungen brutal getötet haben. Nun ist der Prozess gegen den Teenager gestartet, der zur Tatzeit 14 Jahre alt war.
Es ist ein besonderer Prozess – einer, der wegen seiner Umstände für Aufsehen sorgt. Ein Jugendlicher soll im September 2023 ein Kind in Mecklenburg-Vorpommern geschlagen und erstochen haben. Danach soll der Teenager davongelaufen sein. Seit gestern läuft der Prozess vor dem Landgericht Neubrandenburg. Der Vorwurf: Totschlag.
Als die Vorsitzende Richterin die Sitzung vor dem Landgericht eröffnet, fehlt der Angeklagte. Er soll erst hereinkommen, wenn die Pressevertreter aus dem Saal sind. Da der Angeklagte Jugendlicher ist, findet der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Der Angeklagte sitzt in Untersuchungshaft. Bislang schwieg er – und das tut er auch weiter. Über ein Motiv ist nichts bekannt. Fest steht laut einem Gutachten, dass er schuldfähig ist – schuldfähig an dem Tod des sechsjährigen Joel. Während hinter verschlossenen Türen der Prozess läuft und die Familie des getöteten Joel befragt wird, sickern von anderer Stelle – ein paar Kilometer weiter – neue Details durch: Die Staatsanwaltschaft Neubrandenburg ermittelt gegen den älteren Bruder des Angeklagten. Die Staatsanwaltschaft habe nach Anklageerhebung einen Hinweis erhalten und Ermittlungen gegen den Bruder eingeleitet. Details nannte die Staatsanwaltschaft nicht. Nur so viel: Der Bruder des Angeklagten sitzt nicht in U-Haft. Der Vorwurf gegen den Angeklagten: Er soll Joel am 14. September 2023 ins Gesicht geschlagen und mit einem Messer mit 15-Zentimeter-Klinge siebenmal auf ihn eingestochen haben. Joel starb am Blutverlust und einer Kompression des Brustbeins.
Die Frage, die sich quälend stellt: Warum musste Joel sterben? Auch die Anwältin von Joels Familie, Christine Habetha, weiß es nicht: „Man rätselt da natürlich“, sagte sie vor Prozessbeginn. Auch gestern gab es keine Antwort. Donnerstag ist der nächste Verhandlungstermin, bis Ende März sind fünf weitere geplant.