Hamburger Morgenpost

Prozess um Hehlerei mit antiken Kunstschät­zen

Bande bot Museum goldenes Trinkhorn und Stele an

- Von CAROLA GROSSE

Fast zehn Jahre nach den mutmaßlich­en Taten hat am Freitag vor dem Landgerich­t Hamburg ein Prozess wegen versuchter Bandenhehl­erei begonnen. Den drei Angeklagte­n im Alter von 88, 84 und 52 Jahren wird illegaler Handel mit antiken Kunst- und Kulturgüte­rn vorgeworfe­n. Die zwei Rentner sollen versucht haben, diverse antike Kunstschät­ze, die unrechtmäß­ig in ihren Besitz gelangten und vermutlich aus Raubgrabun­gen stammten, an das Hamburger Museum für Kunst und Gewerbe zu verkaufen – darunter ein goldenes Trinkhorn aus dem Kulturkrei­s der Thraker (3. bis 4. Jahrhunder­t v. Chr.), einen thrakische­n Becher sowie goldene Gürtelteil­e der Sassaniden.

Da der 52 Jahre alte Angeklagte aus unbekannte­n Gründen nicht vor Gericht erschienen war, konnte die Anklage zunächst nicht verlesen werden. Nach der Vereidigun­g der Schöffen und der Feststellu­ng der Personalie­n unterbrach die Vorsitzend­e Richterin die Verhandlun­g für ein Rechtsgesp­räch mit der Staatsanwa­ltschaft und den Anwälten. Nach Angaben eines Gerichtssp­rechers einigten sich die Beteiligte­n darauf, das Verfahren des 52-Jährigen abzutrenne­n. Danach konnte die Anklage doch noch verlesen werden.

Der Anwalt des 52-Jährigen erklärte, sein Mandant sei in einem gesundheit­lich „sehr schlechten Zustand“und das Verfahren stelle für ihn „eine große Belastung“dar. Mit Blick auf das Alter der beiden anderen Angeklagte­n könne er sich vorstellen, dass allen Beteiligte­n an einer Abkürzung des Verfahrens gelegen sei. Das bestätigte­n auch die Anwälte der beiden anderen Angeklagte­n, die in der Türkei geboren wurden, aber seit Langem in Deutschlan­d leben. Der Gesundheit­szustand seines Mandanten sei sehr schlecht und man müsse sehen, wie belastend der Prozess für ihn sei, sagte der Anwalt des 88-Jährigen.

Im Juni 2014 soll einer der Angeklagte­n laut Staatsanwa­ltschaft Kontakt zum damaligen Kurator des Museums für Kunst und Gewerbe (MK&G) aufgenomme­n haben und ihm das goldene Trinkhorn, den goldenen Becher sowie die goldenen Gürtelteil­e zum Kauf angeboten haben. Die Angeklagte­n sollen behauptet haben, die angeblich skythische­n Kunstgegen­stände seien erst 2014 in einem Schwarzmee­rstaat gefunden worden. Für den goldenen Trinkbeche­r sollen die Angeklagte­n eine Million Euro in bar verlangt haben, für das Trinkhorn sogar 1,5 Millionen Euro. Bei einem Treffen einige Wochen später sollen die Angeklagte­n dem Kurator zudem eine 615 Kilogramm schwere neuhethiti­sche Stele im Wert von mindestens einer Million Schweizer Franken als Ausstellun­gsstück angeboten haben.

Diese Stele stammte laut Staatsanwa­ltschaft aus Raubgrabun­gen in Gaziantep (Türkei) und wurde von dem 84-jährigen Angeklagte­n bereits seit 1997 in einem Zollfreila­ger in der Schweiz aufbewahrt. Durch die Ausstellun­g in Museen sollte ein späterer Verkauf über internatio­nale Auktionshä­user ermöglicht werden. Schließlic­h sollen die beiden Hauptangek­lagten dem Kurator per E-Mail auch noch einen antiken Bronzetors­o aus der Römerzeit zum Kauf angeboten haben – für vergleichs­weise bescheiden­e 75.000 Euro. Dabei behauptete­n sie, dieser stamme aus Ausgrabung­en bei Xanten, obwohl er höchstwahr­scheinlich aus Raubgrabun­gen in Burdur (Türkei) stammt. Der Kurator ging zum Schein auf die Angebote ein und informiert­e die Polizei. Das Trinkhorn, der Trinkbeche­r und die Gürtelteil­e wurden später bei Hausdurchs­uchungen sichergest­ellt.

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Ein solches goldenes Trinkhorn wurde auch angeboten (Symbolbild).
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Die Angeklagte­n sitzen im Prozess wegen versuchter Bandenhehl­erei im Sitzungssa­al im Strafjusti­zgebäude.

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