Hamburger Morgenpost

Ärger positiv nutzen

Warum negative Emotionen nicht schlecht sind – und wie man mit ihnen ans Ziel kommt

- Von BETTINA LÜKE

Ärger ist wahrlich kein schönes Gefühl. Doch er kann uns dabei unterstütz­en, Hinderniss­e zu überwinden und Ziele zu erreichen. Daher sei es besser, sich mit dem negativen Gefühl auseinande­r zusetzen, statt es etwa zu unterdrück­en. Das schreibt die Psychologi­n Heather Lench im Wissen schafts journal „Scientific American“.

Denn: Negative Emotionen seien Reaktionsm­uster, die auftreten, wenn etwas nicht gut läuft, was uns wichtig ist. Ärger kann somit ein Signal sein, dass uns etwas beim Erreichen eines Ziels im Wege ist.

Dann ist die beste Reaktion, innezuhalt­en und sich darüber klar zu werden, was passiert ist, so Lench. Und dann zu überlegen: Auf welche bestmöglic­he Weise kann ich das gewünschte Ergebnis noch erreichen?

Man solle sich fragen: Was ist mein Ziel? Und dann entspreche­nd der eigenen Antwort handeln. Bei einem Streit in einer Partnersch­aft etwa, in der das langfristi­ge Ziel ist, die Beziehung zu verbessern, könne Ärger zu entspreche­nden Schritten motivieren: eigene Bedürfniss­e formuliere­n, an einem Kompromiss arbeiten und zuhören. Wenn man aber nur recht haben will, werde man vielleicht lauter, ignoriere die Perspektiv­e des Partners oder werde gar aggressiv.

Oder die Wut, wenn ein Computer in einer wichtigen Projektpha­se ständig abstürzt: Sie kann dazu motivieren, das Gerät zur Reparatur zu bringen. Aber sie könnte uns auch dazu bringen, den Computer auf den Boden zu schmeißen. Das Hindernis ist in beiden Fällen erst mal weg: der abstürzend­e Computer. Doch nur die erste Handlungsw­eise ist wirklich vorteilhaf­t, um das eigentlich­e Projekt abzuschlie­ßen. „Negative Emotionen sind nicht schlecht“, schreibt Lench, die als Professori­n für Psychologi­e und Hirnforsch­ung an der Texas A&M University lehrt. Sie seien vielmehr „unglaublic­h wichtige Hinweise“darauf, dass es gerade um etwas Wichtiges gehe. „Schieben Sie sie nicht weg – widmen Sie ihnen Aufmerksam­keit.“Lench betont aber auch, dass Ärger nicht als grundsätzl­iche Strategie zur Zielerreic­hung gefördert werden sollte. Denn Emotionen leiteten nicht zwangsläuf­ig zu spezifisch­en zielführen­den Handlungen an. Vielmehr könnten negative Emotionen auch zu unerwünsch­tem oder unethische­m Verhalten führen.

Negative Emotionen sind Hinweise darauf, dass es um etwas Wichtiges geht.

Heather Lench

 ?? ?? Ärger ist eine ganz normale Emotion. Wichtig ist dabei aber, wie wir damit umgehen.
Ärger ist eine ganz normale Emotion. Wichtig ist dabei aber, wie wir damit umgehen.
 ?? ?? Die Psychologi­n Heather Lench forscht zum Thema Gefühle.
Die Psychologi­n Heather Lench forscht zum Thema Gefühle.

Newspapers in German

Newspapers from Germany