Pro Bahn zieht nach den ersten hundert Tagen positive Bilanz
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müssen, so Pinar, dass ihr Mandant die Tat gar nicht hätte begehen können. Zudem schreibt er vor und nach der Tat mit einer Freundin, schickt ihr unter anderem ein Foto eines XXL-Joghurt-Bechers, den sein Vater gekauft hat, mit dem Hinweis: „Er kauft einfach 10 Kilo Joghurt.“
Neben der DNA-Spur war es aber vor allem die Aussage seiner Ex-Freundin, die den jungen Mann – zur Tatzeit 24 Jahre alt – schwer belastete: Nachdem sich Ö. von ihr getrennt und mit einer anderen Frau verlobt hatte, sagte sie der Polizei, dass er ihr gegenüber den Mord gestanden habe. Das Geständnis lässt sich in Gesprächsprotokollen – Okan Ö. wurde abgehört und seine Wohnung verwanzt – aber nicht finden. Zudem habe die Frau sich wenige Tage nach ihrer Aussage nach der Belohnung von mehreren Tausend Euro erkundigt. Pinar: „Das schien ihre Motivation gewesen zu sein.“
Trotz mehrerer Ladungen erschien die Ex-Freundin als Zeugin nie vor Gericht. Es wird vermutet, dass sie das Land verlassen hat.
Es gab – neben den HandyDaten – weitere Indizien, die darauf hindeuteten, dass Okan Ö. nicht einer der Täter war: So hatten mehrere Zeugen das Täter-Duo als eindeutig dunkelhäutig beschrieben. Entsprechende Notrufe werden vor Gericht abgespielt. Die Annahme, dass Okan Ö. und der mutmaßliche Auftraggeber Ismail M. sich kannten, beruhte wahrscheinlich nur darauf, dass sie im selben Stadtteil aufgewachsen waren und Kontakte nach Spanien hatten. Aus den Gesprächen von 33 abgehörten Personen konnte laut Pinar kein Kontakt zwischen den Männern hergestellt werden. Auch Terry S. habe ihr Mandant nicht gekannt. Sie hätten in unterschiedlichen Drogenbereichen operiert. Dass es trotz dieser Erkenntnisse zur Anklage kam, hält die Anwältin für fragwürdig. „Ermittlungsbehörden, die die Unschuldsvermutung nicht hochhalten, verursachen nicht nur unnötig Arbeit für die Gerichte, sondern sie klären Taten nicht auf, weil sie sich mit falschen Arbeitshypothesen an falschen Fährten aufhalten. Und sie verursachen viel Leid für die Betroffenen und ihre Familien“, sagte sie zur MOPO. Ganz zu schweigen vom psychischen Druck, den ihr Mandant in neunmonatiger Isolationshaft habe ertragen müssen. Bei der Verlesung des Plädoyers am vergangenen Freitag kam auch die Staatsanwaltschaft zu dem Schluss, dass Ö. nicht der Täter sei und freigesprochen werden müsse. Der Haftbefehl in der Sache war bereits vorher aufgehoben worden. Wegen Drogenhandels muss Okan Ö. trotzdem im Gefängnis bleiben, auch eine Strafe wegen illegalen Waffenbesitzes soll folgen. Ende März soll dann das Urteil bzw. der Freispruch offiziell verkündet werden.
„Die Beweisaufnahme hat ergeben, dass wir nicht wissen, wer die Täter sind“, sagte Gül Pinar abschließend. Ihr Fazit: „Und wir wissen nicht, ob die Staatsanwaltschaft wegen dieser Tat noch in eine andere Richtung ermittelt hat – oder zumindest mittlerweile mal ermittelt.“Das tut sie einer Sprecherin der Staatsanwaltschaft zufolge: „Selbstverständlich wird auch in andere Richtungen ermittelt. Weitergehende Auskünfte sind angesichts der laufenden Ermittlungen derzeit jedoch nicht möglich.“
Die Neuordnung des Liniennetzes der S-Bahn hat nach Ansicht des Fahrgastverbands Pro Bahn den Verkehr stabilisiert. Die Langzüge auf der S3 zwischen Pinneberg und Neugraben hätten die Verspätungen reduziert, weil das Verlängern oder Verkürzen der Züge von und nach Stade in Neugraben entfalle.
„Das ist ein großer Vorteil“, sagte Pro-Bahn-Sprecher Karl-Peter Naumann. Langzüge bestehen aus neun Waggons und bieten Platz für bis zu 1500 Fahrgäste. Der S-Bahn-Verkehr über die Elbe sollte nach Ansicht von Pro Bahn weiter verstärkt werden. Auf der Strecke zwischen Hauptbahnhof und Harburg sei Kapazität für eine dritte Linie. Seit vielen Jahren sei klar, dass dafür lediglich die Stromversorgung und die Signalanlagen ausgebaut werden müssten. Dann könnten mehr Züge fahren.
„Die Nachfrage ist da“, sagte Naumann. Gerade zur Hauptverkehrszeit seien die Züge sehr voll. Verkehrssenator Anjes
Tjarks (Grüne) und die Geschäftsführer der S-Bahn und des Hamburger Verkehrsverbunds (HVV), Kay Uwe Arnecke und Raimund Brodehl, zogen eine durchweg positive Bilanz der ersten 100 Tage des neuen Liniennetzes. „Seit 100 Tagen profitieren unsere Fahrgäste von dem ausgeweiteten Angebot des neuen Netzes, mit mehr Zugfahrten und mehr Sitzplätzen als jemals zuvor“, sagte Arnecke in einer Pressemitteilung.
Zum Beginn Winterfahrplans am 10. Dezember hatte die S-Bahn ihr Liniennetz neu sortiert. Die zweistelligen Linienbezeichnungen S11, S21 und S31 verschwanden. Im Gegenzug wurde die neue Linie S5 eingeführt, deren Züge zwischen Stade und Elbgaustraße fahren. Der Wegfall dreier Linien bedeutet aber keine Reduzierung des Angebots: Sie wurden in die verbleibenden vier Linien integriert. Derzeit wird an einer neuen S4 gearbeitet, die von 2029 an Hamburg mit Bad Oldesloe verbinden soll. Zudem ist eine neue Linie S6 im Hamburger Süden geplant, die Ende 2029 in Betrieb gehen soll.