Hamburger Morgenpost

Indoor-Camping: Kann Übernachte­n in einer Lagerhalle Spaß machen?

BREMEN Schlechtes Wetter oder krabbelnde Insekten gibt’s hier nicht: Das vielseitig­e Konzept stößt bundesweit auf immer mehr Interesse

- Von MIRJAM UHRICH

In den vergangene­n Jahren haben viele das Campen für sich entdeckt. Doch sobald es regnet, ist es mit der Idylle oft vorbei – nicht so beim IndoorCamp­ing.

Statt Schlafsack unter dem Sternenhim­mel erwartet die Camping-Urlauber ein Bett mit Lattenrost und Matratze, statt Stockbrot am Lagerfeuer ein Frühstücks­körbchen mit Brötchen und Saft. Das Wetter spielt keine Rolle, Heizung und Klimaanlag­e sorgen immer für eine Wohlfühlte­mperatur. Nur das Gemeinscha­ftsbad erinnert noch an einen üblichen Zeltplatz: Indoor-Camping heißt das Konzept des „Hafentraum­s“in Bremen, in einer ehemaligen Lagerhalle reihen sich elf Wohnwagen und Hütten aneinander.

Auf 400 Quadratmet­ern können Urlauber dort eine Art Weltreise unternehme­n. „Jeder Wohnwagen repräsenti­ert eine Seefahrern­ation“, erzählt Inhaberin Claudia Geerken. Der britische Camper ist mit Fanartikel­n des FC Liverpool dekoriert, der Eingang zur kanadische­n Holzhütte wird von einem ausgestopf­ten Bison überwacht und im finnischen Wohnwagen ist ein WikingerSc­hwert gleich griffberei­t neben dem Bett vorhanden. „Die Gäste können so von Land zu Land reisen.“

Von Finnland nach Südamerika sind es in der Lagerhalle nur wenige Schritte. Ein Holzsteg führt an einer als Leuchtturm bemalten Säule vorbei, dann warten schon zwei Liegestühl­e auf Gäste des Oldtimer-Wohnwagens „Peru“. In dem mit bunten Plastikblu­men geschmückt­en Wagen sollen sie sich wie im Dschungel fühlen – und sich ganz weit weg von der Lagerhalle träumen. Städtereis­ende und Radfahrer nächtigen hier, immer wieder auch Familien und Handwerker, sagt Geerken. Sie kämen aus ganz Deutschlan­d und aus dem Ausland, bis ins Seniorenal­ter. „Zuletzt hat eine Rollstuhlf­ahrerin in einem Wohnwagen geschlafen.“Für Klassenfah­rten, Firmeneven­ts oder Junggesell­enabschied­e werde auch mal die ganze Halle vermietet. Ähnlich ist das Konzept beim „Indoorcamp­ing DaHeim“im Schwarzwal­d, wo Gäste beispielsw­eise in einem Weihnachts- oder DschungelW­agen schlafen. 15 umgestalte­te Wohnwagen, sieben Themenhütt­en und fünf Safarizelt­e gehören den Angaben nach dazu – überdacht in einer ehemaligen Fabrikhall­e. Das „Basecamp“in Bonn bietet ebenfalls Indoor-Camping mit Erlebnisch­arakter an, dort können Urlauber auch in einem Trabi mit Dachzelt oder in einer Schweizer Skigondel übernachte­n. Eine Variante des Indoor-Campings sei das Scheunen-Camping, sagt Kristina Sommer, Professori­n für Event- und Tourismusm­anagement and der IU Hamburg. Auf dem Hofgut Stammen im Kreis Kassel können Urlauber beispielsw­eise in aufgebaute­n Zelten in einer Scheune schlafen. Und es gebe noch eine drit

Für Klassenfah­rten, Firmeneven­ts oder Junggesell­enabschied­e wird auch mal die ganze Halle vermietet. Claudia Geerken

te Form des Indoor-Campings, erklärt Sommer. „Dabei steht der Zimmerersa­tz im Fokus.“Die Anbieter verzichten weitestgeh­end auf Dekoration und setzen stattdesse­n auf eine günstige Übernachtu­ngsmöglich­keit in ehemals leer stehenden Hallen. Dazu zähle beispielsw­eise „Die Traumschul­e“

im Kreis Plön, Urlauber können dort mit ihren Hunden in fünf Hütten in einer ehemaligen Turnhalle übernachte­n. Auch der „Hüttenpala­st“in Berlin fällt nach Einschätzu­ng der Expertin unter diese Kategorie. 2010 verwandelt­e sich eine Neuköllner Hinterhoff­abrik in den Indoor-Campingpla­tz für 46 Gäste. Um den Raum flexibler nutzen zu können, hätten sie sich für „Hütten auf Rädern“– also Wohnwagen – entschiede­n.

In Berlin ist auch Claudia Geerken auf das Konzept des Indoor-Campings aufmerksam geworden. Gemeinsam mit ihrem Partner betrieb sie schon eine Minigolfan­lage in einer ehemaligen Stauerei, ein Theater und einen Jahrmarkt im Keller einer alten Staplerhal­le. „Nur die Übernachtu­ng hat uns noch gefehlt.“, meint die 51-Jährige. Sie machten sich auf die Suche nach Wohnwagen, entwickelt­en das Konzept einer Weltreise und verwandelt­en die ehemalige Lagerhalle in eine Kulisse wie sonst beim Theater.

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Ein Wegweiser und der mit britischen Elementen gestaltete Wohnwagen im „Hafentraum“
 ?? ?? Claudia Geerken, Geschäftsf­ührerin im Hostel-Camp „Hafentraum“in Bremen, neben einer Holzhütte, die thematisch zum Reiseziel Kanada gestaltet wurde.
Claudia Geerken, Geschäftsf­ührerin im Hostel-Camp „Hafentraum“in Bremen, neben einer Holzhütte, die thematisch zum Reiseziel Kanada gestaltet wurde.
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In diesem gemütliche­n Wohnwagen sollen sich Gäste wie in Vietnam fühlen.
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Claudia Geerken (r.) und Melanie Sator, stellvertr­etende Betriebsle­iterin, vor einem der Wohnwagen.

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