Hamburger Morgenpost

Die Bastion wird beben!

Kiezklub will im Millerntor-Finale einen Sieg, den Aufstieg und mehr. Die Macht des Stadions

- Von NILS WEBER

Es ist ein Finale. So viel steht fest. Letztes Heimspiel. Spiel 17 im Millerntor-Stadion. Ein Schlusspun­kt, der zugleich Höhepunkt sein soll – und ohrenbetäu­bendes Signal: Bundesliga, wir kommen! Die Bastion des FC St. Pauli wird beben am Sonntag gegen den VfL Osnabrück, wenn die Kiezkicker den letzten Schritt über die Ziellinie des Aufstiegsr­ennen machen wollen. Oder schon gemacht haben – ohne einen Tropfen Schweiß zu vergießen. Entweder, es wird schon vor dem Anpfiff gefeiert, oder eben nach dem Abpfiff. An das dritte Szenario will niemand denken. Sondern endgültig den Status des Millerntor­s als Festung der Liga zementiere­n.

Es kribbelt und knistert im Kiezklub, drumherum und in jedem Hamburger Haushalt, der braun-weiß ist. Eine Mischung aus Anspannung und Vorfreude. Die sich am Sonntagnac­hmittag spätestens gegen 15.15 Uhr in totaler Euphorie entladen soll. Das ist zumindest der Plan. Ein Selbstläuf­er? Ganz sicher nicht. Auch wenn Osnabrück nach dem 0:4 gegen Schalke am Millerntor unter der Woche als Absteiger feststeht, wird sich die Mannschaft nicht wehrlos ergeben. Wie viel Energie, Mut, Wille noch vorhanden ist beim VfL nach dem gespenstis­chen K.o. vor leeren Rängen, bleibt allerdings abzuwarten. Letztes Aufbäumen und Über-sich-hinauswach­sen? Oder finale Implosion? Nichts ist unmöglich im Sport.

Wenn die Köpfe bereit sind bei den Spielern des FC St. Pauli und nicht blockiert, dann werden sie nicht aufzuhalte­n sein. Zu groß ist die Qualität, zu gut das eigene Spiel. Wenn die „Boys in Brown“am Sonntag das auf den Rasen bringen, was sie draufhaben, dann müsste es schon mit dem Teufel zugehen, dass am Ende nicht ein Sieg auf der Anzeigetaf­el steht – und eine jubelnde Mannschaft vor der Kurve. „Zwischenze­itlich hat der Kopf in jedem Fall eine Rolle gespielt“, räumt Stürmer Johannes Eggestein angesichts der vergangene­n Wochen ein. Aus dieser Phase habe sich die Mannschaft aber wieder befreit. Bei der

Derbyniede­rlage gegen den HSV sei nicht der Kopf das Problem gewesen, sondern die Umsetzung des Plans auf dem Platz, versichert „Jojo“und ist überzeugt, „dass es in den letzten Spielen viel mehr auf das Spielerisc­he ankommt als auf den Kopf. Dann glaube ich auch, dass wir sie schlagen werden.“Drei Aufstiegss­zenarien gibt es für St. Pauli: auf dem Sofa, auf dem heimischen Rasen, im Nachsitzen. Sollte Verfolger Fortuna Düsseldorf das Topspiel am Samstagabe­nd bei Spitzenrei­ter Kiel verlieren, stünde St. Pauli – wie auch Holstein – schon als Aufsteiger fest. Anderenfal­ls müssen es Eggestein & Co. selbst regeln. Heißt: Bei einem Düsseldorf­er Sieg muss auch St. Pauli gewinnen, bei einem Remis in Kiel reicht ein Remis am Millerntor, um vor dem letzten Saisonspie­l bei Wehen Wiesbaden durch zu sein. Für St. Pauli zählt nur ein Sieg – so oder so.

Zum einen wollen die Kiezkicker mit einem Dreier sich selbst belohnen, aber auch ihre Fans – es wäre zudem die bestmöglic­he Antwort auf den Derby-Frust. Mit einem Sieg stünde auch fest, dass St. Pauli die beste Heimmannsc­haft der Liga ist und das Millerntor die stärkste Bastion im Unterhaus. Das wäre auch deshalb wichtig, weil der Verfolger in der Heimtabell­e HSV heißt.

St. Pauli führt das HeimRankin­g mit 35 Punkten (zehn Siegen, fünf Remis, eine Niederlage) und einem starken Torverhält­nis von 32:14 an, während der Erzrivale mit 33 Zählern (elf Siege, vier Niederlage­n, 32:18 Tore) noch vorbeizieh­en könnte. Als „Festung Volkspark“hatten die HSVUltras ihr Stadion in einer Derby-Choreo gefeiert. Den Status als „Festung der Liga“aber, den will St. Pauli verteidige­n, denn das Millerntor ist die Basis für den Sprung in die Bundesliga, der in den eigenen vier Wänden gelingen und gefeiert werden soll.

Es wäre der perfekte Ort und passende Rahmen, ein i-Tüpfelchen. Zum 13. Mal in dieser Saison ist das Millerntor ausverkauf­t. Rekord in der Zweiten Liga. Auch die 99,6 Prozent Auslastung des Stadions (29.546 Plätze) sind Bestwert im Unterhaus – vor Schalke 04 (98,8) und dem HSV (98,1), die allerdings deutlich größere Arenen haben. Dennoch: St. Pauli ist am vollsten und zu Hause am besten – so ist es und so soll es bleiben, wenn sich die „Boys in Brown“aus der Zweiten Liga verabschie­den.

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St. Paulis Profis wollen am Sonntag mit den Fans den Aufstieg feiern.
St. Pauli - Osnabrück (Sonntag, 13.30 Uhr, live bei Sky) St. Paulis Profis wollen am Sonntag mit den Fans den Aufstieg feiern.
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Feurige Stimmung: Das Millerntor-Stadion wird im letzten Heimspiel der Saison abermals ausverkauf­t sein.

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