Dem HSV läuft die Zeit doppelt davon
Der Derbysieg hat nicht nur allen, die es mit dem HSV halten, eine wundervolle Woche in einer ansonsten enttäuschenden Saison beschert, er hat es auch am Lodern gehalten, dieses kleine Fünkchen Resthoffnung. Vor dem 33. Spieltag ist das Thema Aufstieg noch nicht abgehakt, in der eigenen Hand hat es das Team von Steffen Baumgart aber längst nicht mehr. Dafür wurden bereits zu viele Punkte verschenkt, wurde das Potenzial im Kader zu selten ausgeschöpft, dafür ist die Konkurrenz aus Kiel, einem Hamburger Stadtteil und wohl auch Düsseldorf in diesem Jahr einfach zu stark. So langsam scheint sich die Mannschaft an den Fußball ihres neuen Trainers gewöhnt zu haben, was positiv ist, doch dem HSV läuft sportlich schlichtweg die Zeit davon.
Das gilt auch und insbesondere für die Vereinsführung. Einige Mitglieder des Aufsichtsrats, der über den Job von Sportvorstand Jonas Boldt urteilen muss, könnten durch den emotionalen und verdienten Erfolg gegen St. Pauli noch einmal ins Grübeln gekommen sein. Dabei ist der Verein längst in der Nachspielzeit angekommen, jeder Tag, an dem nicht klar ist, wer den HSV in die sportliche Zukunft führen soll, ist ein verlorener. Unabhängig von der Ligazugehörigkeit müssen JETZT die Weichen für die kommende Spielzeit gestellt werden. Das betrifft in erster Linie die Trainerfrage, die für Boldt mit Baumgart klar beantwortet ist, aber von einem neuen Boss anders bewertet werden könnte. Da geht es um aktuelle Spieler, die sich in diesen Wochen Gedanken machen, ob sie nicht zu Höherem bestimmt sind als zu einem (wahrscheinlich) weiteren Jahr im Unterhaus. Kernige Ablöse-Verhandlungen mit Erstliga-Klubs könnten schon bald anstehen. Und da geht es natürlich auch um potenzielle Neuzugänge, allgemein um die Zusammenstellung des Kaders für die Saison 2024/25. All das ist aktuell kaum bis gar nicht möglich, der Verein wirkt gelähmt, weil sich die Räte ganz offensichtlich nicht einig sind. Es muss aber dringend eine Entscheidung in der Causa Boldt her, in welche Richtung auch immer – der HSV kann es sich einfach nicht erlauben, noch weitere Zeit zu verbummeln.