Hamburger Morgenpost

Heimatlos in Wilhelmsbu­rg

BÜHNE Uraufführu­ng von „Die Erfindung meiner Kindheit“– für alle ab 15 Jahren

- PST

Viele sind froh, sie überstande­n zu haben, andere sehnen sich nach der Unbeschwer­theit zurück: Die Kindheit ist eine einzigarti­ge Zeit! Stanislava Jevic, preisgekrö­nte Autorin und Dramaturgi­n am Jungen Schauspiel­haus, hat sich ihren persönlich­en Erinnerung­en gestellt und daraus ein Theaterstü­ck gemacht, das sie auch selbst inszeniert: „Die Erfindung meiner Kindheit“.

Der Untertitel lässt ahnen, dass die unbeschwer­ten Tage nicht überwogen: „Oder all das, was mir das Leben rettete“. Anastasia heißt ihre Protagonis­tin. Sie wächst als Kind jugoslawis­cher Gastarbeit­er in den 1980er Jahren in einem Wilhelmsbu­rger Hochhaus auf. In dem sozialen Brennpunkt erlebt sie Gewalt, aber auch Tröstliche­s in der Gemeinscha­ft der Kinder und in ihrer Familie. Die scheint jedoch über Jahre hinweg nicht wirklich in Deutschlan­d anzukommen.

Das Gefühl der Heimatlosi­gkeit transporti­ert schon das Bühnenbild: Kisten stehen herum und scheinen darauf zu warten, endlich ausgepackt zu werden. Anastasia erzählt von ihren Eltern, der Schwester und den Spielgefäh­rten, von kindlichen Geheimniss­en und familiären Katastroph­en. Alicja Rosinski, seit drei Jahren im Ensemble des Jungen Schauspiel­hauses, wechselt in ihrem Solo zwischen der Perspektiv­e der sich erinnernde­n erwachsene­n Frau und einer kindlichen Wahrnehmun­g. In diesem Erzählen findet sie schließlic­h doch ihr Zuhause. Jević interessie­rt die „Kindheit als Phänomen, es ist der Beginn der Welt“. Ihr Text ist eine Mischung aus Autobiogra­fischem und Fiktion, die Grenzen zwischen Realität und Erfindung verschwimm­en. So bekommt das Private etwas Allgemeing­ültiges, worin sich das Publikum ab 15 Jahren hoffentlic­h wiederfind­et. „Es ist eine mutmachend­e Geste“, so die Regisseuri­n, „die zeigt, dass sich auch unter schlechten Bedingunge­n etwas Fantasievo­lles entwickeln kann“.

Junges Schauspiel­haus: 11./13./14.5., je 19 Uhr, Wiesendamm 28, 15 Euro

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Irgendwie allein fühlt sich Anastasia in diesem Stück.

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