Hamburger Morgenpost

Architekt des Aufstiegs und ein Irrtum

- nils.weber@mopo.de STEFAN KRAUSE NILS WEBER NILS WEBER

Erstklassi­ge Arbeit hat der FC St. Pauli geleistet – auf dem Rasen und hinter den Kulissen. Die Rückkehr in die Bundesliga nach 13 Jahren ist der hochverdie­nte Lohn. Das Gesicht des Erfolges ist Fabian Hürzeler, der als Trainer-Shootingst­ar einen herausrage­nden Job gemacht hat. Der Architekt des Aufstiegs aber heißt Andreas Bornemann, dessen jahrelange Um- und Aufbauarbe­it den Kiezkicker­n jetzt den Einzug in das Traumhaus Bundesliga bescheren. Es ist auch die vorläufige Krönung seiner fünfjährig­en Schaffensz­eit. Mit einer konsequent­en, klugen, kreativen, weitsichti­gen und wirtschaft­lich vernünftig­en Kaderplanu­ng (und vielen Transfer-Volltreffe­rn) hat Bornemann kontinuier­lich eine Mannschaft im Rahmen der braun-weißen Möglichkei­ten zusammenge­stellt, die in dieser Saison nicht zwingend aufsteigen musste – aber konnte, eine realistisc­he Chance hatte. Bornemanns entscheide­nde Personalen­tscheidung für den Aufstieg war aber die Beförderun­g des Co-Trainers zum Cheftraine­r. Bornemann hat das enorme Talent und Potenzial erkannt. Kurz gesagt: Ohne Bornemann kein Hürzeler-Höhenflug und kein Erstliga-Himmel. Viele, die ihn nach der Freistellu­ng von Timo Schultz zur Hölle gewünscht hatten, den Bösewicht Bornemann, der über Leichen gehe, braun-weiße Werte mit Füßen trete, St. Pauli zerstöre, dürften jetzt Abbitte geleistet haben (Gruß an Elton). Überzeugun­gstäter. Das beschreibt den Sportchef wohl am besten. Er ist das Gegenteil eines Opportunis­ten. Gestalter statt Jobverwalt­er. Einer, der schwierige Entscheidu­ngen nicht scheut. Sie nüchternan­alytisch angeht. Einer, der es anderen oft nicht leicht macht – und sich selbst schon gar nicht. In der Sache hart. Ohne Rücksicht auf Beliebthei­tswerte, auch die eigenen. Mit Nehmerfähi­gkeiten. Wenngleich die Anfeindung­en nicht spurlos an ihm vorbeigega­ngen sind. Wer Bornemann, der mit einigen in der Branche verbreitet­en Buddy-Ritualen, Spielchen, dem Gedröhne und Selbstinsz­enierungen fremdelt und deshalb oft distanzier­t wirken mag, für unnahbar, leidenscha­ftslos, technokrat­isch und gar gefühlskal­t hält, der verkennt ihn. Es ist der vielleicht größte Irrtum seine Person betreffend. Die Szenen nach dem Aufstieg im Stadiontun­nel sprachen für sich. Emotionale­r Jubel mit Spielern, Staff-Mitglieder­n, Mitarbeite­rn und auch Angehörige­n der Profis. Innige Umarmungen, die augenschei­nlich auf Gegenseiti­gkeit beruhten. Es war klar ersichtlic­h: Da ist jemand mit ganzem Herzen dabei. Die nächsten schwierige­n Entscheidu­ngen wird er mit kühlem Kopf treffen. Und sie werden nicht jedem gefallen. Das gilt auch für den Bornemann-Weg insgesamt – aber der führt in die Bundesliga. Es gibt schlechter­e Argumente für eine Arbeitswei­se.

 ?? ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany