Ein RAF-Terrorist im Schanzenpark
Peter-Jürgen Boock bekam später „lebenslang“
Der Bundesgrenzschutz-Hubschrauber knattert im Tiefflug über die Schanze. Die Maschine landet auf dem Polizeisportplatz im Schanzenpark und ein MEK-Polizist im langen schwarzen Ledermantel, in der Hand einen schweren „Smith & Wesson“-Revolver, führt einen gefesselten schnauzbärtigen Mann ab. Nein, das ist keine Filmszene, sondern es trug sich genau so im Januar 1981 zu. Und der Verhaftete war der RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock.
Die RAF-Zeit Ende der 1970er und Anfang der 1980er Jahre war für mich herausfordernd. Einerseits gab es Schießereien, Durchsuchungen und Festnahmen. Gleichzeitig herrschte aber auch eine gewisse Hysterie, und dauernd meldeten irgendwelche Anrufer bei der Polizei, sie hätten einen der damals 16 steckbrieflich gesuchten Terroristen gesehen. „Vorsicht, Schusswaffen“stand auf den Fahndungsplakaten, die zu Hunderten aufgehängt worden waren. Und beinahe jede Woche riegelten nach solchen Hinweisen mit Maschinenpistolen bewaffnete Beamte irgendeinen Bahnhof oder sogar ein ganzes Kaufhaus ab. So gab es für einen jungen MOPO-Polizeireporter also genug zu tun. Aber tatsächlich einmal einen verhafteten RAF-Terroristen vor der Kamera-Linse hatte ich lange nicht. Dann kam der Anruf eines Polizisten: „Postier dich mal am SV-Polizei-Sportplatz und warte auf die Landung eines Helis.“Mehr verriet der Mann nicht, doch ich kannte den Fahnder, und der war immer bestens informiert. So lauerte ich abends im Gebüsch des Schanzenparks und schraubte ein lichtstarkes 200er Tele auf meine Pentax Spotmatic II. Bald landete der Hubschrauber und ich schoss die ersehnten Bilder. Terrorist Peter-Jürgen Boock versuchte noch, sich wegzudrehen, doch ich war schneller. Der Beamte im Ledermantel war übrigens einer der erfahrensten Angehörigen des Mobilen Einsatzkommandos (MEK), sein interner Spitzname war „ Bello“….
Peter-Jürgen Boock war am 22. Januar 1981 vor dem Wilhelmsburger Kommunikationszentrum „Honigfabrik“verhaftet worden. Der 29-Jährige war dort mit einem klapprigen VW-Bus, dem ausgemusterten Post-Fahrzeug seiner Freundin, vorgefahren. Die junge Frau wusste nicht, mit wem sie sich gerade eine kleine Wohnung an der Neuhöfer Straße in Wilhelmsburg eingerichtet hatte. Ermittler teilten mir damals mit, dass Boock schon seit Mitte 1980 als „RAF-Aussteiger“galt. Dafür sprach, dass er unbewaffnet war und sich widerstandslos festnehmen ließ. In Hamburg lebte er unter dem Namen „Josephus van der Hevel“. Er besaß einen gefälschten Pass auf diesen Namen.
Der 1951 im schleswig-holsteinischen Garding geborene Boock ha atte als 17-jähriger Insase se eines Jugendheims 1969 di ie späteren Top-Terroisten i Andreas Baader, Gudrun Ensslin und Astid ThomasHirschbiegel i Proll kennengelernt. Boock B war damals Konsument Foto: harter Drogen. 1975 sc chloss er sich der RAF an nd ging in den Unterrund. r Boock war an den Morden an DresdnerBank-Chef Jürgen Ponto und Arbeitgeber-Präsident d Hanns Martin Schleyer 1977 beteiligt. 984 9 wurde er zu „lebensang“a verurteilt und saß 1 7 Jahre in Haft.
Der „RAF-Aussteiger“äußerte ä sich danach oft zur Terror-Zeit. Der Wahrheitsgehalt seiner Aussagen wurde aber sowohl von seinen ehemaligen Komplizen als auch von Ermittlern in Zweifel gezogen. Boock soll heute am Lago Maggiore in Italien leben, an Leukämie erkrankt sein und als „freier Autor“arbeiten.
Boock wurde wegen der Morde an Bankchef Jürgen Ponto und Arbeitgeber-Präsident Hanns Martin Schleyer verurteilt.