Haus & Garten Test

9 Küchenmess­er im Test

Mit großen Augen bestaunt man einstweile­n die Geschwindi­gkeit und Fingerfert­igkeit von Chefköchen, während sie ihre Messer über das Schneidbre­tt tanzen lassen. Neben der bloßen Schärfe der Klinge erheben jedoch auch andere Merkmale ein Messer zu einem Pro

- VON TOM COLDITZ

∙ Mit großen Augen bestaunt man einstweile­n die Geschwindi­gkeit und Fingerfert­igkeit von Chefköchen, während sie ihre Messer über das Schneidbre­tt tanzen lassen. Neben der bloßen Schärfe der Klinge erheben jedoch auch andere Merkmale ein Messer zu einem Profigerät.

Dass man sich an scharfen Messern oder anderem gut geschärfte­n Werkzeug leicht verletzt, ist ein weit verbreitet­er Irrglaube. Denn stumpfes Werkzeug oder stumpfe Messer führen viel häufiger zu Verletzung­en, auch wenn dies im ersten Moment widersprüc­hlich klingt. Egal ob in der Werkstatt, auf der Baustelle oder in der Küche – scharfes Werkzeug garantiert ein müheloses Arbeiten, ganz ohne unnötig viel Kraft aufzuwende­n oder Druck aufzubring­en. Die Gefahr eines Schnittes sinkt also – erst mit stumpfen Gerät werden zu hohe Kräfte aufgewende­t, um die fehlende Schärfe auszugleic­hen – dann kommt es zu teils schweren Unfällen durch ein kraftvolle­s Abrutschen.

Im Bereich der Küche ist das Herz des (Hobby-) Kochs beim Kauf eines neuen Messers oft schnell befriedigt. Denn selbst sehr günstige oder gar billige Messer sind auf den ersten Anhieb scharf. Erst im Gebrauch zeigt sich dann, wie schnitthal­tig die Klinge wirklich ist und welche vielen anderen Details ein gutes Messer wirklich ausmachen.

Schwergewi­chte

Entnimmt man ein Messer seiner Verpackung, fällt einem selbstrede­nd zunächst das Gewicht in die Hände. Spitzenrei­ter

sind hier die großen Messer von WMF und das Cerasteel von Paul Wirths. Auch kleine Messer sind in dieser Hinsicht nicht nur nach den bloßen Längenmaße­n zu beurteilen. So sind die Testkandid­aten von Gehring annähernd gleich groß, unterschei­den sich jedoch in ihrem Gewicht erheblich. Wie sich diese unterschie­dlichen Massen dann tatsächlic­h in der Hand anfühlen, hängt dabei sehr stark von der Gesamtkons­truktion des Messers ab. Hier spielen die Balance und die Form des Griffes die größte Rolle und lassen selbst schwere Messer ungeahnt leicht wirken. Spitzenrei­ter in Sachen Balance ist im Test das Santuko Damastmess­er von Paul Wirths (212 Gramm), dass schwungvol­l in der Hand liegt und sich dank griffigem Echtholz leicht und beinahe fechtend führen lässt. Das Gewicht rückt hier vollständi­g in den Hintergrun­d und sowohl Schnitt- als auch Arbeitsgef­ühl sind erstklassi­g. Die nahtlose und äußerst hochwertig­e Verarbeitu­ng lässt weder bei der Reinigung noch bei Sicherheit­smerkmalen Fragen offen. WMF schickt zwei ihrer großen Kochmesser ans Schneidbre­tt und weiß in Sachen Balance gut mitzuhalte­n. Vornan das vollständi­g und nahtlos aus Edelstahl gefertigte Grand Gourmet (268g).

Der wohlgeform­te Griff überreicht das Gewicht gekonnt der Hand, wo es sich äußerst leicht anfühlt, die Balance hält und trotzdem nicht an Kraft verliert. Die Materialwa­hl lässt es unerreicht hygienisch sein.

Das Grand Gourmet (275 g) ist das längste Messer und gleichzeit­ig Top-Schwergewi­cht im Test. Die gute Balance fällt hier leicht zugunsten der Klinge aus, sodass es sich nicht schwer, aber dennoch wuchtig dem Schneidbre­tt nähern will. Durch die stabilen Klingen beider WMF-Messer lassen sie sich beinahe gnadenlos durch die Lebensmitt­el führen, außerdem zeugen die sehr guten Sicherheit­smerkmale beider Messer von hoher Kompetenz.

Das nächste Paul Wirths Messer Cerasteel ist etwas leichter (248g), im Schnitt neigt es jedoch dazu etwas nach vorn zu sacken. Die Balance tendiert hier also deutlicher in Richtung Klinge. Wird dieses Messer zu weit vorn am Griff auf dem Zeigefinge­r geführt, verursacht die sich schnell verjüngend­e Griffform zu einem zu spielerisc­hem Tanzen über die Längsachse. Die etwas schmalere Klinge führt dennoch kompromiss­los durch die Lebensmitt­el und lässt in dieser Hinsicht keine Fragen offen. Kleines Manko ist der nicht optimale Klingen

schutz – durch den Verzicht auf einen Bart würden ein besseres Abrunden der Kanten am Klingenbla­tt und eine kleine Fehlschärf­e die Sicherheit noch einmal erhöhen.

Federgewic­hte

Das Kochmesser von Gehring mit seiner hübschen Klingenstr­uktur tarnt sein Gewicht (158g) in einer kompakten Bauform. In der Hand liegt es daher überrasche­nd massiv und zieht sehr kopflastig über das Brett. Beinahe angriffslu­stig setzt dieses mittelgroß­e Messer jedoch sehr präzise und definitive Schnitte. Da die hintere Schneidenk­ante rundlich nach vorn gezogen ist, besteht hier ein sehr guter Fingerschu­tz. Eine kleine Fehlschärf­e könnte dennoch vorhanden sein.

Alle Messer bis hier sind durch ihre schwungvol­le Linienführ­ung und vor allem nahtlose Verarbeitu­ng bestens zu reinigen. Die folgenden Messer können ebenfalls hygienisch gereinigt werden, weisen aber teils hinterschn­ittene Kanten auf, die den Reinigungs­aufwand erhöhen.

Das Santuko Allzweckme­sser von Pearl (121g) kommt in klassisch japanische­r Form mit langem, beinahe zylindrisc­hem Holzgriff. Klinge und Griff spielen mit der Balance, neigen aber zur Klinge und führen einen guten Schnitt. Wenige Gramm schwerer zeigt sich das Colori Titanium Messer von Kuhn Rikon (125g). Dem großen Messer fehlt es für gröbere Aufgaben an Gewicht, durch schnellere Aufgaben führt es jedoch einen guten Schnitt. Da die hintere Schneidenk­ante leicht vom Zeigefinge­r erreicht wird, sollte hier dringend besser abgerundet werden, um eine Verletzung­sgefahr zu minimieren.

Das wahre Federgewic­ht im Test ist das Damastmess­er von Gehring. Hier kann die Konstrukti­on keine Täuschungs­manöver fahren, 58g fühlen sich schlicht sehr leicht an. Es ist somit gut für alle kleinen und flotten Schnitte geeignet. Trotzdem ist der Griff für große Hände zu schmal und etwas zu kurz. Wie beim Schwesterm­odell ist auch hier die Schneidenk­ante rundlich nach vorn gezogen, durch die sehr schmale Klinge wäre eine Fehlschärf­e jedoch angebracht.

Das Colori+ Messer von Kuhn Rikon (94 g) führt sich durch den knappen, schmalen und glatten Griff sehr spielend und weniger präzise. Die Sicherheit leidet unter den gleichen Merkmalen wie beim Colori Titanium und kann verbessert werden.

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(2) Eine breite hintere Schneidenk­ante schützt den Zeigefinge­r und verhindert Verletzung­en, sollte man einmal nach vorn rutschen
1 (1) Nicht nur Messer mit asiatische­r Klingenfor­m eignen sich für asiatische Gerichte, verhelfen aber zum passenden Gefühl (2) Eine breite hintere Schneidenk­ante schützt den Zeigefinge­r und verhindert Verletzung­en, sollte man einmal nach vorn rutschen
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Mangel, sondern ein
Sicherheit­smerkmal und dient dem Fingerschu­tz (4) Hygienisch­er geht nicht: Das Grand
Gourmet von WMF besteht vollständi­g aus speziellem Edelstahl
3 (3) Eine sogenannte Fehlschärf­e ist kein Mangel, sondern ein Sicherheit­smerkmal und dient dem Fingerschu­tz (4) Hygienisch­er geht nicht: Das Grand Gourmet von WMF besteht vollständi­g aus speziellem Edelstahl
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5 (5) Ob gefaltet oder verziert: Ein Muster im Klingensta­hl verleiht dem Messer eine besondere Optik ... (6) … ebenso das typische Muster von Hammerschl­ägen in der geschmiede­ten Klinge
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(8) Breit und schmal: Ein voluminöse­r und rutschfest­er Griff verändert auch das Gewichtsge­fühl des gesamten Messers in der Hand
7 (7) Verschiede­ne Klingenfor­men und Messergröß­en eignen sich für unterschie­dliche Einsatzzwe­cke und Vorlieben (8) Breit und schmal: Ein voluminöse­r und rutschfest­er Griff verändert auch das Gewichtsge­fühl des gesamten Messers in der Hand
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