Warum ist Mario cooler als Spider-man?
In einem Interview gab Shawn Layden, Vorsitzender der Sony Worldwide Studios, zu Protokoll, dass die Marke Playstation die Leute unterhalten und glücklich machen soll. Gleichzeitig will Layden nach mehr als 60 Millionen verkauften Einheiten der PS4 Neuland betreten und auch Leute für die Marke Playstation begeistern, die nicht zum engsten Kreis der typischen Gamer-szene zählen. Das 2018 erscheinende Spiel „Spider-man“sieht Layden als Trumpfkarte, schließlich ist die Comicfigur bei Kindern wie Erwachsenen gleichermaßen beliebt und Sony ließ es sich einiges kosten, um Entwickler Insomniac einen Blockbuster nach Maß programmieren zu lassen. Nun kann man Erfolge nicht allein mit Geld erzwingen, doch dass Sony mit „Spider-man“im nächsten Jahr Millionen Einheiten absetzen wird, steht schon jetzt fest. Eine viel interessantere Frage ist aber: Kann ein Superheld erfolgreicher sein als ein italienischer Klempner in Latzhosen? Falls Sie nicht wissen, wovon wir sprechen, sollten Sie sich noch einmal die Vorschau zu den olympischen Sommerspielen 2020 in Tokyo anschauen, denn auch dort hatte der pummelige Röhrenfan einen Gastauftritt. Ganz genau, es geht um Super Mario oder besser gesagt ein Gefühl, dass nur Super Mario auslösen kann. Doch kommen wir noch einmal auf „Spider-man“zurück: Sonys Bombast-präsentation dauerte knapp 9 Minuten und es rumste und schepperte in 4K-detailauflösung, dass man aus dem Staunen nicht mehr herauskam. So zumindest das Drehbuch, wie es Sony vorgesehen hatte, doch in Wirklichkeit fragte man sich mit jeder fortschreitenden Minute immer mehr, warum man das alles schon einmal gesehen hat. „Spider-man“ist wie ein Best-of der erfolgreichsten Actiontitel der letzten Jahre mit modernster Technologie umgesetzt und auf Hochglanz poliert – eben genau der ganz sichere Hit, den Sonys Aktionäre sehen wollen. Mario hingegen schaffte es auf nur zweieinhalb Minuten in seinem neuesten Video, doch diese zweieinhalb Minuten veränderten alles: Warum steht da ein T-rex? Warum lebt diese rote Mütze? Warum ist die Musik so unglaublich funky? Warum hat man bereits beim Zuschauen Lust, dieses abgedrehte Spiel zu spielen? Warum ist Mario cooler als Spider-man? Natürlich ist dieser Vergleich weit hergeholt, doch beide Spiele befinden sich seit Jahren in Entwicklung, es flossen Millionen in die Produktion und beide Teams versuchen, das bestmögliche Ergebnis abzuliefern. Nur macht es eben einen Unterschied, ob ein Publisher wie Sony seine Fanbasis bedienen will und den Erfolg praktisch am Reißbrett vorzeichnet oder ein Publisher wie Nintendo mit dem Rücken zur Wand steht und auf Gedeih und Verderb dazu verdammt ist, einen Hit landen zu müssen, um am Markt noch relevant zu sein. Mit „The Legend Of Zelda: Breath Of The Wild“demonstrierte Nintendo bereits beeindruckend, dass man bekannte Marken runderneuern kann und zwar nicht durch die leistungsstärkste Technik, sondern durch Ideen. „Super Mario Odyssey“dürfte diesen Trend fortsetzen und einmal mehr unter Beweis stellen, dass unterhaltsame Momente immer dann entstehen, wenn man nicht mit ihnen rechnet. „Spider-man“ist dagegen die kalkulierte Actiondroge: Springe dahin, schalte diesen Gegner aus, drücke im richtigen Moment einen Knopf, schau dir die Szene in Superzeitlupe an und bestaune die grafischen Effekte. Würde Spidey einen Abstecher in Marios neue Großstadt machen, würde er vielleicht Folgendes sagen: „Ich mag zwar der beliebteste Comicheld sein und die Welt liegt mir zu Füßen, aber wenn ich einmal meinen Anzug gegen dein Klempner-kostüm tauschen könnte, ich würde es machen.“Und Mario würde entgegnen: „Wenn du nicht mehr das machst, was andere von dir erwarten, könnte es sein, dass du zum ersten Mal in deinem Leben so etwas wie Spaß empfindest.“