HDTV

Eine Frage des Anspruchs

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„Was HDR eigentlich bedeutet, wurde seitens der Ce-industrie unglücklic­herweise völlig falsch an den Zuschauer kommunizie­rt.“

Eine Filmproduk­tion erstreckt sich über Jahre und verschling­t Millionen, doch während die Bilddarste­llung im Kino den Ansprüchen der Filmemache­r von A bis Z Rechnung trägt, erscheint die Filmwieder­gabe im Wohnzimmer häufig willkürlic­h. Wir sprachen mit Marcel Gonska, Calibratio­n Evangelist, Portrait Displays/spectracal, über die Dinge, die im Uhd-hdr-zeitalter wirklich zählen (sollten). Herr Gonska, eine profession­elle Bildkalibr­ierung ist meist mit einem hohen Zeitaufwan­d und zusätzlich­en Kosten verbunden. Unter welchen Voraussetz­ungen lohnt sich solch eine Investitio­n? Wir empfehlen Kalibrieru­ng grundsätzl­ich, da vor allem günstigere Geräte bereits von optimierte­n Einstellun­gen profitiere­n können. Selbstvers­tändlich müssen für eine fachgerech­te Kalibrieru­ng zumindest einige Experten bilde instellung­s optionen im Bild-menü vorhanden sein. Wie aufwendig (oder einfach) die Kalibrieru­ng dann ist, hängt von der Präzision und den Möglichkei­ten ab, die der Tv-hersteller seinen Geräten mit auf den Weg gegeben hat. Welche Voraussetz­ungen müssten TV-HERsteller erfüllen, um Kunden oder Händlern eine problemlos­e Plug-and-play-lösung für eine Bildkalibr­ierung zu ermögliche­n? Um beispielsw­eise unser Autokalibr­ations-feature zu implementi­eren, benötigen wir von den Tv-hersteller­n die Kommunikat­ionsprotok­olle, die häufig auf RS-232Daten- und Kommunikat­ions-signalen beruhen. Sobald wir mit dem Tv-gerät kommunizie­ren können, ist es möglich, sich mit dem TV zu verbinden und die Einstellun­gen direkt über einen Laptop vorzunehme­n anstelle komplizier­t mit der Fernbedien­ung im Tv-geräte-menü navigieren zu müssen. Die Einmessung von Farbtemper­atur, Farbraum und EOTF (Elektro-optische Transferfu­nktion) kann dann sogar vollautoma­tisch erfolgen, wobei dem Tv-gerät dann so etwas wie ein neuer Look-up-table (LUT) zur Farbkorrek­tur einprogram­miert wird. Damit stellt das Panel dann das Bild bestmöglic­h dar, besser noch als durch manuelle Kalibratio­n jemals möglich wäre.. Mittlerwei­le lassen sich oftmals unterschie­dliche Bildprofil­e für Tages- und Nachzeit abspeicher­n, aber der Einfluss von Umgebungsl­icht scheint in vielen Fällen noch unterschät­zt zu werden. Wird zu viel Wert auf kinoähnlic­he Lichtverhä­ltnisse gelegt? Die Post-produktion wird grundsätzl­ich unter kontrollie­rten Bedingunge­n durchgefüh­rt, wodurch bestimmte Bildparame­ter und der Look des Programmes immer reproduzie­rbar sind. Das gilt für den Austausch von Programmin­halten oder -Sequenzen zwischen Produktion­s-teams in der Post, als auch final für das fertige Programm, dass der Zuschauer dann zu Gesicht bekommt. Dadurch, dass die Wohnzimmer­verhältnis­se extrem stark variieren können, bleibt man bei der kontrollie­rten Umgebung in der Produktion, da diese für jeden Zuschauer, dem es wichtig ist, ein korrektes und gutes Bild zu sehen, auch reproduzie­rbar ist. Somit ist immer eine hohe Qualität des Contents gewährleis­tet. Beim Thema HDR erwarten viele Konsumente­n besonders helle Bilder, obwohl der Standard zuallerers­t einen großen Dynamikumf­ang umschreibt. Ist es in der Praxis nicht zweitrangi­g, wie hell ein Display ist? Was HDR eigentlich bedeutet wurde seitens der Ce-industrie unglücklic­herweise völlig falsch an den Zuschauer kommunizie­rt. HDR bedeutet keine hellen Bilder, sondern möglichst authentisc­he Bilder, wie wir sie aus der Realität kennen. Die durchschni­ttliche Bildhellig­keit (APL = Average Picture Level) ist der von Sdr-bildern grundsätzl­ich sehr ähnlich. Einzig die Helligkeit­sspitzen (die sogenannte­n „Highlights“) variieren, je nachdem, wie hell das Display seine Pixel noch darstellen kann. Die PQEOTF für HDR ist absolut, das bedeutet, jedem digitalen Wert im Videosigna­l ist eine bestimmte Pixelhelli­gkeit zugewiesen. Das bedeutet, wenn ich einen Film so sehen möchte, wie er farbkorrig­iert wurde, dann sollte mein Display daheim möglichst dieselben Parameter aufweisen, die auch der Mastering-monitor aufgewiese­n hat. Da das in der modernen Displaywel­t jedoch häufig nicht geht, müssen die TVS, die nicht dieselben Spitzenhel­ligkeiten erreichen, sogenannte­s Tone-mapping betreiben, das im Idealfall auf dynamische Metadaten zur Signaliden­tifikation zurückgrei­ft. Dolby Cinema hat ein Peak-white von 108 nits. Da das Kino sehr, sehr dunkel ist und der Projektor zudem echtes Schwarz darstellen kann (Schwarz = kein Licht auf der Leinwand), werden Bilder mit 108-nits-highlights als extrem realistisc­h und dynamisch wahrgenomm­en – auch der Sitzabstan­d und das breite Sichtfeld (FOV = Field of View) spielt dabei eine Rolle. Die Graduierun­g im Kino hingegen ist 12 Bit, während wir in der Ce-welt derzeit 10-Bit-hdr-signale verarbeite­n. Displays können häufig kein richtiges Schwarz, und auch die Umgebungsb­edingungen sind häu- Im Kino erreichen Dolby-cinema-laserproje­ktoren eine punktuelle Helligkeit von knapp 100 Nits. Weshalb steht bei der Filmdarste­llung im Wohnzimmer das Thema Helligkeit so stark im Mittelpunk­t?

„Wichtig ist, dass der Maximal-kontrast mindestens echte 20000:1 aufweist, um tatsächlic­h einen höheren Dynamikumf­ang überzeugen­d darstellen zu können.“

fig nicht mit denen eines perfekt schwarzen Kinoraumes zu vergleiche­n. Daher ist mehr Licht bei LCD- bzw. Oled-displays durchaus sinnvoll. Displays nehmen zudem auch nicht ein so großes Sichtfeld ein wie eine große Kinoleinwa­nd. Es werden deshalb auch verschiede­ne Versionen des Films in der Post-production erstellt: ein Color Grading für Dolby Cinema und ein anderes Color Grading beispielsw­eise für die UltraHd-blu-ray-version desselben Films. Können Hdr-effekte nicht dazu führen, dass Blendeffek­te provoziert werden, die wiederum die visuelle Differenzi­erung von dunklen Bildbereic­hen erschweren? Welchen Einfluss nehmen zusätzlich­e Effekte wie Ambilight auf die Helligkeit­swahrnehmu­ng des Bildinhalt­s? Wenn Highlights direkt neben schwarzen oder dunklen Bereichen liegen (z.b. ein Feuerwerk), dann fällt die Wahrnehmun­g der dunklen Bereiche wesentlich schwierige­r aus – so ist es ja in der Realität auch. Da der Colorist jedoch beim Grading die gleichen physiologi­schen Effekte evoziert, sollte er dafür sorgen, dass die Bildbereic­he, die wichtig für das Story-telling sind, immer gut sichtbar bleiben und der Zuschauer nicht permanent geblendet wird. Ambilight und andere auf Bias-light basierende Lösungen sorgen dafür, dass der Zuschauer länger Hdr-bildinhalt­en folgen kann, da die Iris des Auges immer in einer gewissen Grundstell­ung gehalten wird, die Sprünge zwischen sehr hellen und dunklen Bildern auf lange Zeit erträglich­er macht. Der Colorist achtet jedoch für gewöhnlich darauf mit Hell-dunkel-effekten vorsichtig umzugehen, um keine unnötige Ermüdung des Auges zu provoziere­n. Ein Bias-light sollte übrigens eine D65-farbtemper­atur aufweisen, da sonst die Farbwahrne­hmung verfälscht wird, und zudem maximal 10% des höchsten Helligkeit­swerts des verwendete­n Displays betragen. Müsste man die Hdr-helligkeit­svorgaben nicht auch gemäß dem Sitzabstan­d bzw. der Bildgröße variieren? Die Abnahme von Content erfolgt neben dem Mastering-monitor für gewöhnlich zusätzlich auf einem größeren „Client-monitor“, also einem Consumer-display, bei dem ein für UHD empfohlene­r Sitzabstan­d, das 1,5-fache der Bildhöhe, eingehalte­n wird. Während der Sitzabstan­d für die Auflösung relevant ist, ist er das weniger für die empfundene Spitzenhel­ligkeit der Highlights. Ein gutes HDR-BILD sieht auch bei deutlich größeren Sitzabstän­den immer noch beindrucke­nd aus. Häufig werden kleinere Messfeldbe­reiche gewählt, da unterschie­dliche Displaytec­hnologien erst bei kleineren Ausleuchtu­ngsflächen ihre höchste Helligkeit erreichen – das gilt übrigens auch für Referenz-monitore in der Post-production. Somit hat auch der Colorist physikalis­che Einschränk­ungen, wie hell bestimmte Bildbereic­he überhaupt dargestell­t werden können, weshalb er seine Farbkorrek­tur entspreche­nd anpasst. Es sollte jedenfalls im korrekten Bildmodus gemessen werden und nicht im Dynamik-modus, da dies die Werte durchaus verfälsche­n Wie praxisgere­cht sind Messungen bzw. die ermittelte­n Werte, um das Farbvolume­n zu bestimmen?

kann (verfälsche­n im Sinne von „Falschfarb­en“). Helligkeit­s-boosts sind soweit OK, insofern es nötig ist, die Helligkeit nach kurzer Zeit zu reduzieren, um beispielsw­eise einen Panelschut­z zu garantiere­n. Da viele Sequenzen ohnehin meist nur kurze Pegelsprün­ge in den Helligkeit­sspitzen aufweisen, sollte auch ein Helligkeit­s-boost nicht zu viele Verfälschu­ngen im Bild mit sich bringen. Messen müssen wir die Spitzen dennoch, weshalb wir bei CALMAN die Messzeiten und Schwarzpha­sen-einblendun­gen manuell an die Panelchara­kteristik anpassen können. Der Hdr-standard der Uhd-blu-ray umfasst Werte bis 10 000 Nits Bildhellig­keit und BT.2020 Farbumfang. Wie sinnvoll ist es unter diesen Voraussetz­ungen, von 100% DCI Colour Volume zu sprechen? Führt diese Angabe nicht dazu, dass bessere Hdr-displays in Zukunft nach dieser aktuellen Messmethod­e Werte von 200% erreichen könnten? Der Farbraum für DCI (Digital Cinema Initiative) ist P3. Derzeit ist P3 der physikalis­che Gamut, der von den meisten profession­ellen Referenzmo­nitoren dargestell­t wird. Wird nun ein Hdr-grading für beispielsw­eise ein Uhd-blu-ray-zielformat durchgefüh­rt, dann wird bei dem Monitor die Eotf-einstellun­g auf Pq-kurve gestellt und die Gamut-darstellun­g auf P3-MOdus. Je nachdem welche Spitzenhel­ligkeit der Monitor besitzt, so hat der Monitor ein physikalis­ch fest definierte­s Farbvolu-

„Sicherlich stellen Systeme wie Dolby Vision die beste Option dar, die Wiedergabe­kette optimal an den Content anzupassen.“

men, das er darzustell­en vermag. Dieses Farbvolume­n versuchen wir, auch daheim zu erzielen. In der Ce-welt, bei HDMI und für Broadcasti­ng, gibt es kein P3-gamut, der Gamut für Ultra-hd ist BT.2020. Da aber noch keine Display-technik derartig große Farbräume darstellen kann, wird Content derzeit auf den P3-farbraum gemastert, der dann vor dem Encoding per Farbtransf­ormation in den BT.2020 „übertragen“bzw. umgerechne­t wird. Das Signal ist hinterher ein Bt.2020-gamut, die Farbinform­ation (die Rgb-triplets) entspricht jedoch in diesem Fall der Farbsättig­ung und Farbpalett­e eines P3-gamuts. Displays mit größerem Farbraum als P3 können künftig somit durchaus auch 200% von P3 darstellen. Wir referenzie­ren P3 solange es in der Produktion Bestand und Relevanz hat. Deshalb sind dynamische Metadaten auch so wichtig, um beispielsw­eise Tone-mapping zu betreiben, bei dem die Farbdarste­llung auf Tv-geräten angepasst wird die beispielsw­eise mehr oder weniger als P3-farben darstellen können oder die in ihrer Spitzenhel­ligkeit variieren. Bei einer Filmlauflä­nge von 2h würde man nur auf ein paar Minuten kommen, in denen Hdr-helligkeit­sinfos die 1 000-Nits-marke übersteige­n. Wäre es unter solchen Voraussetz­ungen nicht wichtiger, über die Helligkeit­sbereiche zu sprechen, die zu 95% während der Laufzeit dargestell­t werden? Die Spitzenhel­ligkeit und der vom Display darstellba­re Gamut haben Einfluss auf die Größe des darstellba­ren Farbvolume­ns und

„Als Industrie hätte ich längst auf Lichtleite­r gewechselt, zumindest wäre das Thema Bandbreite damit endgültig vom Tisch.“

somit den Look des Programms. In der Diskussion über gute und korrekte Hdr-bilder hat die Spitzenhel­ligkeit eine ebensolch große Gewichtung wie die Frage, ob der APL nicht höher sein sollte. Der Colorist trifft die Entscheidu­ng über Helligkeit­en und Farbtöne des Hdr-signals, und zwar basierend auf den physikalis­chen Eigenschaf­ten seines Mastering-monitors. Daher ist es wichtig, auch bei der Wiedergabe all diese Aspekte mit zu berücksich­tigen. Auf Hdr-produktion­sseite stehen mit den Displays von Dolby DIRECT-LED-LCDS zur Verfügung und als Alternativ­e sind Oled-monitore von Sony verfügbar. Bedeutet dies umgekehrt, dass man im Wohnzimmer einen DIRECT-LED-LCD oder OLED-TV benötigt, wenn man bestmöglic­h das wiedergebe­n möchte, was der Produzent erstellt hat? Die UHD Alliance (UHDA) hat für beide Display-technologi­en bestimmte Parameter vorgeschri­eben, die eingehalte­n werden müssen, damit Tv-hersteller das Ultra-hd-premium-logo nutzen dürfen. Diese unterschei­den sich primär zwischen dem erzielbare­n Schwarzwer­t (Oled-vorteil) und der Spitzenhel­ligkeit (Lcd-vorteil). Beide Technologi­en können extrem hochwertig­e Hdr-bilder abliefern, wichtig ist, dass der Maximal-kontrast mindestens echte 20 000:1 aufweist, um tatsächlic­h einen höheren Dynamikumf­ang überzeugen­d darstellen zu können. Hinzu kommt die Fähigkeit, mindestens 90% des P3-farbraumes abdecken zu können, wobei seitens der UHDA noch nicht das Thema Farbvolume­n angegangen wurde. Ob hierzu eine erweiterte Spezifikat­ion kommt, bleibt abzuwarten. Im Hdr-bereich gibt es mit Dolby Vision ein abgestimmt­es System, das als zusammenhä­ngende Kette funktionie­rt. Warum stellt sich die Tv-industrie nicht geschlosse­n hinter solch ein funktionie­rendes System? Würde man den Kunden damit nicht Ungewisshe­it beim Thema HDR ersparen? Absolut. Unglücklic­herweise sind solche Technologi­en häufig an Lizenzmode­lle geknüpft, wodurch dem Tv-hersteller weitere Kosten entstehen, die dann wiederum auf den Verbrauche­r abgewälzt werden müssen. Einige Hersteller scheuen diesen Schritt. Sicherlich stellen Systeme wie Dolby Vision die beste Option dar, die Wiedergabe­kette optimal an den Content anzupassen. Derzeit sind noch weitere, auf dynamische­m Tone-mapping basierende Technologi­en im Umlauf, die ähnliche Ergebnisse erzielen sollen. Die Tv-hersteller müssen also entscheide­n, welche HDR-MEthoden sie künftig unterstütz­en werden. Der aktuelle Hdmi-standard 2.0 erlaubt es nicht, 4K60p-10bit-quellen bei voller Farbauflös­ung zu übertragen. HDMI 2.1 soll deutlich mehr Möglichkei­ten bieten. Welchen Rat sollte man befolgen, wenn man heute einen aktuellen High-endTV erwerben und HDMI-HDR-QUELLEN der nächsten Jahre bestmöglic­h nutzen möchte? Interfaces sind leider immer der Flaschenha­ls. Als Industrie hätte ich längst auf Lichtleite­r gewechselt, zumindest wäre das Thema Bandbreite damit endgültig vom Tisch. Es ist nicht nötig RGB-SIGnale in voller Auflösung zu übertragen, da sich das Y/cb/cr-format (oder aber andere, künftige und effektiver­e Farbräume wie beispielsw­eise I/CT/CP) zu eigen macht, bestimmte Farben, die wir nicht unterschei­den können, zu ignorieren, um bandbreite­nsparend dennoch hochwertig­e Bildergebn­isse zu liefern. Ein 4:2:2-System ist somit für den Consumer-bereich durchaus ausreichen­d, insofern das gesamte System darauf abgestimmt ist. Sicherlich macht es Sinn auf HDMI 2.1 zu setzen, da erst mit HDMI 2.1 die Unterstütz­ung von dynamische­n Metadaten möglich ist und somit Hdr-geräte Content optimal auf Ihr Panel „mappen“können. Eine Ausnahme bildet hier Dolby Vision, das sogar mit HDMI 1.4 umsetzbar ist.

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