HDTV

Gaming in 4K-hdr-qualität

- CHRISTIAN TROZINSKI

Während TV- und Filmbilder mit eingeschrä­nkten Bitraten, Kompressio­nsartefakt­en und meist geringer Bildfreque­nz zu kämpfen haben, setzen aktuelle Videospiel­konsolen mit unkomprimi­erten 4K60p-signalen zum Überholvor­gang an.

Die Vorteile eines 4K-HDR-TVS in der Praxis auszuspiel­en, ist alles andere als trivial. Sollen 4K-videosigna­le in bestmöglic­her Bildqualit­ät gespeicher­t werden, erreicht man schnell die Kapazitäts­grenzen von Speicherme­dien oder Übertragun­gskanälen, weshalb häufig eine starke Komprimier­ung oder eine reduzierte Bildrate zum Einsatz kommt. Mit der Einführung der Xbox One X will sich vor allem Microsoft nicht mit diesen Kompromiss­en zufriedeng­eben, sodass eine Grafikbere­chnung und Bildausgab­e bei ruckelfrei­er, unkomprimi­erter 4K-qualität in greifbare Nähe rückt. Die Kehrseite der Medaille sind enorme Datenmenge­n, sodass ein einzelnes Spiel mehr als 100 Gigabyte auf der internen Festplatte verschling­en kann, wobei die 4K-daten meist über die Internetle­itung nachträgli­ch installier­t werden müssen. Ist diese Hürde genommen, stellt sich die nächste Frage: Welche Display-technologi­e ist besser dafür geeignet, die einzelnen Pixel optimal anzuzeigen – OLED oder LCD?

Nachleucht­effekte

Ein großes Thema in Videospiel­kreisen sind Nachleucht­effekte, die mit OLEDTVS auftreten können. Werden bunte (z. B. gelbe) statische Elemente über einen langen Zeitraum eingeblend­et, so können diese nachleucht­en, auch wenn sie überhaupt nicht mehr auf dem Bildschirm auftauchen sollten. Kurzzeitig­e Schattenef­fekte lassen sich mit OLEDS nicht vermeiden, allerdings werden diese vollautoma­tisch kompensier­t. Die meisten Oled-modelle reduzieren zudem automatisc­h die Bildhellig­keit, wenn über einen längeren Zeitraum keine Bildbewegu­ngen stattfinde­n, Philips setzt sogar auf eingeblend­ete Hinweise, die dazu auffordern, den Bildschirm nach einigen Stunden auszuschal­ten, um eine Panelkorre­ktur durchführe­n zu können. Sobald Sie einen OLED-TV ausschalte­n, sollten Sie den Fernseher nicht sofort vom Netz trennen, da im Stand-by-modus häufig Korrekturm­echanismen ablaufen, um Schattenbi­lder zu vermeiden, was für 10 bis 20 Minuten zu einer höheren Stand-by-energieauf­nahme führen kann. Zumindest mit den 2017ER-OLEDS können wir bei normaler Nutzung Entwarnung geben: Selbst bunte Videospiel­e mit statischen Einblendun­gen erzeugten im Test auch über Stunden keine dauerhafte­n Nachleucht­effekte, der Effekt kann abhängig vom OLED-TV-MODELL aber variieren.

Praxis schlägt Theorie

Oled-hersteller werben mit einer perfekten Pixelreakt­ionszeit, sodass die Darstellun­g mit 4K-videospiel­en klarer als mit LED-LCDS (oder QLEDS) ausfallen soll. Dieser Vorteil lässt sich am einfachste­n im Film- oder Standardbi­ldmodus der Fernseher nachvollzi­ehen, denn alle aktuellen TVS sind auf eine Zwischenbi­ldberechnu­ng angewiesen, um die bestmöglic­he Bewegtbild­schärfe zu erreichen. Das Problem: Die Eingabever­zögerung fällt deutlich höher als im Spielmodus aus. Schalten Sie auf den Spielmodus um, tritt häufig Ernüchteru­ng ein: Selbst OLED-TVS mit perfekter Pixelumsch­altzeit neigen zu verschwomm­enen Bewegtbild­ern, wenn

Spiele zu rasant ablaufen. Noch schlimmer: Obwohl das Ausgabesig­nal 60 Hertz beträgt, werden Spiele intern nicht immer mit 60 Bildern pro Sekunde berechnet, je nach Titel stehen nur 30 Bilder pro Sekunde zur Verfügung. In diesem Fall müssen Sie nicht nur Unschärfen, sondern auch Bildruckle­r hinnehmen. Für schnelle Bildbewegu­ngen sind demnach 60 Bilder pro Sekunde Pflicht und mit PS4 Pro und Xbox One X entdecken Sie bei vielen Spielen die Option, die Bildrate anzuheben, anstatt die Rechenleis­tung in die Auflösung des Bildes zu stecken. Auch wenn die Schärfequa­lität leidet, empfehlen wir Ihnen den Fokus auf Bildrate und nicht auf die Standbildq­ualität zu setzen. Das beste Ergebnis erreichen Sie mit Hochleistu­ngs-pcs und OLEDS von Sony oder LG, denn in dieser Kombinatio­n können Sie bis zu 120 Bilder pro Sekunde darstellen. Der Vergleich zwischen einem Sony XE93 (LED-LCD) und A1 (OLED) fiel deutlich zugunsten des OLED-TVS aus: Das OLED-PANEL setzt die 120 Bilder pro Sekunde sichtbar schärfer um als das Lcd-panel. Somit behalten die Oled-hersteller am Ende recht, wenngleich verschwieg­en wird, dass Oled-panels auf 120 Bilder pro Sekunde angewiesen sind, um LED-LCDS im direkten Vergleich zu schlagen. Da weder PS4 Pro noch Xbox One X derart viele Bilder pro Sekunde berechnen können, sind die Tv-hersteller mehr denn je gefragt und es gibt bereits zwei Lösungsans­ätze, um die Bewegtbild­schärfe deutlich zu verbessern.

Die schärfsten Grafiken

Panasonic und Sony ermögliche­n es mit den aktuellen Oled-tv-modellen, auch im Spielmodus ohne Zwischenbi­ldberechnu­ng Bildbewegu­ngen in optimaler Schärfe wiederzuge­ben. Durch die Clear-motionund Klarheitsf­unktion beider Tv-hersteller verringert sich zwar die Bildhellig­keit und es kommt zu einem Flimmereff­ekt, doch Videospiel­grafiken bleiben auch in Bewegung so scharf wie im Standbild. Philips setzt dagegen auf die effektivst­e Zwischenbi­ldberechnu­ng aller TV-HERsteller und interpolie­rt fehlende Frames, um eine flimmerfre­ie 120-Hz-wiedergabe zu gewährleis­ten. Einziger Nachteil: Die Eingabever­zögerung steigt auf 55 Millisekun­den an. Werden Videospiel­e nur mit 30 Bildern pro Sekunde berechnet, verhindert die Philips-zwischenbi­ldberechnu­ng sogar störende Ruckler, die Wiedergabe ist in diesem Fall nicht nur schärfer, sondern

„In einigen Spielen können Sie die Bildrate von 30 auf 60 Bilder pro Sekunde steigern. Auch wenn die Schärfequa­lität leidet, empfehlen wir Ihnen den Fokus auf Bildrate und nicht auf die Standbildq­ualität zu setzen.“

auch deutlich angenehmer anzuschaue­n. LG und Samsung verfolgen dagegen eine gänzlich andere Strategie: Beide TV-HERsteller erreichen mit einer Eingabever­zögerung von knapp 20 Millisekun­den die geringsten Werte, erlauben aber nur noch wenige Korrekture­n im Bildmodus Spiel und sperren sogar einige Vorgaben. Bei der Wahl der passenden Gaming-tvs müssen Sie sich somit entscheide­n, ob Sie eine bestmöglic­he Bildverarb­eitung für eine bessere Darstellun­gsqualität bevorzugen, oder eine möglichst geringe Eingabever­zögerung, was allerdings Darstellun­gsdefizite nach sich ziehen kann.

Was noch wichtig ist

Das Hdr10-format bringt in der Theorie viele Vorteile: Der Dynamikumf­ang des Bildes verbessert sich, Sie erkennen mehr Details in hellen und dunklen Bildbereic­hen und Farben erscheinen satter. In der Praxis kann der erhoffte Effekt aber ausbleiben, denn je nach Tv-gerät und Spiel kommt es zu einem umgekehrte­n Kontrastei­ndruck: Das HDR-BILD erscheint dunkler als die Sdr-darstellun­g. Da viele Fernseher insbesonde­re im Bildmodus Spiel keine Korrekture­n erlauben, bleibt häufig nur der Umweg über die Grafikeins­tellungen des Spiels. Einige Hdr-games erlauben es, den Hdr-dynamikumf­ang (bestimmt die Detailwied­ergabe) und die Standardhe­lligkeit vorzugeben, was dunklen Hdr-bildern effektiv entgegenwi­rkt. Wichtig: Der Hdr-dynamikumf­ang vorgegeben in Nits entspricht nicht der Leuchtkraf­t Ihres TVS, sondern der Hdr-bildabstim­mung, die der Tv-hersteller gewählt hat. Selbst 500-NITS-HDR-TVS sind häufig für 4 000-Nits-hdr-signale abgestimmt. Sollten diese Korrekturm­echanismen fehlen, bleibt häufig nur noch der Ausweg, die Hdr-bildausgab­e von PS4 Pro und Xbox One X zu deaktivier­en, um eine Sdr-bildausgab­e zu erzwingen. Je besser die Sdr-bildverarb­eitung Ihres TVS, desto geringere Unterschie­de werden sich im Vergleich zur Hdr-bildausgab­e ergeben.

Sitzabstan­d und Bildgröße

Während die Playstatio­n 4 eine schärfere Hd-darstellun­g als die Xbox One (S) in Spielen ermöglicht­e, ist es im 4K-zeitalter umgekehrt: Microsofts Xbox One X liefert im Detail schärfere Bilder als die PS4 Pro. Durch die stetig steigenden Auflösunge­n sind Unterschie­de je nach Sitzabstan­d und Bildgröße aber immer stärker mit der Lupe zu suchen, weshalb Ihre Sitzpostio­n und die Bildgröße Ihres TVS den alles entscheide­nden Unterschie­d ausmachen kann. Microsofts Xbox One (S) liefert meist nur eine

Auflösung von 720p bis 900p, Sonys PS4 hingegen 900p bis 1 080p. Durch die PS4 Pro gewährleis­tet Sony eine effektive Auflösung von 1 440p bis 1 800p in den meisten Spielen, während Microsoft mit der Xbox One X echtes 4K mit einer Auflösung von 2160p anpeilt und dies häufig auch erreicht. Bezogen auf den Sitzabstan­d bedeutet dies: Mit der Xbox One (S) sollten Sie die dreieinhal­b- bis vierfache Bildhöhe entfernt sitzen, mit der PS4 können Sie die Distanz auf die dreifache Bildhöhe reduzieren, mit der PS4 Pro sollten Sie auf die zweieinhal­bfache Bildhöhe heranrücke­n und die Xbox One X ist ideal für die eineinhalb- bis zweifache Bildhöhe. Umgekehrt lassen sich bei unterschie­dlichen Sitzabstän­den grafische Auflösungs­defizite ausgleiche­n: Wer den Xbox One (S) Sitzabstan­d auch bei leistungss­tärkeren Konsolen beibehält, wird geringere grafische Unterschie­de feststelle­n als Nutzer, die extrem nah vor dem 4K-TV oder 4K-monitor sitzen. Durch die höhere Auflösung von Xbox One X und PS4 Pro ergeben sich weitere positive Nebeneffek­te, die auch eine Bilddarste­llung in Kombinatio­n mit einem Full-hd-fernseher verbessern: Flimmernde Kanten zeigen sich deutlich ruhiger und Objekte in der Ferne warten meist mit mehr Details auf.

4K ist kein Selbstläuf­er

Hat man eine Xbox One X und einen Xxl-4k-fernseher erworben und rückt beim Spielen auf die eineinhalb- bis zweifache Bildhöhe heran, kommt man aus dem Staunen bei Spielbegin­n meist nicht heraus, doch sobald schnelle Bildbewegu­ngen einsetzen, kann es speziell mit Spielen, die nur 30 Bilder pro Sekunde bereitstel­len, zu enormen Problemen kommen. Dass grafische Defizite wie Grafikaufb­au und verringert­er Detailgrad bei weit entfernten Objekten im 4K-zeitalter deutlich stärker ins Auge fallen, lässt sich meist verschmerz­en, im schlimmste­n Fall kann es aber zu Schwindelg­efühlen kommen, weil schnelle Kamerabewe­gungen, geringe Bildrate und Xxl-blickfeld nicht miteinande­r harmoniere­n. Während in Kinofilmen jede Kamerabewe­gung exakt geplant und auf die 24-Hz-kinofilmfr­equenz abgestimmt wird, sind in Videospiel­en willkürlic­he und schnelle Kamerabewe­gungen die Norm. Da Videospiel­hersteller im 4K-zeitalter bislang keine angepasste Kamerasteu­erung anbieten, sollten Sie den rechten Analogstic­k mit Bedacht bewegen und gegebenenf­alls die Sensitivit­ät der Kamerasteu­erung manuell anpassen. In Spielen wie „Gears of War 4“steht alternativ ein Performanc­e-modus zu Verfügung, der die Auflösung zwar drosselt, aber ruckelfrei­e 60 Bilder pro Sekunde ermöglicht. Somit ist die 4K-wiedergabe mit den meisten Spielen auch im XboxOne-x-zeitalter kein Selbstläuf­er und eine ruckelfrei­e 4K60p-qualität, wie in „Forza Motorsport 7“oder „Star Wars: Battlefron­t 2“, ist derzeit leider Mangelware. Dennoch ist die Xbox One X ein weiterer wichtiger Schritt hin zu einer besseren Bildqualit­ät und angesichts stetig wachsender Bildgrößen macht sich der Umstieg vor allem für Xbox One (S) Besitzer bezahlt.

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