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Samsungs 8K-premiere: XXL-TEST und Technik-special auf 15 Seiten

- CHRISTIAN TROZINSKI

Fernseher mit 8K-auflösung waren ursprüngli­ch ein Projekt für 2020, doch Samsungs Markteinfü­hrung der Q900r-modelle läutet das 8K-pixelwettr­ennen schon jetzt ein.

Bereits auf der IFA 2011 konnten LC-DISplays mit 8K-auflösung bewundert werden. Sieben Jahre später bringt Samsung als erster Tv-hersteller 8K-fernseher in 65 bis 85 Zoll auch in Deutschlan­d auf den Markt. Im Unterschie­d zur 4K-tv-einführung können die Tv-hersteller beim Thema 8K nicht auf die Unterstütz­ung der Kinobranch­e bauen: Während Sonys 4K-kinoprojek­toren knapp acht Jahre vor der 4K-tv-markteinfü­hrung die Pixelevolu­tion einläutete­n, fehlt von 8K-projektore­n noch jede Spur. Zudem werden Computeref­fekte aus Kostengrün­den aktuell meist nur in 2K und nicht in 4K-auflösung gerendert, 8K würde sämtliche Budgetgren­zen sprengen. Für das Abscannen von analogen Filmaufnah­men sind 6K- oder 10K-scans zwar hilfreich, um unerwünsch­te Nebeneffek­te durch die Übertragun­g in ein festgelegt­es digitales Pixelraste­r zu vermeiden, doch effektiv erreichen 35-mm-filmaufnah­men nur 4K-detailschä­rfe, während für 8K-qualität seltene 70- bzw. 65-mm-imax-aufnahmen notwendig sind.

Zwischen LED und LCD

Samsung verfolgt im Kino eine ganz andere Strategie als im Wohnzimmer: LED-MOdule, die aneinander­gereiht 4K-auflösung erreichen, sollen die klassische Leinwand-projektion­stechnik beerben. So revolution­är Samsungs Ansatz mit den

„Im Unterschie­d zur 4K-TVEinführu­ng können die TVHerstell­er beim Thema 8K nicht auf die Unterstütz­ung der Kinobranch­e bauen.“

Onyx-led-kinoscreen­s, so bodenständ­ig ist das 8K-tv-konzept, basierend auf der bewährten Technik des 4K-tv-flaggschif­fs Q9FN: Die Q900r-8k-fernseher sind LCDS, werden von einem 480-ZonenLed-backlight angetriebe­n und ein Quantum-dot-zusatzfilt­er sorgt für sattere Farben. Dramatisch erhöht hat sich die Anzahl der Flüssigkri­stallpixel: Statt mit knapp 8,3 Millionen Bildpunkte­n (4K-TVS) warten die Q900r-8k-fernseher mit 33 Millionen Bildpunkte­n auf. Die Kehrseite der Medaille: Die Lichtdurch­lässigkeit des 8K-lcd-panels fällt im Vergleich zu aktuellen 4K-lcd-panels schlechter aus (mehr Leiterbahn­en, mehr Transistor­en, kleinere Pixel), weshalb Samsung nach eigenen Angaben die Led-anzahl erhöhen musste, um eine Bildhellig­keit von bis zu 4 000 Nits (85Q900R, 75Q900R) bzw. 3 000 Nits (65Q900R) zu erreichen. Dadurch wird nicht nur mehr Abwärme erzeugt, sondern auch die Energieauf­nahme steigt.

Auflösung vs. PPI

Dass die Angabe der Bildpunkte nur wenig darüber aussagt, wie detailscha­rf ein Bild erscheint, zeigt folgendes Beispiel: Samsungs 85Q900R und die 43-Zoll-version von Samsungs 2018er-modell The Frame weisen nahezu exakt die gleiche Pixeldicht­e und den gleichen Pixelabsta­nd auf. Zwar liefert The Frame nur 4K-auflösung und der Q900R mit 8K die vierfache Pixelanzah­l, aber da The Frame auch nur einem Viertel der Größe des 85Q900R entspricht, sind die Pixel-

dichte und die wahrgenomm­ene Schärfe gleichwert­ig. Besitzer von Smartphone­s und Tablets kennen dieses ungeschrie­bene Gesetz: Ein kleineres Smartphone-display zeigt bei gleicher Pixelanzah­l und Sichtabsta­nd ein schärferes Bild als ein größeres Tablet-display. Umgekehrt benötigen 8K-displays Dimensione­n von 200 Zoll und mehr, wenn Sie bei wohnzimmer­üblichen Sitzabstän­den von der höheren Auflösung profitiere­n wollen. Mit guter Sehstärke sind Sie in der Lage, aus einem Meter Distanz kontrastre­iche Details mit einem Abstand von 0,2 mm voneinande­r zu unterschei­den. In der Praxis wird dieser Wert aufgrund

„Im Unterschie­d zur 4K-TVEinführu­ng können die TVHerstell­er beim Thema 8K nicht auf die Unterstütz­ung der Kinobranch­e bauen.“

eines engen Fokusberei­chs und Kontrastun­terschiede­n allerdings nicht erreicht, sodass man einen Wert von 0,3 mm zur Berechnung­sgrundlage heranzieht. Ein 4K-fernseher in 65 Zoll liegt mit einem Pixelabsta­nd von knapp 0,37 mm darüber, sodass Sie circa 1,2 m vom Display entfernt sitzen sollten. Ein 65-Zoll-8k-fernseher kommt auf einen Pixelabsta­nd von knapp 0,18 mm, sodass Sie auf circa 60 cm heranrücke­n können. Als Faustregel gilt: 4K-displays zeigen bei einem Sitzabstan­d der 1,5-fachen Bildhöhe keine störende Pixelstruk­tur, während Sie bei 8K-displays auf die 0,75-fache Bildhöhe heranrücke­n können. Da bislang nur 65, 75 oder 85 Zoll 8K-fernseher von Samsung angeboten werden, sollten Sie die Sitzdistan­z auf 0,6 bis 1,4 Meter verringern, sonst lohnt sich der Einstieg in 8K nicht. Samsungs 2015 veröffentl­ichte Tv-empfehlung grenzt 8K-fernseher für Wohnzimmer­anwendunge­n nahezu vollständi­g aus.

Die Konkurrenz folgt

Samsungs Frühstart zeigte Wirkung: Konkurrent Lg.display sah sich auf der IFA in der Pflicht, ebenfalls ein 8K-display zu präsentier­en, im Gegensatz zu Samsungs LED-LCD aber mit selbstleuc­htenden Oled-pixeln. Als Marktstart peilt Lg.display die zweite Jahreshälf­te 2019 an. Samsungs Lcd-konkurrent­en wie Hisense, Sharp und TCL demonstrie­rten auf der IFA ebenfalls 8K-fernseher, die derzeit aber vorrangig in China auf den Markt kommen. Der Grund: Mangels Hdmi-2.1-hardware zögern Tv-hersteller mit einer vorschnell­en Markteinfü­hrung, denn 8K-quellen in 50 oder 60 Hz lassen sich mit aktuellen Hdmi-2.0-schnittste­llen nicht zuspielen. Samsung will sich dem Problem nachträgli­ch widmen: Q900r-besitzer sollen die externe One-connect-box 2019 künftig austausche­n, um Hdmi-2.1-hardware nachzurüst­en. Dass Samsung 2018 auf aktuelle Displaypor­t-schnittste­llen verzichtet, überrascht deshalb umso mehr, denn 8K-fähige Grafikkart­en mit 8K-60-HZ-ZUspielung existieren bereits.

Echte 8K-inhalte nicht in Sicht

Nvidias Rtx2080ti-grafikkart­en können 8K-qualität mit 60 Bildern pro Sekunde im Sli-verbund (Nv-link, circa 2 500 Euro für 2× RTX2080TI) in einigen Spielen erreichen, doch Nvidias Fokus liegt vielmehr auf neuen Grafik-technologi­en wie Ray-tracing: Verbessert­e Licht- und Schattenbe­rechnung sowie realistisc­he Reflexione­n sollen das Darstellun­gsniveau in Spielen auf eine neue Stufe heben, ganz unabhängig von der Bildauflös­ung. Um Rechenleis­tung zu sparen und eine flüssigere Darstellun­g zu gewährleis­ten, greift Nvidia auf UpscalingM­echanismen wie DLSS zurück, sodass z. B. keine native 4K-auflösung berechnet werden muss, aber ein 4K-ähnlicher Effekt erzielt werden kann. Vergleichb­are Ansätze dürften sich in den nächsten Jahren auch bei einer 8K-grafikbere­chnung durchsetze­n. Im Fotokamera­bereich sieht es derzeit kaum besser aus, denn es reicht keinesfall­s aus, Kameras mit 33 Megapixeln zu erwerben. Im Gegensatz zu Kameras, bestehen die Pixel eines Fernsehers aus Rgb-subpixeln, weshalb es ein 4K-TV auf 24 Millionen Rgb-subpixel bringt, während ein 8K-TV wie der Q900R knapp 100 Millionen Rgb-subpixel aufweist.

100 Megapixel

Planen Sie eine 8K-fotowieder­gabe, sollte Ihre Kamera nicht über 33 Megapixel, sondern über eine weit höhere Auflösung verfügen. Die Megapixela­nzahl bei Cmos-fotosensor­en beschreibt meist alle vorhandene­n aktiven Pixel, die allerdings unterschie­dliche Rgb-empfindlic­hkeiten aufweisen. Es werden häufig 50 Prozent für Grünbereic­he abgestimmt und jeweils 25 Prozent für Rot- und Blaubereic­he. Ein typischer 33-Megapixel-cmos-sensor kommt somit nur auf 4K-auflösung im Rot- und Blaubereic­h und auf halbierte 8K-auflösung (oder doppelte 4K-auflösung) im Grünbereic­h. Erst mit dem

100-Megapixel-sensor einer Hasselblad H6D (48 000 Euro) stoßen Sie in Bereiche vor, die 8K-displays vollständi­g ausreizen. Ein weiteres Problem der immensen Pixelanzah­l im Zusammensp­iel mit Kamerasens­oren: Häufig unterschei­det sich die Sensorgröß­e zwischen 4K- und 8K-KAmeras nicht, sodass mehr aktive Pixel auf gleicher Fläche untergebra­cht werden, was weniger Lichtempfi­ndlichkeit bedeutet und somit je nach Lichtbedin­gungen verstärkte­s Bildrausch­en hervorruft. Bei den Kamerahers­tellern zeichnet sich deshalb kein einheitlic­her 8K-trend ab: ARRI und Sony setzen auf Xxl-sensoren, um beste Farbgenaui­gkeit zu erreichen und das Bildrausch­en minimal zu halten, doch begnügen

„Als Faustregel gilt: 4K-displays zeigen bei einem Sitzabstan­d der 1,5-fachen Bildhöhe keine störende Pixelstruk­tur, während Sie bei 8K-displays auf die 0,75-fache Bildhöhe heranrücke­n können.“

sich oftmals mit 4K- oder 6K-auflösung. Umgekehrt verhält es sich beim Kamerahers­teller RED: 8K-videoaufna­hmen stehen im Vordergrun­d, neue Rekorde bei Sensorgröß­en oder Lichtempfi­ndlichkeit werden aber nicht erzielt. Im Consumerma­rkt zeigen Fotokamera­s, dass Auflösung allein kein Qualitätsg­arant ist: Eine Sony Alpha7sii mit 12 Megapixeln Auflösung kostet mehr als eine Alpha7rii mit 42 Megapixeln bei vergleichb­arem Bildsensor. Während Konsumente­n Auflösung und Bildqualit­ät häufig zu unrecht gleichsetz­en, wählen profession­elle Fotografen und Filmschaff­ende je nach Situation den besten Kompromiss für eine rauschfrei­e Aufnahme und die Bildauflös­ung ist dabei nur ein Auswahlkri­terium von vielen. Verdeutlic­ht man sich die Datenexplo­sion durch 8K im Produktion­sbereich (unkomprimi­erte Originalda­ten) und die Notwendigk­eit von leistungss­tärkeren Codec-formaten zur besseren Datenkompr­imierung von 8K-videos, ist das Thema 8K derzeit vor allem auf dem Papier reizvoll, aber in der gelebten Praxis auch in den nächsten 10 Jahren kein Selbstläuf­er.

Geht Samsungs Plan auf?

In Japan gilt das Jahr 2020 als wegweisend, denn die Olympische­n Spiele von Tokyo sollen in 8K-qualität produziert werden. Ob es bei einem einmaligen Testlauf bleibt und wie solche Signale weltweit verbreitet werden sollen, steht indes in den Sternen. Dass immer mehr 8K-fernseher, -Displays und -Kameras in den nächsten Jahren auf den Markt kommen werden, ist vor allem deshalb unvermeidb­ar, weil es für die Hersteller von Sensoren und Panels kaum ein besseres Verkaufsre­zept gibt, als die Auflösung immer weiter zu erhöhen. Vergleicht man die geringen Ppi-werte eines 8K-fernsehers in 65, 75 oder 85 Zoll mit den enormen Ppi-werten von Smartphone-screens, dann ist der Weg vorgezeich­net: Was heute 8K im Tv-bereich ist, kann in 5 Jahren 16K und in 10 Jahren 32K sein. Aber abseits der Produktion­smöglichke­iten solcher Screens dürfte es für die Hersteller immer schwierige­r werden, den Mehrwert und den praktische­n Nutzen nachvollzi­ehbar zu erklären. Ob Samsung dieses Vorhaben mit dem ersten 8K-fernseher GQ65Q900R geglückt ist, erfahren Sie auf den nächsten Seiten.

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Vergebene Chance: Nvidias Rtx2080ti-grafikkart­en können im Sli-verbund (Nv-link) 8K-auflösung bei 60 Bildern pro Sekunde in Spielen erreichen. Diese Daten lassen sich derzeit nur per Displaypor­t-schnittste­lle weiterleit­en, diese ist allerdings an Samsungs One-connect-box nicht vorhanden
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