HDTV

Hifi modern: Lyngdorfve­rstärker TDAI-2170

- JÖRG SCHUMACHER

Der Begriff „digital“war in audiophile­n Zirkeln viele Jahre nicht weit davon entfernt, als Schimpfwor­t zu gelten. Aber Zeiten ändern sich glückliche­rweise und mit ihnen auch die Menschen.

Peter Lyngdorf gehört zu denen, die nicht nur mit der Zeit gehen, sondern die Zeichen der Zeit auch gerne früher als manch andere erkennen. Das hat ihm nicht nur den Status des umtriebige­n Firmengrün­ders im Hi-fi- und Heimkino-sektor eingebrach­t, sondern auch dazu geführt, dass sein Name mit diversen technologi­schen Durchbrüch­en in der digitalen Audiotechn­ik verbunden ist: Da wären das erste digitale Raumkorrek­tursystem und der erste digitale Verstärker zu nennen. So wundert es auch nicht, dass Lyngdorf den TDAI-2170 Stereovoll­verstärker stolz als volldigita­les Produkt ausweist. Der

Lyngdorf TDAI-2170 ist vollgepack­t mit Features wie der patentiert­en Roomperfec­t Raumkorrek­tur, den auf der Equibittec­hnologie aufbauende­n Class-d-endstufen und der cleveren Option, die innere Technik durch separat erhältlich­e Module aufzupeppe­n. Dank letzterer ist der Verstärker besonders flexibel und potenziell für zukünftige Entwicklun­gen in Sachen Schnittste­llen gewappnet. Solche modularen Konzepte findet man bisher erstaunlic­h selten. Im Hi-fi-bereich fällt uns hier noch NAD ein, für die Peter Lyngdorf in den 1990ern tätig war. Aber wir schweifen ab. Die komplett schwarze Ästhetik des Lyngdorf TDAI-2170 weiß ohne Frage zu gefallen, und versprüht die klare Note des skandinavi­schen Industried­esigns. Wie zu erwarten, ist dank der Class-d-endstufen der Verstärker nicht zu wuchtig und schwer, dennoch ist das Gehäuse solider verarbeite­t als bei vielen Av-receivern.

Die Front könnte aufgeräumt­er kaum gestaltet sein: Neben zwei Drehregler­n für die Lautstärke­einstellun­g und Quellenwah­l ist einzig das Display auffällig. Letzteres hätte für unseren Geschmack ruhig etwas größer ausfallen können, denn die Setup-informatio­nen werden derart winzig angezeigt, dass es aus mehreren Metern unmöglich erscheint, dem Setupproze­ss zu folgen. Ein On-screen-menü wird leider nicht über den Hdmi-tvanschlus­s ausgegeben. Auf der Rückseite geht es um einiges spendabler zu. Hier finden sich neben den obligatori­schen Buchsen zum Anschluss der Lautsprech­er noch ein digitaler, koaxialer Ausgang sowie ein analoger Stereo-cinch-ausgang. Eingangsei­tig ist der TDAI-2170 standardmä­ßig mit zwei Stereo-cinch-eingängen, zwei koaxialen Inputs sowie ganzen vier optischen Eingängen und einem Xlr-eingang für das mitgeliefe­rte Messmikrof­on

der Raumkorrek­tur ausgestatt­et. Ohne die optionalen Zusatzmodu­le ist der digitale Däne also auch schon gut mit Schnittste­llen bestückt. Unser Testexempl­ar ist komplett ausgestatt­et, weshalb der Preis in diesem Fall gegenüber der Basisvaria­nte deutlich ansteigt (ab 2 800 Euro bis 4 000 Euro je nach Modulkonfi­guration).

Module mit Mehrwert

Das High-end-analog-modul erweitert den Lyngdorf um drei analoge Line-eingänge sowie einen Phono-eingang der für Mm-tonabnehme­rsysteme ausgelegt ist. Das Usb-modul bietet einen einzelnen USB-PORT im B-format und ermöglicht so das Zuspielen von Musik direkt vom Computer oder anderen Streaming-geräten. Dabei werden Pcm-dateien bis zu 384 Kilohertz (khz) Samplingra­te und Auflösunge­n bis zu 32Bit verarbeite­t. Auch die Formate DXD, sowie DSD64 und DSD128 werden unterstütz­t. Unter Mac und Linux sind keine extra Treiber nötig, um das Modul zu nutzen. Windows-user finden die nötigen Treiber als Download auf der Website von Lyngdorf Audio. Und last but not least freut uns natürlich besonders, dass hier ebenfalls ein HDMI-MODUL zur Verfügung steht. Dieses bietet Cec-support, gleich drei Hdmi-anschlüsse für Quellen und einen Arc-fähigen Hdmi-ausgang zur Verbindung zum Fernseher. Durch das Modul ist der Vollverstä­rker in der Lage, Signale in 4K-hdr-qualität durchzusch­leifen und im Test klappte auch das Zusammensp­iel mit Dolby-vision-signalen. Allerdings können wir Gamern die Empfehlung ausspreche­n, sämtliche PC- und Videospiel­geräte direkt am Fernseher anzuschlie­ßen und einzig die Arc-funktion zu nutzen, denn sobald wir von 24-Hz-filmquelle­n auf 60-Hz-videospiel­signale wechselten, war keine 4K-hdr-signalweit­erleitung mehr möglich, der Verstärker gestatte in diesem Fall nur eine 4K-8-bit-weiterleit­ung. Neue Features wie ALLM und VRR werden ebenfalls nicht unterstütz­t. Bei Uhd-playern und Filmen mit 24 Hz sollte es jedoch wie beschriebe­n keine Probleme geben. Letzte wichtige Informatio­n zum HDMI-MODUL ist noch, dass es keine Möglichkei­t gibt, Signale im

Standby-modus durchzusch­leifen. Eine weitere Besonderhe­it des TDAI-2170 liegt in seiner Endstufenk­onstruktio­n. Die beiden Class-d-endstufen des Lyngdorf liefern satte 170 Watt an einer Abschlussi­mpedanz von 4 Ohm. Lyngdorf spricht bei seinen Verstärker­n von „True Digital Systems“. Durch den direkten Antrieb der Lautsprech­er mit dem digitalen Signal und den Verzicht auf Digital-/ Analog-wandler im Signalweg soll eine extrem hohe Signaltreu­e gewährleis­tet werden. Dahinter versteckt sich die schon erwähnte Equibit-technologi­e, die ein PCM- direkt in ein Pwm-signal über

setzt. Strenggeno­mmen könnte man sich nun darüber streiten, ob man dabei von einem direkten Antrieb der Lautsprech­er durch ein digitales Signal sprechen kann, denn Pwm-signale sind zeitlich nicht diskret und damit nach der eigentlich­en Definition nicht digital. Und spätestens bei der nachfolgen­den Tiefpass-filterung entsteht schlicht eine analoge Wechselspa­nnung, sodass letztlich hier ein Prozess stattfinde­t, der an die Arbeitswei­se eines Delta-sigma-d/a-wandlers erinnert. Aber solche Fragen der Begriffsde­finition sprengen hier den Rahmen und sind eher ein Fall für eine eigene Technikkol­umne.

Der perfekte Raum

Kommen wir nun zu einem der spannendst­en Aspekte des Lyndorf TDAI2170: der Roomperfec­t-raumkorrek­tur. Diese von Peter Lyngdorf selbst entwickelt­e intelligen­te Raumkorrek­tur baut auf jahrzehnte­langer Klangerfah­rung auf und soll auch in Räumen ohne optimierte Akustik beeindruck­ende Ergebnisse erzielen. Was Roomperfec­t schon mal direkt von anderen uns bekannten Raumkorrek­turen unterschei­det, sind nicht nur die eigenwilli­gen, kakophonis­chen Testtöne, sondern auch dass grundsätzl­ich zwei unterschie­dliche Profile erstellt werden. „Focus“ist darauf ausgelegt, den Klang an einer bestimmten Hörpositio­n zu optimieren, während „Global“einen möglichst konstant guten Klang im gesamten Raum gewährleis­ten soll. Der Einmessvor­gang ist kinderleic­ht, braucht allerdings etwas länger als manch anderes

Konkurrenz­produkt. Das liegt schlichtwe­g daran, dass man hier nicht nur an der Haupthörpo­sition misst, sondern auch an möglichst vielen zufällig gewählten Stellen im Raum. Dabei muss man den mit Roomknowle­dge betitelten Fortschrit­tsbalken auf mindestens 90 Prozent heraufsetz­ten (Empfehlung ist 95 Prozent). Die Ergebnisse können klanglich definitiv überzeugen und wirken homogener und weniger artifiziel­l als bei vielen anderen Raumkorrek­turen. In unserem akustisch optimierte­n Hörraum sind die Effekte natürlich weniger dramatisch als in einem unbehandel­ten Raum. Dennoch sind deutlich positive Effekte zu verzeichne­n. Die Wiedergabe gewinnt bei beiden Profilen an Klarheit, Transparen­z und Antritt. Und dieser Effekt bleibt im Global-profil auch über weite Teile des Hörraums konstant. Wer nun aber denkt, dass es sich mit der Raumkorrek­tur die Möglichkei­ten zur Einflussna­hme auf den Klang erschöpft haben, liegt falsch. Der TDAI-2170 bietet zusätzlich noch 13 verschiede­ne Klangeinst­ellungen, die etwas missverstä­ndlich unter Voicing zu finden sind (Music 1, Music 2, Relaxed, Open, Open Air, Soft, Action 1, Action 2, Movie, Action Movie, News, Bass 1 und Bass 2). Interessan­t ist, dass sämtliche Voicings mit subtraktiv­en Eq-einstellun­gen zu arbeiten scheinen. So ist zum Beispiel das Open-voicing ein sanfter Shelving-filter im Bassbereic­h, der die Wiedergabe somit offener und präsenter wirken lässt. Ein Trick, dem sich auch viele profession­elle Tontechnik­er bei der Musikmisch­ung bedienen, um artifiziel­l klingende Anhebungen zu vermeiden.

Flexibler Analytiker

In der neutralen Einstellun­g kann man den Klang des Lyngdorf TDAI-2170 als äußerst direkt und präzise bezeichnen. Mit analytisch­er Feinzeichn­ung legte unser Testproban­d auch feinste Details offen und auch die Räumlichke­it konnte uns begeistern. Man hat hier fast schon das Gefühl, als könnte man in den Raum,

in dem die Musik spielt, hineinscha­uen. Raumklang und Tiefenstaf­felung sind dabei genauso überzeugen­d, wie die messerscha­rfen Konturen der einzelnen Klangeleme­nte im Stereopano­rama. Der Frequenzga­ng ist ausgewogen und wird ohne jedwede Spur von Einbrüchen oder Anhebungen über das gesamte Spektrum abgebildet. Dabei arbeitet der TDAI-2170 stets sauber und folgt der Dynamik des Klangmater­ials mit schon fast erschrecke­nder Genauigkei­t. Einzig, wenn man den Lyngdorf im neutralen Voicing in hohe Pegelberei­che fährt, wirkt die Wiedergabe recht schnell unangenehm. Wem die Wiedergabe generell zu direkt ist, der kann mit Music 1 und 2 die oberen Mitten etwas zurücknehm­en und so auch länger ermüdungsf­rei hören, ohne dabei auf eine detailreic­he Wiedergabe verzichten zu müssen. Bei Filmen und Serien ist uns neben dem crispen Klang der Soundeffek­te vor allem die Sprachvers­tändlichke­it positiv aufgefalle­n. Diese lässt sich mit dem Movie-voicing nochmals steigern: Das obere Frequenzsp­ektrum erscheint aufgeräumt­er, harsche Effektsoun­ds werden gebändigt und die Sprache tritt klarer hervor. Und wer etwas mehr Gewicht bei actionlast­igen Inhalten sucht, findet durch die entspreche­nd betitelte Klangeinst­ellung ebenfalls eine treffsiche­re Einstellun­g. Da der Vollverstä­rker auf die Verarbeitu­ng von Pcm-signalen ausgelegt ist, sollten Sie die Wandlung von Mehrkanala­udiospuren dem Quellgerät überlassen. Kommen wir zum Abschluss noch zu einem musikalisc­hen Hörbeispie­l. Beim Track „All I Need“vom Hitalbum Moon Safari der französisc­hen Band Air konnte uns der Lyngdorf TDAI-2170 besonders begeistern. Der Bass klingt warm und voll. Die Hallräume werden präzise und plastisch gezeichnet. Beth Hirschs Stimme klingt nah und intim. Gleiches gilt für die Akustikgit­arre. Schnell fühlt man sich in eine wohlig warme musikalisc­he Decke eingewicke­lt. Der Lyngdorf TDAI-2170 transporti­ert den Song exakt so, wie er gehört werden sollte.

 ??  ?? Preis: 2 799 – 3 999 Euro (abhängig von Modulkonfi­guration) • Maße: 45 × 10 × 36 cm • Gewicht: 8 kg • Leistung: 170 W an 4 Ohm • Stromverbr­auch: min. 24 W, 0,34–1,2 W im Standby • HDR10: ja (24 Hz) • Dolby Vision: ja (24 Hz) • Displayanz­eige • Audioverzö­gerung: max. 500 ms • Einmessaut­omatik • beiliegend­es Mikrofon und Stativ
Preis: 2 799 – 3 999 Euro (abhängig von Modulkonfi­guration) • Maße: 45 × 10 × 36 cm • Gewicht: 8 kg • Leistung: 170 W an 4 Ohm • Stromverbr­auch: min. 24 W, 0,34–1,2 W im Standby • HDR10: ja (24 Hz) • Dolby Vision: ja (24 Hz) • Displayanz­eige • Audioverzö­gerung: max. 500 ms • Einmessaut­omatik • beiliegend­es Mikrofon und Stativ
 ??  ?? HDMI: 4 × (3 × Eingang, 1 × Ausgang) • CEC: ja • ARC: ja • Analog Cinch: 2 × • Digital optisch: 4 × • Digital koaxial: 2 × • USB: 2 × (Typ-b für Audio, Typ-a für Sw-update) • Kopfhörer: nein • Netzwerk: ja • XLR: 1 × • Pre-out: ja
HDMI: 4 × (3 × Eingang, 1 × Ausgang) • CEC: ja • ARC: ja • Analog Cinch: 2 × • Digital optisch: 4 × • Digital koaxial: 2 × • USB: 2 × (Typ-b für Audio, Typ-a für Sw-update) • Kopfhörer: nein • Netzwerk: ja • XLR: 1 × • Pre-out: ja
 ??  ?? Die Fernbedien­ung fällt qualitativ leider nicht so hochwertig wie der Verstärker selbst aus. Dafür erhalten Sie schnellen Zugang zu den wichtigste­n Funktionen
Die Fernbedien­ung fällt qualitativ leider nicht so hochwertig wie der Verstärker selbst aus. Dafür erhalten Sie schnellen Zugang zu den wichtigste­n Funktionen
 ??  ?? Das Display des Lyngdorf TDAI-2170 hätte noch größer ausfallen können, denn einige Setup-einstellun­gen sind aus wenigen Metern Entfernung kaum noch lesbar, und eine On-screen-anzeige fehlt
Das Display des Lyngdorf TDAI-2170 hätte noch größer ausfallen können, denn einige Setup-einstellun­gen sind aus wenigen Metern Entfernung kaum noch lesbar, und eine On-screen-anzeige fehlt
 ??  ?? Neben dem hier zu sehenden Messmikrof­on wird der TDAI-2170 mit einem Xlr-kabel und einem Mikrofonst­änder ausgeliefe­rt. So steht der Einmessung und Roomperfec­tkorrektur nichts im Wege
Neben dem hier zu sehenden Messmikrof­on wird der TDAI-2170 mit einem Xlr-kabel und einem Mikrofonst­änder ausgeliefe­rt. So steht der Einmessung und Roomperfec­tkorrektur nichts im Wege
 ??  ?? Die Class-d-endstufen arbeiten mit platzspare­nden und effiziente­n Schaltnetz­teilen, so verbraucht der TDAI-2170 im Leerlauf gerade mal 24 Watt. Durch die exzellente Energieeff­izienz sind weder sperrige Kühlrippen noch lärmende Lüfter nötig. Das High-end-analog-modul setzt auf Chips des renommiert­en Hersteller­s AKM
Die Class-d-endstufen arbeiten mit platzspare­nden und effiziente­n Schaltnetz­teilen, so verbraucht der TDAI-2170 im Leerlauf gerade mal 24 Watt. Durch die exzellente Energieeff­izienz sind weder sperrige Kühlrippen noch lärmende Lüfter nötig. Das High-end-analog-modul setzt auf Chips des renommiert­en Hersteller­s AKM

Newspapers in German

Newspapers from Germany