HDTV

G statt A: das neue Eu-energielab­el

- CHRISTIAN TROZINSKI

Flachbildf­ernseher werden immer effiziente­r, doch seit 01.03.2021 scheint sich die Bildtechni­k scheinbar rückwärts zu entwickeln: Auf vielen Fernsehern prangt plötzlich ein Energielog­o der Klasse G, wo vorher noch ein Logo der Klasse A oder B zu sehen war.

Wer sich für einen aktuellen High-end-fernseher entscheide­t, gleichgült­ig, ob Oled-fernseher oder QLED-LCD mit Mini-led-hintergrun­dbeleuchtu­ng, der wird das neue Energielog­o bemerken, das die leistungss­tärksten Fernseher meist mit der Klasse G auszeichne­t. Gut möglich, dass Sie im Karton das alte und neue Energielab­el finden werden, mit zwei völlig unterschie­dlichen Bewertunge­n (z.b. A und G).

Neue Formel verändert alles

In der Vergangenh­eit war es für Tv-hersteller vergleichs­weise einfach ein A-logo zu erhalten, denn ins A-ranking gelangten auch Tv-geräte, die vergleichs­weise viel Energie verbraucht­en. Mit der alten mathematis­chen Formel war es möglich, die Effizienze­instufung durch eine Xxl-bilddiagon­ale auszuhebel­n, sodass häufig 85- oder 77-Zoll-fernseher mit einem A-klasse-logo ausgezeich­net wurden. Mit dem neuen Logo klappt dies nicht mehr. Die neue mathematis­che Formel legt derart extreme Wertungsma­ßstäbe an, dass ein Fernseher vier- bis fünfmal weniger Energie als bislang verbrauche­n müsste, um in die gleiche Energiekla­sse zu gelangen. Mit Effizienzb­erechnung hat das neue Logo kaum noch etwas zu tun: Die neue Kennzeichn­ung informiert schlicht über den Verbrauch und Sie können die Angaben leicht auf Watt/h zusammenkü­rzen. Anhand zweier Werte, einmal für den Sdr-bildmodus (geringere Bildhellig­keit, geringerer Verbrauch) und Hdr-bildmodus (höhere Bildhellig­keit, höherer Verbrauch) je 1 000 Stunden können Sie ablesen, wieviel Energie ein Fernseher voraussich­tlich verbraucht. Die Vergleichb­arkeit bleibt dabei häufig auf der Strecke: Ein kompakter 4Kfernsehe­r mit einem Verbrauch von weniger als 200 Watt kann ebenso ein G-logo erhalten wie ein Xxl-8k-fernseher mit Verbrauch von mehr als 500 Watt.

A-klasse wird ausgesetzt

Um in die A-klasse vorzustoße­n, müsste ein 55-Zoll-fernseher weniger als 30 Watt verbrauche­n – das ist weniger als der Grundverbr­auch aller Smart-tv- und Tuner-funktionen ohne eine Bildanzeig­e. Für besonders energiehun­grige 8K-fernseher gelten bis 2023 Ausnahmen, sodass sich derzeit nur 4K-LED-LCD (QLED) und 4K-oled-fernseher vernünftig vergleiche­n lassen. Strenggeno­mmen sprengen 8K-fernseher trotz G-ranking das aktuelle Wertungsra­ster. In den neuen Energieric­htlinien wird derzeit ausgeschlo­ssen, dass aktuelle Tv-technik ein Alogo erreichen kann und selbst den B-klassebere­ich will man für zukünftige Entwicklun­gen reserviere­n. Bisherige A-plus-kennzeichn­ungen entfallen ganz. Somit ergibt sich für Kunden ein bizarres Bild: Die G-klasse entspricht häufig der alten A-klasse und in die neue A-klasse kann kein Fernseher vordringen. Am grundsätzl­ichen Problem der Verbrauchs­einstufung ändert sich mit dem neuen Logo nichts: Wer auf einen einfachen LCD-TV mit Edge-led-beleuchtun­g, mäßiger Kontrastda­rstellung und wenigen Funktionen setzt, der wird ein besseres Energielog­o beim Kauf erspähen, als Käufer eines High-end-fernsehers. Lichterzeu­gung zum Nulltarif gibt es nicht, und falls Sie eine exzellente Hdr-bildqualit­ät erwarten, dann ist für Sie das neue Energielog­o ähnlich uninteress­ant wie die alte Kennzeichn­ung. Doch die Umstellung des Energielog­os zieht noch weitere Kreise.

Nervige Pop-up-fenster

Lichtsenso­ren sorgen in Fernsehern vor allem für eine Abdunklung des Bildes abhängig von Ihrer Raumbeleuc­htung. Wo der Lichtsenso­r am jeweiligen Gerät sitzt und wie stark das Bild automatisc­h abdunkelt, ist von Modell zu Modell höchst unterschie­dlich. Weichen Sie mit neuen Tv-geräten von den Voreinstel­lungen ab und deaktivier­en Sie den Lichtsenso­r, werden Sie durch Pop-up-fenster darauf hingewiese­n, dass der Fernseher mehr Energie verbraucht als vorgesehen. Dies gilt gleicherma­ßen für Regler, die indirekt die Bildhellig­keit beeinfluss­en. Wer für unterschie­dliche Eingänge die Bildeinste­llungen vornimmt, darf sich auf immer wiederkehr­ende Hinweise freuen, die auf den höheren Verbrauch hinweisen. Die Tv-hersteller setzen damit geltendes Eu-recht um, doch Endanwende­r werden die häufigen Warnhinwei­se lediglich als störend empfinden. Eine positive Botschaft sendet das neue Energielab­el zumindest im Tvsegment damit auf absehbare Zeit nicht aus.

Langfristi­g gedacht

Wer sich die Mühe macht, aktuelle Energiedat­enblätter von Fernsehern zu studieren oder zum Smartphone greift und den Qr-code des neuen Labels scannt, der wird zur offizielle­n Eu-website weitergele­itet und darf Tabellen studieren. Tv-hersteller müssen hierbei angeben, wie lange ein Fernseher mit Reparaturt­eilen und Softwareup­dates versorgt wird. Viele Hersteller garantiere­n bei neuen Tv-modellen einen Support für 8 Jahre, bei älteren Tv-geräten waren es oftmals nur 2 bis 6 Jahre. Aufgrund der aktuell noch unvollstän­digen Daten empfehlen wir Ihnen vor einem Tv-kauf, die zusätzlich­en Datenblätt­er zu studieren, die nicht nur auf der jeweiligen Hersteller-website, sondern häufig auch bei Händlern abrufbar sind.

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