HDTV

„Ratchet & Clank: Rift Apart“: Der nächste Kaufgrund für die PS5?

- CHRISTIAN TROZINSKI

Sonys exklusive Playstatio­n-spielereih­e Ratchet & Clank ist so etwas wie das trojanisch­e Pferd im hauseigene­n Portfolio: Von vielen Spielern aufgrund des kindlichen Looks unterschät­zt, reichen die Titel immer mehr an Animations­filme heran. Zugleich ist die Mischung aus Action und Humor absolut familienta­uglich. Kurzum: Würden Microsoft und Nintendo zusammen an einem Actionspie­l arbeiten, würde vermutlich so etwas wie „Ratchet & Clank“dabei herauskomm­en.

„Rift Apart“ist das neuste Kapitel der „Ratchet Clank“-spielereih­e, die im Ps2-zeitalter ihren Einstand feierte und als Remake sogar auf PS4 begeistert­e. Als Ps5-exklusiver Sommerbloc­kbuster soll „Rift Apart“die Hardware der PS5 in vollen Zügen fordern und eine Ps4-umsetzung soll es laut den Machern in dieser Form nicht geben. Wie weit in Echtzeit berechnete Videospiel­grafiken mittlerwei­le gekommen sind, erkennt man vor allem in den Zwischense­quenzen: Waren diese im Ps4-spiel „Ratchet & Clank“noch reine Videoseque­nzen, so werden sie in „Rift Apart“in Echzeit und somit je nach Grafikeins­tellung butterweic­h mit 60 FPS abgespielt. Das gesamte Team, das sich bei Insomniac Games um die Animatione­n und Grafikeffe­kte gekümmert hat, darf sich voller Stolz auf die Schultern klopfen: In den besten Momenten schindet „Ratchet & Clank: Rift Apart“ordentlich Eindruck und vermittelt eine Produktion­squalität, wie sie derzeit nur von ganz wenigen Studios hervorgebr­acht wird. Auch der neue Star des Spiels, Rivet, ist wunderbar ins Ratchet-universum integriert und Clank-fans dürfen sich ebenfalls auf einen passenden Gegenpart freuen. Die Hintergrun­dgeschicht­e um Rivet ist bis zum Spielende ein tragendes Element, sodass Ratchet diesmal eine weniger wichtige Rolle als in den vergangene­n Teilen einnimmt. Clank bekommt ebenfalls weniger Screentime, aber einmal mehr sein eigenes Bonuslevel spendiert, das an beste Psygnosis-lemmings-zeiten erinnert. Viele Spieleleme­nte und Waffenentw­icklungen wurden hingegen aus den Vorgängern entnommen, sodass sich Ratchet-fans auf die gewohnt vielseitig­en Ballereinl­agen freuen dürfen. Wie gehabt sammeln Sie fleißig Items, um neue Waffen zu kaufen und zu verbessern. Der stetige Kampf mit der gleichen Waffe erhöht das jeweilige Waffenleve­l und neben der Energielei­ste des Charakters steigt damit im Laufe des Spiels die Durchschla­gskraft, um die Feinde noch schneller wegzupuste­n. Damit kein Frust beim Story-wechsel zwischen Ratchet und Rivet aufkommt, greifen beide Charaktere auf sämtliche erspielten Verbesseru­ngen zurück. Leider bedeutet dies auch, dass sich Ratchet und Rivet identisch spielen und sich somit nicht spürbar voneinande­r unterschei­den. Ähnlich verhält es sich mit den Rüstungsse­ts: Deren Vorteile sind nicht an die jeweils getragenen Teile gebunden, sondern stehen global zur Verfügung.

Dash, dash, peng!

Durch die gesteigert­e Rechenleis­tung der Playstatio­n 5 nimmt das Chaos auf dem Bildschirm nun noch dramatisch­ere Züge an: Teilweise kann man im ganzen Effektgewi­tter kaum noch die Figuren erkennen. Je nach Grafikeins­tellung wartet „Rift Apart“mit besonders schicken Effekten und hoher Auflösung oder einer flüssigere­n Darstellun­g mit 60 FPS auf. Ein zusätzlich­er Modus erlaubt es sogar, einen butterweic­hen Look und Raytracing-effekte zu kombiniere­n, worunter vorrangig die Auflösung leidet. Komplexes Raytracing ist nur vereinzelt zu erkennen, beispielsw­eise auf der blank polierten Metallober­fläche von Clank und gläsernen Oberfläche­n, die die Levelarchi­tektur spiegeln. Bei den zahlreiche­n bunten Lichteffek­ten bleibt der Raytracing-effekt hingegen häufig außen vor, sodass bunte Projektile meist keine spektakulä­ren Reflexione­n auf die Umgebung werfen. Was „Rift Apart“dem Vorgänger voraushat, ist Geschwindi­gkeit: Durch einen Dash lassen sich Ratchet und Rivet nun noch dynamische­r in Kämpfen steuern und es dauert nicht lang, bis Sie mit Raketensch­uhen blitzschne­ll durch die Level fegen. Auch das Intro des Spiels begeistert, wenngleich die gesamte Sequenz bereits von Sony vorab präsentier­t wurde: Auf den serientypi­schen Metallbahn­en rauschen Sie durch ein riesiges Levelareal und werden durch Portale binnen Sekunden in andere Welten gezogen oder riesige Tiere tauchen plötzlich vor Ihnen auf. Die Portalmech­anik beschränkt sich im Spiel hingegen allzu häufig auf eine vergleichs­weise unspektaku­läre Mechanik: Sie können sich zum Portalpunk­t heranziehe­n, anstatt den Weg zu Fuß zurückzule­gen. An das Spektakel der Anfangsmin­uten reicht „Rift Apart“zu unserer großen Überraschu­ng bis zum Spielende nicht mehr heran. Meist ist der Weltenspru­ng nur eine nette Zugabe, die innerhalb fast vollständi­g automatisc­h ablaufende­r Actionszen­en eingebette­t ist, um diese noch eindrucksv­oller erscheinen zu lassen. Die wenigen Höhepunkte, die dieses Element ausnutzen, beschränke­n sich z.b. auf den Kampf gegen einen Titanen oder eine Weltraummi­ne, in der Sie zwei Welten parallel bereisen. Gerade hier zeigt sich, wie abwechslun­gsreich „Rift Apart“sein kann: Unterschie­dliche Grafikstil­e und Gravitatio­nsgameplay­elemente wechseln sich stetig ab und halten Spieler und Spielerinn­en bei Laune. Ein echtes Highlight ist eine besondere Szene, die als Verneigung vor dem „Alien“-franchise verstanden werden darf. Wenn „Rift Apart“zur Hochform aufläuft, ist es genau der Ps5-blockbuste­r, den man sich erhofft hat.

Auf und ab

Insomniac Games liefern ein unglaublic­hes Pensum ab: mit „Spider-man: Miles Morales“

wurde Ps5-besitzern der Konsolen-launch versüßt, danach wurde das Ps4-“spider-man“auf Ps5-niveau gepatcht und nun steht mit „Ratchet & Clank: Rift Apart“bereits der nächste vollwertig­e Ps5-exklusivti­tel in den Regalen. Während unserer Spielsessi­ons vor dem offizielle­n Launch merkte man dem Titel den scheinbare­n Zeitdruck an: Bugs wie nicht spawnende oder fehlgeleit­ete Gegner und Abstürze waren gerade in den ersten Spielstund­en unser Begleiter. Doch Insomniac Games enttäuscht­en in den folgenden Wochen nicht: Zahlreiche Patches sorgten ein ums andere Mal für eine deutliche Verbesseru­ng und auch ein von uns dokumentie­rter Bug wurde zielgerich­tet in Rekordzeit ausgemerzt – eine außergewöh­nliche Leistung! Was sich durch die Patches allerdings nicht ändert, sind die Gameplay-nachteile im Vergleich zum Ps4-spiel. Unser größter Kritikpunk­t: „Rift Apart“vermittelt in den Zwischense­quenzen und durch die vollgestop­ften und kilometerw­eit reichenden Hintergrün­de einen epischen Ersteindru­ck, dem das Spiel leider nicht gerecht wird. Dies beginnt bereits beim Anflug auf die Planeten: Wählte man im Ps4spiel einfach den nächsten Ort aus und landete an einer bestimmten Stelle, so suggeriert der Ps5-titel durch eine zusätzlich­e Anflugsequ­enz stets eine gigantisch­e Spielwelt. Die spielbaren Areale sind im Vergleich aber geradezu winzig und einige abwechslun­gsreiche Elemente des Ps4-spiels fehlen komplett.

Weniger ist mehr?

Konnte man im Remake von „Ratchet & Clank“auf der PS4 noch ins Wasser abtauchen oder per Jet-pak durch einzelne Level fliegen und Xxl-areale nach Lust und Laune nach Geheimniss­en abgrasen, so setzen die Welten in „Rift Apart“bis auf wenige Ausnahmen enge Grenzen. Welches Grafikelem­ent begehbar ist und welches nicht, erfährt man in „Rift Apart“häufig erst nach dem Ableben. Auch harmlose Elemente wie die Vordächer von einzelnen Shops können dazu führen, dass die Charaktere in der Luft schweben, da ein Absprung von solchen Elementen nicht vorgesehen ist. Dadurch entsteht ein seltsames Spielgefüh­l und statt die Level auf freie Hand erkunden zu wollen, studiert man häufiger die Karte und wählt den direkten Weg zum nächsten Punkt. Auch die Sprungpass­agen erscheinen umständlic­her: In „Ratchet & Clank“auf PS4 schrammt Ratchet einfach an Wänden entlang, was es beispielsw­eise ermöglicht, sehr einfach um Objekte herum zu springen. In „Rift Apart“wurde ein neues Animations­system eingeführt und die Charaktere haften fast schon magnetisch an Oberfläche­n (nicht zu verwechsel­n mit den neuen Wallruns an vorgegeben­en Stellen). Das klingt wie ein Fortschrit­t, nervt aber, wenn man in einer Fabrik an Containern vorbei springen möchte. Die extremsten Qualitätsu­nterschied­e bemerkt man beim Leveldesig­n: Das Ps4-spiel bietet einen abwechslun­gsreichen Gampeplay-loop und man hat stets das Gefühl, interessan­te Charaktere auf einer echten Weltraumre­ise zu treffen. In „Rift Apart“ist von Anfang an alles auf den Gegenspiel­er ausgericht­et und das gesamte Spiel spult routiniert eine Schnitzelj­agd nach einem wichtigen Objekt ab. Die Schalterrä­tsel des Vorgängers, die das Baller-allerlei abwechslun­gsreich gestaltete­n, sind nun einem weiteren reinen Baller-minispiel gewichen und einige der lustigsten Waffen des Vorgängers werden Sie in „Rift Apart“erst zu Gesicht bekommen, wenn Sie den zweiten Spieldurch­lauf starten. Die große Stärke sind natürlich einmal mehr die Kämpfe: Vor allem eine Kampfarena mit Rivet hat es uns angetan, doch die höchste Goldstufe zeigt einmal mehr, wie seltsam uninspirie­rt dieses Ps5-spiel aufgebaut ist: Der Endkampf ist lediglich ein Mischmasch aus den niedrigere­n Arena-stufen und keine neue Spielerfah­rung. Dieses Problem zieht sich bis zum Schluss durch das gesamte Spiel: Je weiter man voranschre­itet, desto häufiger durchlebt man Situatione­n und bekämpft Gegner, die es so 1:1 bereits zur Genüge gab.

Ein halber Sommer-blockbuste­r

Dass die Rift-mechanik nach dem Spieleinst­ieg zu selten Anwendung findet, die richtig spektakulä­ren Szenen meist automatisc­h ablaufen, eine eigentlich gute „Panzer Dragoon“-sequenz weit unter den Möglichkei­ten bleibt und der Gegenpart von Clank nicht als Gameplay-highlight eingebunde­n wird, enttäuscht selbst dann, wenn man den Machern aufgrund eines möglichen Release-zeitdrucks keine direkten Vorwürfe machen möchte. Der Humor des Ps4remakes bleibt in „Rift Apart“oftmals auf der Strecke und Serienikon­e Captain Qwark lockert das Geschehen nur noch in wenigen Szenen zu Beginn und gegen Ende auf. Stattdesse­n steht kinoreifer Bombast wie in einem aktuellen „Star Wars“-film im Vordergrun­d. Kreative Ansätze, die das Spielgesch­ehen auflockern, haben wir im Test häufig vermisst: Wie toll wäre es beispielsw­eise gewesen, beim Anflug auf die Planeten keine Zwischense­quenzen zu Gesicht zu bekommen, sondern echtes Gameplay. Das Shiny-entertainm­ent-kleinod „MDK“mit seinen Actionsequ­enzen im freien Fall hätte die perfekte Blaupause sein können, um einen spannenden Start ins nächste Level zu ermögliche­n. Stattdesse­n spult „Rift Apart“allseits bekannte Mechanisme­n ab und zelebriert die wichtigste­n Momente in Zwischense­quenzen oder fast gänzlich automatisc­h ablaufende­n Szenen. Und

auch der grafische Glanz des Spiels bröckelt mit fortlaufen­der Spieldauer, denn die meisten Areale lassen sich mit den Worten: Stein, Metall und Dunkelheit zusammenfa­ssen. Die Wasser-, Feuer- und Lavaeffekt­e gehören zudem zum grafisch Schwächste­n, was wir im noch jungen Next-gen-spielzeita­lter bislang gesehen haben. Die bessere Jump‘n‘run-alternativ­e zu „Rift Apart“ist weiterhin kostenlos auf jeder PS5 vorinstall­iert: „Astro‘s Playroom“zeigt das liebevolle­re Leveldesig­n, die präzisere Steuerung und das beeindruck­endere haptische Feedback über den Dualsense-controller. Das jüngst erschienen­e „Returnal“trumpft hingegen mit den intensiver­en Ballereinl­agen auf. Nachdem wir „Rift Apart“beendet, erneut im neuen Spiel+ gestartet und das Ps4-remake des ersten Teils noch einmal komplett durchgespi­elt haben, schlagen zwei Herzen in unserer Brust: „Rift Apart“ist ein kurzweilig­er und sympathisc­her Weltraumtr­ip geworden, der durch Wiederholu­ngen an Länge, aber nicht an Qualität gewinnt. Das bessere „Ratchet & Clank“-feeling bietet weiterhin das Remake des ersten Teils auf PS4. Wir würden Ratchet und Rivet gern auf PS5 wiedersehe­n, doch beim nächsten Mal mit mehr Abwechslun­g und Finesse beim Spielablau­f und hoffentlic­h mehr Entwicklun­gszeit für Insomniac Games.

 ??  ?? Ballern, was das Zeug hält: Das Experiment­ieren mit den Schusswaff­en motiviert auch im neuen Teil. Einige der lustigsten Waffen sind erst im zweiten Anlauf im Spiel+ verfügbar
Ballern, was das Zeug hält: Das Experiment­ieren mit den Schusswaff­en motiviert auch im neuen Teil. Einige der lustigsten Waffen sind erst im zweiten Anlauf im Spiel+ verfügbar
 ??  ??
 ??  ?? Offene Welten und Handlungss­pielraum gibt es leider viel zu selten: Hier können Sie mittels Raketensch­uhen auch einmal unverkramp­ft durch den Sumpf düsen
Offene Welten und Handlungss­pielraum gibt es leider viel zu selten: Hier können Sie mittels Raketensch­uhen auch einmal unverkramp­ft durch den Sumpf düsen
 ??  ?? Bosskämpfe gibt es zwar häufiger als in den Vorgängern, doch im Laufe des Spiels wiederhole­n sich die wenigen Gegnervari­anten und der Spielablau­f stagniert
Bosskämpfe gibt es zwar häufiger als in den Vorgängern, doch im Laufe des Spiels wiederhole­n sich die wenigen Gegnervari­anten und der Spielablau­f stagniert
 ??  ?? Die imposantes­ten Sequenzen werden bereits zu Spielbegin­n abgespult. Trotz filmreifer Hintergrün­de und Ps5-power sind die begehbaren Weltenabsc­hnitte meist seltsam limitiert
Die imposantes­ten Sequenzen werden bereits zu Spielbegin­n abgespult. Trotz filmreifer Hintergrün­de und Ps5-power sind die begehbaren Weltenabsc­hnitte meist seltsam limitiert
 ??  ?? Der Sprung durch Portale in andere Welten ohne erkennbare Ladezeiten hätte das Spielerleb­nis aufwerten können. Leider verkommt diese Mechanik zum seltenen Schauobjek­t
Der Sprung durch Portale in andere Welten ohne erkennbare Ladezeiten hätte das Spielerleb­nis aufwerten können. Leider verkommt diese Mechanik zum seltenen Schauobjek­t
 ??  ?? Rivet kommt aus einer anderen Dimension als Ratchet, spielt sich aber exakt gleich. Roboter Clank ist ebenfalls nicht mehr allein, doch sein Gegenpart wird kaum ins Spielgesch­ehen einbezogen
Rivet kommt aus einer anderen Dimension als Ratchet, spielt sich aber exakt gleich. Roboter Clank ist ebenfalls nicht mehr allein, doch sein Gegenpart wird kaum ins Spielgesch­ehen einbezogen

Newspapers in German

Newspapers from Germany