Filmklassiker auf Uhd-blu-ray: Analoge Filmaufnahmen in Hdr-qualität
Für die meisten Zuschauer ist es einer der schönsten Fantasy-filme aller Zeiten, für den Autoren Michael Ende war es hingegen ein übles Debakel, da der Film sein Werk verriet und ihm unlogisch erschien. Nach fast 40 Jahren erscheint Wolfgang Petersens 60 Millionen DM schwerer Kultfilm in ungeahntem Glanz auf Uhd-blu-ray, sodass daraus tatsächlich eine unendlich zeitlose Geschichte geworden ist.
Wenn ein Schriftsteller wie Michael Ende eine dermaßen umfassende Welt wie Phantasien erschafft, so hat er ein klares, individuelles Bild vor Augen und durchstreift in seiner eigenen Fantasie das „gräserne Meer“, den „Haulewald“, die „Sümpfe der Traurigkeit“und die „Wüste der Farben“mit seiner puren Vorstellungskraft. Das ist es auch, was Endes Roman „Die unendliche Geschichte“thematisiert: Jedes Individuum baut sich sein eigenes Phantasien und stellt es sich möglicherweise komplett anders vor, als alle anderen Leser des Buches. Für diesen Individual-ansatz ist das Medium Film logischerweise nicht geeignet. Es visualisiert den im Buch beschriebenen Ort und legt damit dessen Aussehen für sämtliche Betrachter fest. Das was der griesgrämige Antiquar Koreander als „Piep Piep Piep“abtut, findet in diesem Medium statt, weshalb Petersens Film faktisch ein Widerspruch in sich ist.
Zeitloses Meisterwerk
Begeht man deshalb einen Fehler, sich den Streifen anzuschauen? Natürlich nicht! Er hinterlässt lediglich einen anderen Eindruck als das Buch und zeigt zudem auch nur einen kleinen Teil des kompletten Romans, wobei die späteren beiden
Filmfortsetzungen – wenn überhaupt – bedeutend weniger auf das Ursprungswerk eingehen. Petersens Ansatz lässt sich also mit Abstand als bester Versuch sehen, Michael Endes unverfilmbarem Roman gerecht zu werden. Und wer den gut findet (was er in unseren Augen auch ist), wird den Roman umso mehr lieben. Ende verlor jedenfalls seine gerichtliche Klage gegen die Neue Constantin, sodass der Streifen vom sich distanzierenden Autoren unbehelligt blieb und er zukünftig die Beine still halten würde. Seinen Standpunkt, dass vieles kommerzialisiert sei, teilte man zwar während der energieraubenden Verhandlungen, jedoch müssten auch die enormen Kosten gedeckt werden, weshalb dieses Vorgehen durchaus legitim sei. Die Diskrepanz entstand damals, weil Helmut Dietl aus dem Projekt ausstieg, Wolfgang Petersen die Regie übernahm und versuchte, mit dem Aurtoren Michael Ende ein dem Roman zuträglicheres Drehbuch zu schaffen. Produzent Bernd Eichinger schaute hingegen auf das enorme Kostenrisiko, welches einen Großteil des Kapitals der Neuen Constantin sowie mehrere Kredite an sich band. Deshalb verwundert es nicht, dass insbesondere der lukrative amerikanische Markt als Zielgruppe anvisiert wurde. Der Aufwand, der dafür betrieben wurde, war nicht nur für den Projektleiter, Effektlegende Brian Johnson („Alien“, „Star Wars“), eine echte Herausforderung, schließlich mussten in den Bavaria Filmstudios sämtliche Kulissen und Animatronic-figuren real geschaffen werden. Einige Effekte übernahm zudem das Studio Babelsberg in Potsdam.
Legendäre Effekte
Betrachtet man den Film aus heutiger Perspektive, ist es einfach unglaublich, was die Filmschaffenden da in den 1980er Jahren ganz ohne computergenerierte Effekte erschaffen haben. Die Illusion ist trotz einiger statischer Matte Paintings nahezu perfekt, die Fantasyatmosphäre absolut dicht, die
Musik liebt heutzutage jeder, die darstellerische Qualität der Jungschauspieler ist fantastisch und die Geschichte ist gehaltvoller als das meiste, was heutzutage im Fantasy-bereich veröffentlicht wird. Die doppelte Ebene mit dem Buch stehlenden Bastian und dem auf Abenteuer-fahrt befindlichen Atréju wurde brillant miteinander verwoben und regt zum Nachdenken an. Das Ende der Erzählung ist rund und lässt genügend Freiraum, damit Zuschauer ihre eigene Fantasiewelt gestalten können. Letztendlich werden der Fantasie auch im Film keine Grenzen gesetzt und Sie werden Limahls großartigem Song „Never Ending Story“(der für die Us-version geschaffen, später aber auch in der europäischen Fassung übernommen wurde) so schnell nicht mehr aus dem Kopf bekommen.
Filmversionen
Schon 2019 erschienen zwei Blu-ray-mediabookvarianten, die „Die unendliche Geschichte“vom Original-filmmaterial abgescant und „Remastered in 4K“anboten, allerdings in heruntergerechneter 2K-auflösung. Zuvor wurde 2012 das letzte Mal die restaurative Hand an den Klassiker gelegt. Und davor gab es nur die gekürzte Us-fassung (ca. 94 Min.), die zudem an ein
paar Stellen anders geschnitten war. So wurden in der ersten Szene des Elfenbeinturms mehr Nahaufnahmen der unterschiedlichen versammelten Wesen gezeigt. Dort war die Farbkorrektur noch anders, sodass ebenjene Szene komplett in orangenes Sonnenuntergangslicht getaucht war. Das Filmkorn war deutlicher, das Schwarz sehr tief und es gab gelegentlich Verschiebungen bei der Tonspur (z.b. 20. Min.). All das hat man bei der digital restaurierten 2012er Langfassung (ca. 111 Min.) korrigiert, wobei man es mit der Rauschfilterung streckenweise zu gut meinte. Das Bild wurde zwar schärfer und heller, dafür kam aber ein häufig blasser Schwarzwert hinzu, der besonders gut in dunkleren Szenen wie dem Dachboden der Schule oder in Korianders Laden zu sehen war. 2021 gibt es jetzt die neueste 4K-überarbeitung zu bestaunen und die ist endlich so gelungen, wie es sein sollte: In echter 4K-qualität und mit erweitertem Kontrastumfang sowie Farbraum. Bis auf Szenen mit Effekten aus der Postproduktion und die Matte-painting-kompositionen ist die Schärfe der Bilder überraschend hoch. Szenen wie die Aurin-übergabe (30. Min.) erreichen sogar Referenz-niveau. Der Schwarzwert ist zu jeder Zeit tief, sodass nur noch Morlas „Sümpfe der Traurigkeit“vernebelt erscheinen. Besonders deutlich wird der kontrastive Unterschied, wenn man den Himmel in der Alltagswelt (6. Min.) betrachtet, der auf der 2012erblu-ray in überbeleuchtetem Fast-weiß erstrahlt, während die Uhd-scheibe einen blauen, bewölkten Himmel zeigt. Auf diese Weise sind auch Bastians Sommersprossen besser erkennbar, Hauttexturen und Haare sind stärker abgegrenzt, die Farbtöne sind satter und überhaupt wirkt das Bild noch natürlicher von der Farbwiedergabe her. Spitzenlichter sind strahlend hell, wodurch interessante Effekte bei den Toren oder auch beim Elfenbeinturm der kindlichen Kaiserin entstehen. Im Audiosektor sind die Tonspuren (DTS-HD HR 5.1, DD 2.0) übrigens gleich geblieben. Unterm Strich vereint das neue 4K-master also sämtliche guten Eigenschaften der vorhergehenden 2012er-blu-ray-version und bessert deren doch sehr präsente Fehler komplett aus. Da die alte Blu-ray der Uhd-scheibe beiliegt, entsprechen die Extras denen der Vorgänger-version. Schade, dass hier die filmhistorisch sehr interessante 1984er-doku „60 Millionen für Phantasien“(ca. 43 Min.) der 2011er-blu-ray-fassung fehlt.