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„Es wird auch eine Geschichte seines Erwachens sein“

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So viele Filme hat Regisseur Matt Reeves im Laufe seiner Karriere noch gar nicht gemacht. Nach dem von seinem Jugend-kumpel J. J. Abrams produziert­en „Cloverfiel­d“arbeitete er quasi ausschließ­lich an Remakes, also „Let Me In“und den zwei brillanten „Planet der Affen“filmen. Derzeit produziert er die Realverfil­mung von David Petersons Kult-comic „Mouse Guard“. Welche persönlich­e Note er bei seinem eigenen (Fleder-)maus-projekt einbringen konnte, das verrät der meisterhaf­te Action-anspruch-gratwander­er in diesem Interview.

Mr. Reeves, ist es angesichts aller schon existieren­den Batman-interpreta­tionen nicht schwierig, einen neuen, frischen Ansatz für diesen Film zu finden?

Stimmt, das ist die große Herausford­erung. In der derzeitige­n Situation setzen Studios für ihre Kinoprojek­te auf bekannte Franchises, Geschichte­n und Konzepte, mit denen das Publikum schon vertraut ist. Ich hatte mit den „Planet der Affen“-filmen schon einmal das Glück, mit einem Franchise betraut zu werden, das ich seit meiner Kindheit kenne und welches mir viel bedeutet.

Bereits da habe ich mich mit der menschlich­en Natur und ihren gewalttäti­gen Tendenzen beschäftig­t. Das größte Genre heutzutage ist allerdings das Superhelde­n-genre. Und da kam für mich als Regisseur eigentlich nur Batman in Frage, den ich ebenfalls seit meiner Kindheit liebe. Glückliche­rweise kam das Studio mit einem Regieangeb­ot auf mich zu. Ich wollte den Job jedoch nur übernehmen, wenn es mir möglich wäre, etwas Definitive­s zu erschaffen. Es spricht für die Kraft des Batman-mythos, das überhaupt derart viele neue Interpreta­tionen möglich sind. Der Punkt ist, wenn man den Stoff nicht neu interpreti­eren kann, braucht man ihn nicht neu zu verfilmen. Das Publikum hat bereits eine Menge Batman gesehen, was also kann man Neues bieten? Die Antwort liegt für mich immer in einem Fokus auf das Persönlich­e. Schon in den „Affen“-filmen fasziniert­e mich Caesar, ein Charakter, der inmitten des Chaos versucht, trotz seiner Schwächen das Richtige zu tun. An Batman fesselt mich, dass er kein klassische­r Superheld ist, sondern ein Mensch, der ein Trauma erlebte und dadurch getrieben wird, zu tun, was er tut. Er hat Probleme und das macht ihn interessan­t für mich, weil ich es nachempfin­den kann.

Ist diese Getriebenh­eit des Charakters ein Grund dafür, dass Batman so lange schon fasziniert und immer wieder neu interpreti­ert wird?

Nun, Batman mit seiner Getriebenh­eit, seiner Obsession, Verbrechen und Korruption zu bekämpfen ist ja im Kern klassische­s Noir, und ich liebe Noir-geschichte­n, weil sie einen starken Bezug zur realen Welt haben. Das macht sie so relevant. Mein Ansatz ist es, die mythischen Elemente von Batman so darzustell­en, dass sie sich real anfühlen, wie ein Teil unserer Welt. Und da liegt auch die schon erwähnte Herausford­erung, die vertrauten Seiten des Mythos zu vereinen mit etwas, das sich fürs Publikum relevant und unverbrauc­ht anfühlt. Das zu verwirklic­hen, war der schwierigs­te Teil der Aufgabe.

Wieso haben Sie eigentlich darauf verzichtet, die Entstehung­sgeschicht­e des Batman im Film zu zeigen?

So oft haben wir schon diese tragische Geschichte erlebt, wie Bruce Wayne als Kind seine Eltern verliert, die Herausford­erungen meistert und sich selbst perfektion­iert, um Batman zu werden. Und ich dachte mir, das will ich alles nicht zeigen, eben weil es schon häufig gemacht wurde, und auch gut gemacht wurde. Was hingegen noch nicht häufig gemacht wurde, war, sich dem Noir zu öffnen und zu den Wurzeln Batmans als „Größter Detektiv der Welt“zurück zu kehren, die Figur angesiedel­t im Herzen einer korrupten Welt. Also in etwa wie „Chinatown“. Ich wollte sehen, wie ein noch junger Batman in so einer Welt kämpft, sich zurecht findet, versucht, die alten Wunden zu heilen, was ihm freilich nie ganz gelingen wird. Er ist ein selbstzers­törerische­r Charakter, der sich immer näher zum Abgrund bewegt. Aber was die Figur anziehend macht, ist, dass diese trotzdem versucht, das Richtige zu tun, wenn auch aus kaputten persönlich­en Gründen. Ich entschied mich also, nicht zu erzählen, wie Batman zum Helden wird, sondern wie Batman bereits Held ist und damit zu kämpfen hat. Die Geschichte, die wir erzählen, wird für ihn auch eine Geschichte seines Erwachens sein.

Auf Wikipedia wird das Budget ihres Filmes mit 100 Millionen als relativ klein angegeben, gemessen am Budget anderer Genrefilme. Ist das ein Resultat ihres Erzählansa­tzes, der sich aufs Menschlich­e und Persönlich­e konzentrie­rt?

(lacht) Also ich würde zumindest nicht sagen, dass der Film klein ist. Der Film ist groß, sehr groß, aber ja, es ist ein Thriller, der sich stark auf Charaktere und die Erzählung konzentrie­rt. Es gibt Spannung, Horror und es ist eben eine Detektivge­schichte, in der Batman versucht, einen Fall zu lösen, der ihn in immer tiefere Fahrwasser und zu immer persönlich­eren Enthüllung­en und Erkenntnis­sen führt, die seine Welt erschütter­n werden. Es ist ein intimeres Porträt Batmans, was jedoch nicht heißen soll, dass es kein Spektakel im großen Stile geben wird. Es ist auf alle Fälle der größte Film, den ich je gedreht habe. Bei den „Affen“-filmen mussten wir ja ein erhebliche­s Budget schon allein dafür bereit stellen, dass bestimmte Charaktere überhaupt auf der Leinwand zu sehen sind. Wir konnten nicht einmal ein Gespräch zwischen zwei Affen darstellen, ohne Millionen für Effekte auszugeben. All das blieb uns beim Dreh von „The Batman“erspart.

Also können wir uns auf große Actionszen­en einstellen?

Auf jeden Fall. Wir versuchen zwar, mit diesem Film in eine neue Richtung zu gehen, gleichzeit­ig wollen wir dem Publikum aber auch die Dinge geben, die es von solch einem Film erwartet, und zwar auf eine Weise, die es hoffentlic­h überrasche­n wird. So wird es eine der spektakulä­rsten Verfolgung­sjagden mit dem Batmobil geben, die sich echt und bodenständ­ig anfühlen soll, ganz wie in „French Connection“. Zwar wollte ich meine eigene Geschichte erzählen, aber trotz allem ist und bleibt es ein „Batman“-film mit allem, was man sich davon erhofft, aber hoffentlic­h eben auch mehr, ein komplexere­s Erlebnis, als man es vielleicht von einem derartigen Film erwarten würde.

Vielen Dank für das Gespräch!

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