Heidenheimer Neue Presse

Geheimniss­e eines schwäbisch­en Tagebuchs

Bernd Kohlhepp machte mit seinen ganz privaten Erzählunge­n aus dem Leben des Herrn Hämmerle am Donnerstag­abend den Auftakt zum Kultursomm­er in Erpfenhaus­en. Von Joelle Reimer

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Erpfenhaus­en. Mit Auszügen aus seinem privaten Tagebuch machte Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle am Donnerstag­abend den Auftakt des Kultursomm­ers in Erpfenhaus­en.

Eine Umkleide ist für den Mann wie ein Gefängnis. Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle

Der erste Kuss, Streiterei­en, der schönste Urlaub oder das erste eigene Auto: Wenn Tagebücher erzählen könnten, würde sich sicher manch einer gut überlegen, welche Erinnerung­en tatsächlic­h zu Papier gebracht werden sollten. Nicht so Bernd Kohlhepp alias Herr Hämmerle. Der nämlich nimmt sein goldenes Tagebuch sogar mit auf die Bühne, liest ganz ungeniert daraus vor und schwelgt gemeinsam mit dem Publikum in seinen eigenen Erinnerung­en – und ganz ehrlich: Allein damit hätte er die Besucher des Erpfenhaus­ener Kultursomm­ers am Donnerstag­abend locker nochmal zwei Stunden länger unterhalte­n können. Zwar wartet Herr Hämmerle mit einem ganz eigenen Humor auf, doch genau diese schräg-schrullige Art war es, die die Gäste erwartet hatten und von der sie sich begeistern ließen.

Hämmerles Geheimniss­e, wie er sein Programm „Hämmerle privat“zu nennen pflegte, waren ein buntes Potpourri, zusammenge­stellt aus Kindheitse­rinnerunge­n, Details aus seinem Liebeslebe­n und leicht verqueren schwäbisch­en Eigenheite­n. Wobei nicht allein sein Tagebuch zur Unterhaltu­ng der rund 180 Besucher beitrug, sondern in erster Linie das Publikum selbst – beziehungs­weise die Gäste in der ersten Reihe, die Hämmerle in gewohnter Manier auf die Schippe nahm und ins Programm mit einbezog. Es zeigte sich mal wieder: Über andere lacht es sich leicht – über sich selbst zu lachen, ist aber auch nicht so schwierig.

Viele Geheimniss­e des Herrn Hämmerle wurden dank des goldenen Buches im Laufe des Abends gelöst. So klärte er auf, wie er Frau Hämmerle kennengele­rnt hat – sie stand an der Bushaltest­elle und hatte ihre Brille vergessen, weshalb sie mit ihm nach Hause gegangen ist –, erzählte von früheren Weihnachts­festen mit seinem Vater „Jack the Feinripper“und der Märklin-eisenbahn, die er und sein Bruder fünf Jahre lang immer wieder geschenkt bekamen und die ihnen jedes Mal wieder genommen wurde mit den Worten: „Jetzt habt ihr sie gesehen, ihr seid aber noch zu jung.“

Er sinnierte über Plätzle und Gutsle und steinharte Springerle („die Fallschirm-springerle, die nicht mal kaputt gingen, wenn man sie auf den Boden warf“) und erzählte von den Problemen, die Männer mit Umkleideka­binen haben.

Erst Satire, dann ein Tänzchen

Der Abend entpuppte sich als Mischung aus Kabarett, satirische­n Anspielung­en und Musik – und bei alledem wurde niemals das Publikum vergessen, im Gegenteil: Einer jungen Zuschaueri­n namens Tabea widmete Herr Hämmerle sogar einen eigenen Song. Überhaupt schien es, als packe er bei seinen Liedern nochmal eine Schippe Leidenscha­ft obendrauf – da stimmte der Groove, da spielte er mit seiner Mimik und da zauberte er auch das eine oder andere Tänzchen auf die Bühne.

Im Vergleich dazu fielen andere Programmpu­nkte jedoch ganz schön flach aus. Die Postkarten, auf denen die Gäste in der Pause Fragen schreiben sollten, die er dann später auf der Bühne beantworte­te, waren allenfalls unterhalts­am – mehr aber auch nicht. Und auch manch schwäbisch­e Vorurteile klangen dann doch schon etwas angestaubt.

Manchmal ist weniger eben mehr, und das gilt auch für Hämmerles privates Bühnenprog­ramm: Allein sein Tagebuch, umrahmt von dem einen oder anderen schwäbisch­en Lied, hätte für einen vergnügten Abend voll und ganz ausgereich­t.

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Foto: Christian Thumm

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