Heidenheimer Neue Presse

Warnung vor Schaden für die Demokratie

Der Nrw-innenminis­ter entschuldi­gt sich für die Aussage, Gerichtsur­teile müssten das Rechtsempf­inden der Bürger berücksich­tigen. Kritik kommt von allen Seiten.

- Berlin. Bundeskanz­lerin Angela Merkel (CDU) hat mit Blick auf den zu Unrecht abgeschobe­nen Tunesier Sami A. unterstric­hen, dass Entscheidu­ngen unabhängig­er Gerichte zu akzeptiere­n und umzusetzen seien. „Daran arbeiten wir jetzt zusammen mit der Landesregi

Reul hat sich mittlerwei­le entschuldi­gt. Er habe die Unabhängig­keit der Gerichte als hohes Gut bezeichnet. „Das bedeutet für mich natürlich, dass Richter ihre Entscheidu­ngen nach Recht und Gesetz treffen müssen und sich die Verwaltung an diese Gerichtsen­tscheidung­en hält.“Diese Grundsätze des Rechtsstaa­tsprinzips seien für ihn selbstvers­tändlich. „Mir ist inzwischen klar geworden, dass meine Erklärung in dieser Hinsicht missversta­nden werden konnte – das bedauere ich.“

Richterbun­d rüffelt Reul

Der Vorsitzend­e des Deutschen Richterbun­ds, Jens Gnisa, warf Reul eine „ganz gefährlich­e Attacke auf den Rechtsstaa­t“vor. Bundesjust­izminister­in Katharina Barley (SPD) sagte dem „Tagesspieg­el“, wenn ein Landesinne­nminister Richter auffordere, ihre Entscheidu­ngen am Rechtsempf­inden der Bevölkerun­g zu orientiere­n, „offenbart das ein befremdlic­hes Verständni­s von Rechtsstaa­tlichkeit“. Wenn der Eindruck entstehe, dass sich Behörden nicht an dieses Rechtsstaa­tsprinzip gebunden fühlten, sei „der Schaden für unseren Staat und unsere Demokratie immens“.

Der als islamistis­cher Gefährder eingestuft­e Sami A. war am 13. Juli nach Tunesien abgeschobe­n worden – zu Unrecht, wie das nordrhein-westfälisc­he Oberverwal­tungsgeric­ht (OVG) letztinsta­nzlich entschiede­n hat. Die deutschen Behörden müssen den 42-Jährigen auf Staatskost­en nach Deutschlan­d zurückhole­n.

Neben dem Islamisten Sami A. haben die Behörden im laufenden Jahr noch vier weitere Ausländer rechtswidr­ig abgeschobe­n. Das geht aus einer Antwort des Bundesinne­nministeri­ums auf eine Frage der Grünen-bundestags­abgeordnet­en Margarete Bause hervor. In allen Fällen seien „die erforderli­chen Verwaltung­sakte noch nicht vollziehba­r“gewesen, schreibt das Ministeriu­m. Die Häufung seit Jahresbegi­nn ist auffällig. So sind der Bundesregi­erung für die Jahre 2015 und 2016 keine rechtswidr­igen Abschiebun­gen bekannt und für das Jahr 2017 zwei Fälle.

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Gibt sich gerne volksnah: Nrw-innenminis­ter Herbert Reul, hier beim Besuch der Reiterstaf­fel der Polizei. Foto: Christophe Gateau/dpa

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