Heidenheimer Neue Presse

Liebe Pingeligke­it,

- Carolin Wöhrle

Du bist nicht unbedingt eine erstrebens­werte Charaktere­igenschaft. Das ist uns bewusst. Aber manchmal können selbst wir Schwaben, die ja überhaupt nicht (ü-ber-haupt nicht!) für ihre Pingeligke­it bekannt sind, nicht anders. Zum Beispiel, wenn’s um die Heimat geht. In unserem Fall etwa um Heidenheim.

Oh, Du schönes Heidenheim. Du bist offenbar so schön, dass Du sogar als Ausflugsti­pp in einem Buch namens „Im Geopark Schwäbisch­e Alb – Die schönsten Ausflugszi­ele für Familien“auftauchst. Hach, darauf kann man sich doch mal ordentlich was einbilden, oder? Schauen wir uns also an, was da so zu Heidenheim frohlockt und erzählt wird: Es gibt hier die Heidenschm­iede, einen Felsvorspr­ung unter dem vor Tausenden Jahren Neandertal­er Rast gemacht hatten. Das ist schon mal korrekt.

Was noch? Dieser Felsvorspr­ung liegt unterhalb von „Burg Hellenstei­n“. Wie bitte?

„BURG Hellenstei­n“?

Das ist ja wohl eine Unver . . . Nein, wir wollen nicht pingelig sein. Da hat sich einfach jemand verschrieb­en. Kann vorkommen. Um’s klarzustel­len: Es heißt Schloss Hellenstei­n, ja? Danke.

Was steht denn da noch? Ach ja, was zur Knöpfleswä­scherin, unserer Heidenheim­er Nationalhe­ldin. „Die junge Hausfrau hatte dem Liebsten eine Freude machen wollen“, heißt es da im Büchlein über die Sage von der heldenhaft­en Hausfrau. Und weiter: „So trug sie ihm Heidenheim­s Nationalge­richt – mit viel Soße angemachte HefeKlösch­en...“

WIE BITTE? HEFE-KLÖSCHEN?

Steht da tatsächlic­h. KLÖSCHEN??

Jetzt reicht’s! Pingeligke­it hin oder her, aber das kann ein Schwabe nun wirklich nicht auf sich sitzen lassen: Dass seine wunderschö­nen, großen Hefeknöpfl­e als Klöschen diffamiert werden, ist ja wohl wirklich eine bodenlose Frechheit. Das hat nichts mehr mit Dir zu tun, liebe Pingeligke­it. Das ist eine Frage der Ehre.

Aber Du liest das ja eh nicht.

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