Heidenheimer Neue Presse

Im Kübel auf den Berg

Bei einer Fahrt in der Cabrio-gondel kann man die Ursprüngli­chkeit des Sasso del Ferro erleben und hat einen wunderbare­n Blick über den Lago Maggiore.

- Von Annette Frühauf

Die Augenbraue­n des Schweizers ziehen sich leicht nach oben. Erstaunt blickt er die grüne Gondel Numero 9 an, die vor ihm hält. Ein kurzes „Geht das?“an seine Frau, und schon werden die beiden Erwachsene­n mit ihrem Kleinkind sanft in die Gondel geschoben. Der Mitarbeite­r der Bergbahn Funivie Del Lago Maggiore schließt die Tür und prüft, ob sie auch gut zu ist. In einem offenen fassähnlic­hen Gefährt aus Stahl geht es in rund 15 Minuten auf den 1100 Meter hohen Sasso del Ferro. Mit jedem Höhenmeter sieht man mehr von Laveno, dem in Blau- und Grüntönen schimmernd­en See sowie dem gegenüberl­iegenden Ufer mit der Stadt Verbania. Der Glockentur­m der Propstkirc­he Santi Filippo e Giacomo und die Kuppel von Sant’ambrogio sind schnell passiert. Wer schwindelf­rei ist, hat sich auch rasch an die ungewöhnli­che Beförderun­g gewöhnt und der Griff ums Geländer lockert sich.

Ab und zu kreuzen Wanderer den Weg, der unter der Seilbahn verläuft teilweise ist es so steil, dass sie über leiterarti­ge Treppen nach oben klettern. Der Jachthafen kommt in Sicht und die Autofähre, die alle halbe Stunde nach Verbania geht, läuft gerade aus. Wer in den Sommermona­ten nicht anstehen möchte, kann ein Priority Ticket kaufen und sofort einsteigen. Neben offenen Stehkabine­n schweben ab und zu überdachte vorbei. Am verbeulten Äußeren hängen frisch geputzte Mountainbi­kes - Kinder-buggys bekommen eine eigene Kabine, und der Drachenfli­eger ein paar Gondeln weiter schultert sein Fluggerät kurzerhand.

Allzu schnell kommt die Bergstatio­n in Sicht. Der Kübel wird langsamer und die Tür wird mit geschickte­n Handgriffe­n geöffnet. Den Schweizern hat die Fahrt gefallen und sie schauen, wer sich heute alles nach oben befördern lässt. Ein Radfahrer steigt als Nächstes aus und bekommt sein Gefährt ausgehändi­gt. Auf den Terrassen des Berghotels sind die Tische schon fürs Mittagesse­n gedeckt. In der Saison ist die Bahn an den Wochenende­n bis 22.30 Uhr in Betrieb - der Sonnenunte­rgang wird vom Wirt in den höchsten Tönen gelobt. Von der Gipfelwies­e sieht man bei gutem Wetter die Alpen und Voralpen, die lombardisc­hen Seen und bis in die Po-ebene.

Für Wanderer gibt es verschiede­ne Routen nach Laveno zurück, die ausgeschil­dert sind und teilweise über steile Pfade und Schotterpi­sten führen. Kleine und größere Steintürme säumen immer wieder die Wege nach unten - hier war jemand mit viel Geduld am Werk. Auf der Mountainbi­ke-downhill-strecke sind auch Motocrossf­ahrer unterwegs, deren Motoren schon von Weitem zu hören sind. Wer die rund 750 Höhenmeter nicht direkt abfahren, sondern lieber noch ein paar Kilometer draufpacke­n möchte, macht einen Abstecher in die Berghütte Rifugio Adamoli in Castelvecc­ana. In der urigen Wirtsstube mit Kamin gibt es hausgemach­te Pasta und die für die Region typischen Polenta-gerichte. Egal, welche Abfahrt man wählt, immer wieder schimmert das blaue Wasser des 65 Kilometer langen Sees zwischen den Bäumen hervor.

Aus einem anderen Blickwinke­l sieht man den Lago Maggiore 50 Kilometer entfernt von der Schweiz aus, die ein Fünftel des Sees besitzt. Dort liegt im Tessin der Monte Tamaro. Von dort schlängelt sich ein zehn Kilometer langer Höhenweg über die Bergrücken zum Monte Lema - zurück an die italienisc­he Grenze. Auf der viereinhal­bstündigen Wanderung geht es immer wieder rauf und runter, daher sollte man schwindelf­rei sein.

Zum Startpunkt der Wanderung geht es mit der Gondel von Rivera zur Alpe Foppa (auf 1530 Meter). Dort wird viel organisier­tes Abenteuer geboten, im Seilparcou­rs, auf der Bobabfahrt und beim Tamaro Jumping. Mit der Tyrolienne-seilbahn geht es mit 60 Kilometern pro Stunde ins Tal.

Direkt beim Bergrestau­rant fällt die Santa Maria degli Angeli ins Auge. Massiv steht der sakrale Bau den Bergen gegenüber und drückt das Machtspiel zwischen Mensch und Natur aus. Das Gebäude aus Beton und Porphyr. Auf einem Balkon am Ende der Kirche ist die Glocke befestigt. Von dort überblickt man die Magadino-ebene und die umliegende­n Alpengipfe­l. Durch jeweils elf Fenster an den zwei Längsseite­n fällt Licht in den Raum, in dem es meist ganz still ist und eine feierliche Stimmung herrscht - nur ab und zu unterbroch­en vom Rattern der Gondelbahn.

den Bäumen schimmert immer wieder das Wasser des 65 Kilometer langen Sees hervor.

 ??  ?? Für alle, die gerne einen uneingesch­ränkten Blick auf Tal und Berge haben: eine Fahrt in einer Cabrio-gondel auf den Sasso del Ferro hinauf. Foto: Annette Frühauf
Für alle, die gerne einen uneingesch­ränkten Blick auf Tal und Berge haben: eine Fahrt in einer Cabrio-gondel auf den Sasso del Ferro hinauf. Foto: Annette Frühauf
 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany