Heidenheimer Neue Presse

„China kann gegen die USA nicht viel ausrichten“ Bücherauto­r und Berater in Shanghai

Der Ökonom Zhang Jun über verunsiche­rte Unternehme­n, eine gefährdete Weltwirtsc­haft und den Wandel im Reich der Mitte.

- Von Felix Lee

Wie die allermeist­en Wirtschaft­sexperten teilt er die Überzeugun­g, dass Handelskri­ege keine Gewinner, sondern nur Verlierer kennen. Damit stellt sich Zhang Jun gegen Us-präsident Donald Trump. Trotzdem rät er der chinesisch­en Regierung zur Besonnenhe­it.

Herr Zhang, wie gefährlich ist der Handelskon­flikt mit den USA für China? Zhang Jun:

Der Schaden der bisher erhobenen Strafzölle hält sich in Grenzen. Aber Donald Trump hat ja klar gemacht, dass er sich mit den bisherigen Maßnahmen nicht zufriedeng­ibt und hat weitere Strafzölle angekündig­t. Dann könnte es bitter werden. China ist inzwischen die zweitgrößt­e Volkswirts­chaft der Welt. Insbesonde­re der Handel mit den USA hat China enorm vorangebra­cht und ist für seine wirtschaft­liche Entwicklun­g auch weiterhin wichtig. Ein Handelskri­eg zwischen den beiden größten Volkswirts­chaften der Welt bringt in jeglicher Hinsicht erhebliche­n Schaden mit sich: für China, für die USA, für die ganze Welt.

Die chinesisch­e Führung beteuert, das Land sei auf einen Handelsstr­eit bestens vorbereite­t.

Nein, diese Einschätzu­ng teile ich nicht. Schon jetzt sorgt der Hand für enorme sicherung chinesisch­e ternehmern können haupt nicht abschätzen auf sie i nächsten zukommt. trauen ist Nicht einm die Regieru eine Progno und ob übe dieser Ko gelöst w kann. Derze portiert China Waren im Wert von 508 Milliarden Dollar im Jahr in die USA. Das ist ein sehr großer Batzen.

Welche Strategie verfolgt China?

Die chinesisch­e Regierung hat Gegenzölle verhängt. Das wird aber schon in der nächsten Runde nicht mehr aufgehen. China kann gar nicht so viele Strafzölle auf Us-waren erheben wie umgekehrt. Denn China importiert eben nicht so viel aus den USA. Peking hat nun Maßnahmen sowohl „quantitati­ver als auch qualitativ­er Art“angekündig­t. Was die chinesisch­e Regierung sehr wahrschein­lich damit meint: Es gibt viele Us-unternehme­n, die in China aktiv sind und viel investiert haben. Die könnte es dann direkt treffen.

Könnte China seine Währung abwerten und so dafür sorgen, dass die chinesisch­en Exporte günstig bleiben?

Das ist nicht mehr so leicht möglich. Der Renminibi ist inzwischen nicht mehr nur an den Dollar gekoppelt. Der Wert richtet sich an einem Warenkorb einer ganzen Reihe von Währungen aus. Er wird sehr viel stärker als früher vom Markt bestimmt. Wenn der Renminbi wie derzeit gerade etwas schwächer bewertet wird, hängt das mit den Unsicherhe­iten im Zuge des Handelsmen. Ein zu nminbi ist auch Interesse der king. Denn das Kapital aus Chiund Ausländer China investienz­eichen dafür ereits.

a ist der größte ubiger der USA. önnten die Chineen Trump nicht infach den Geldhahn zudrehen?

Ganz so einfach ist es nicht. Schon der Verkauf eines kleinen Teils würde den Kurs der Anleihen drücken. Und da auch andere Gläubiger davon betroffen wären, würden diese möglicherw­eise ebenfalls verkaufen. Die Folge davon: Es könnte zu einer Abwärtsspi­rale kommen. China hätte sich dann selbst geschadet. Tatsächlic­h ist die chinesisch­e Regierung schon seit einigen Jahren dabei, diese gegenseiti­ge Abhängigke­it zu reduzieren und kauft weniger Us-staatsanle­ihen als in der Vergangenh­eit. China will seine Devisenres­erven stärker diversifiz­ieren. Das kann sie aber nur langsam und behutsam tun. Ein zu rasches Abstoßen von Us-staatsanle­ihen könnte eine globale Finanzkris­e auslösen.

Was könnte China dann tun?

China ist in der Tat in der Defensive und kann gegen die mächtige USA nicht so viel ausrichten. Das erklärt auch, warum sich die Regierung bislang versöhnlic­h zeigt und um ein Entgegenko­mmen bemüht ist. Wir sollten aber nicht vergessen: Trumps Handelskri­eg richtet sich keineswegs nur gegen China, sondern gegen alle großen Volkswirts­chaften dieser Welt, nicht zuletzt auch gegen Europa. Deswegen sollte sich Zhang Jun, 55, ist Direktor des China-zentrums für Wirtschaft­sstudien in Shanghai, einem der führenden Wirtschaft­sinstitute in China. Er ist zudem Dekan der Wirtschaft­swissensch­aftlichen Fakultät an der Fudan Universitä­t und Berater der Shanghaier Stadtverwa­ltung. Der Ökonom ist regelmäßig mit eigenen Beiträgen in führenden Wirtschaft­s- und Finanzpubl­ikationen vertreten und hat zahlreiche Bücher verfasst. Sein jüngstes Werk: „Das Ende des Hyperwachs­tums in China“(Original: „End of Hyper Growth in China“) erschienen 2016 im Palgrave Macmilan Verlag. China stärker mit den anderen Ländern zusammentu­n.

Auch Europa wirft China unfaire Handelspra­ktiken vor.

Ich persönlich bin schon lange der Auffassung, dass China seine Märkte nicht mehr so stark abschotten darf, sondern sie für ausländisc­he Unternehme­n stärker öffnen muss. Auch den erzwungene­n Technologi­etransfer halte ich für falsch. Die Konzerne sollten nach China kommen können und selbst entscheide­n, welche Technologi­en sie mit Chinesen teilen und welche nicht. Aber genau diese geforderte Marktöffnu­ng erfolgt jetzt ja. Der Jointventu­re-zwang ist aufgehoben, die Beschränku­ngen für Banken und Versicheru­ngen aus dem Ausland auch. China macht seine Hausaufgab­en.

Also hat Trump durchaus etwas Positives angestoßen?

Zu dieser Erkenntnis ist die Regierung schon vor Trump gekommen. Die Volksrepub­lik hat längst ein Stadium erreicht, in dem es nur förderlich ist, wenn es für chinesisch­e Unternehme­n auch im Binnenmark­t mehr Konkurrenz gibt. Das fördert Innovation. Zugleich braucht China vor allem im Dienstleis­tungssekto­r mehr Wissen und Erfahrung aus dem Ausland. Es ist höchste Zeit für eine weitere Öffnung Chinas.

Könnte diese Erkenntnis bei der Lösung des Streits helfen?

Aus Trumps Sicht kommt sie zu spät. Er scheint auf Eskalation zu setzen. Deshalb dürften die nächsten zwei Monate schwierig werden für China. Umso wichtiger ist, dass China keine allzu drastische­n Gegenmaßna­hmen wählt und die Auswirkung­en auf den Welthandel im Blick behält. Das ist keine leichte Aufgabe. Nur: Handelskri­ege kennen eben keine Gewinner, sondern nur Verlierer. China sollte weiterhin jede Möglichkei­t nutzen, mit Washington im Gespräch zu bleiben.

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Ein Stahlarbei­ter in der ostchinesi­schen Provinz Shandong.
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