Sonderregeln – wer plant was?
die Linie klar: Bund und Länder hatten sich auf neue Corona-regeln geeinigt. Doch nun könnte es ganz anders kommen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Wird es diese Woche eine neue Corona-runde der Ministerpräsidenten mit Merkel geben? Die Dynamik ist gerade schwer einzuschätzen. Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) hat jedenfalls am Wochenende mal wieder den Druck erhöht. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) ließ über ihren Sprecher ausrichten, solche Beratungen seien „jederzeit möglich“. Beide gelten als Verfechter von härteren Maßnahmen. Auch der saarländische Regierungschef Tobias Hans (CDU) plädierte dafür, „kurzfristig“erneut zusammenzukommen. Der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz Michael Müller (SPD), der die Runde koordiniert, zeigt sich bislang zurückhaltend: „Ich bin da noch unsicher“, sagte er. Ohnehin hatten Bund und Länder zuletzt vereinbart, dass sich Söder, Merkel und Müller Mitte Dezember noch einmal beraten. Die nächste Runde von Kanzlerin und Länderregierungschefs war bislang eigentlich für den 4. Januar vorgesehen. Warum verschärfen manche Bundesländer die gerade erst verabredeten Regeln? Weil die seit November
geltenden Beschränkungen – unter anderem mit der Schließung von Hotels und Gaststätten – vielerorts nicht den erhofften Erfolg gebracht haben. Nun wächst bei manchen die Sorge, dass die für Weihnachten und Silvester verabredeten Lockerungen die Probleme verschärfen könnten.
Wer plant Sonderregeln? Bayerns Ministerpräsident Söder will Wechselunterricht in der Schule, ein Alkoholverbot unter freiem Himmel und den Verzicht auf Feiern an Silvester. Der Landtag muss aber noch zustimmen. Söders Amtskollege in Sachsen, Michael Kretschmer (CDU), plant ebenfalls weitere Beschränkungen. Hintergrund: In den beiden Bundesländern sind die Infiziertenzahlen besonders hoch.
Taugt Söders Modell für ganz
Deutschland? Nein, weil beispielsweise Schleswig-holstein und Mecklenburg-vorpommern bisher weitaus besser durch die Krise gekommen sind und dort eher über weitere Lockerungen nachgedacht wird. Aber der Deutsche Städtetag fordert strengere Regeln zumindest für Coronahotspots, in denen sich in den vergangenen sieben Tagen mehr als 200 Personen pro 100 000 Einwohner angesteckt haben. „Dann ist es dringend geboten, noch einmal für einige Wochen einen stärkeren Lockdown zu machen“, sagt Verbandspräsident Burkhard Jung (SPD).
Kommt bundesweit der Wechsel von Präsenz- und Fernunterricht an den
Schulen? Baden-württemberg will auch künftig beim Präsenzunterricht bleiben. Auch in sogenannten Hotspots soll es „keinen Automatismus“beim Wechselunterricht geben, teilte eine Sprecherin des Kultusministeriums mit. Entscheidend sei, ob das Infektionsgeschehen den Schulbetrieb tatsächlich beeinträchtige. Dies sei auch so mit dem Sozialministerium abgestimmt worden.
Sozialminister Manfred Lucha (Grüne) hatte sich zuvor im SWR für Wechsel- oder Fernunterricht für ältere Schüler ausgesprochen und von Ministerin Susanne Eisenmann (CDU) einen Kurswechsel gefordert. Dazu sagte die Sprecherin des Kultusministeriums: „Es ist verwunderlich, dass das
Sozialministerium Regelungen mit uns abstimmt und festlegt und der Sozialminister nur wenige Stunden später Maßnahmen fordert, die den Regelungen darin widersprechen.“
Kneipen und Restaurants sind geschlossen, aber der Glühweinverkauf geht weiter. Wie gefährlich ist
das? Zwar werden die Getränke an der frischen Luft genossen, was die Ansteckungsgefahr klein hält. Aber wenn sich – wie geschehen – 100 oder 200 Menschen um einen Stand drängen, können die nötigen Abstände nicht mehr eingehalten werden, um Infektionen zu vermeiden.
Wenn Länder jetzt eigene Wege gehen, heißt das, dass der Mini-lockdown gescheitert ist? Ziel des Mini-lockdowns war es, die Zahl der durch Corona-patienten belegten Intensivbetten möglichst gering zu halten. Dies ist in einigen Landkreisen gelungen, in vielen aber auch nicht. In Berlin und Hessen sind von allen Bundesländern die wenigsten Intensivbetten frei, wohingegen es in Schleswig-holstein noch vergleichsweise viele freie Betten gibt. Besonders bedrohlich ist die Situation in einigen Kreisen in Sachsen und Bayern. Im Erzgebirgskreis sind von 77 Intensivbetten nur noch drei frei. Im bayerischen Freising sind alle 14 Betten belegt, ebenso in Landshut.