Im Angriffsmodus
Bundestrainer Joachim Löw zeigt sich enttäuscht von der Dfb-spitze und verteidigt seine von den Spaniern auseinander genommene Elf. Den aussortierten Weltmeistern lässt er eine Hintertür offen.
Drei Wochen nach der historischen 0:6-Pleite beim Länderspiel in Spanien hat Bundestrainer Joachim Löw sein Schweigen gebrochen. Eine Stunde lang stellte er sich am Montagnachmittag den Fragen von Journalisten. Der 60-Jährige gab sich dabei entschlossen und durchaus kämpferisch, machte deutlich, sich nicht von seinem Weg abbringen zu lassen. Heißt: Löw setzt weiter auf das bisherige Personal und vornehmlich junge Spieler. Eine Rückkehr der aussortierten 2014er-weltmeister Mats Hummels (Borussia Dortmund), Thomas Müller und Jérôme Boateng (beide Bayern München) vor der Europameisterschaft im kommenden Sommer schloss er jedoch nicht kategorisch aus. Die wichtigsten Aussagen einer bemerkenswerten Pressekonferenz im Überblick.
Wut Die Schlappe in der Nations-league gegen Spanien wurmt den Bundestrainer eigenen Angaben zufolge gewaltig. Mehr noch: Löw ist mächtig sauer, wie er sagt: „Die Wut brodelt immer noch in mir persönlich.“Seine Mannschaft habe sich in besagtem Spiel viel zu früh von den taktischen Vorgaben entfernt, habe sich bei eigenem Ballbesitz und bei Ballbesitz des Gegners schlecht verhalten – und ohne jedwede Überzeugung agiert. Dieses Spiel sei intensiv analysiert worden. „Die Enttäuschung der Fans ist absolut nachvollziehbar.“
Konsequenzen Gibt es personell erstmal keine. „Wir folgen unserer roten Linie. Ich habe absolutes Vertrauen in die Leistungsfähigkeit meiner Spieler“, sagt der Bundestrainer. Insgesamt befinde sich die Mannschaft – das Spanien-match ausgenommen – auf einem guten Weg. „Sie hat Vertrauen verdient.“Der Umbruch in der Nationalmannschaft nach der verkorksten WM in Russland 2018, der Neustart mit jungen Talenten von 2019 an, sei notwendig gewesen. Nun müsse man diesen jungen Spielern die Möglichkeit zur Entwicklung geben. „Dass es in diesem Prozess Rückschläge geben würde, war uns klar.“Ergo gebe es keinen Grund, nun „alles über den Haufen zu werfen“.
Rückkehr Das Dauerthema um die aussortierten Ex-weltmeister
Thomas Müller, Mats Hummels und Jérôme Boateng versucht Löw einmal mehr rhetorisch zu umkurven. Derzeit gebe es keine Veranlassung für eine Rückkehr des Trios. Sollte es im kommenden Frühjahr – im März stehenden die ersten Qualifikationsspiele zur WM 2022 in Katar an – so ausschauen, dass die DFB-ELF den einen oder anderen Impuls für die EM im Sommer benötigt, sei eine Kurskorrektur nicht ausgeschlossen. „Im Sinne des Erfolgs tue ich alles Erdenkliche. Ich weiß heute noch nicht, wie die Situation im März ausschaut.“Bemerkenswert: Die Namen Hummels, Müller und Boateng nimmt Löw dabei nicht in dem Mund.
Rücktritt An einen freiwilligen Rücktritt hat Löw, wie er betont, nicht gedacht. Auch nicht in den Stunden nach der bittere Schlappe in Spanien. „Diesen Gedanken gab es bei mir nicht“, betont der 60-Jährige. Der Job als Bundestrainer sei eine schöne Aufgabe, „auch wenn es manchmal schwierig wird“.
Enttäuschung Mit der Spitze des Deutschen Fußball-bunds, die ihm vor einer Woche das Vertrauen ausgesprochen hat, geht der Bundestrainer hart ins Gericht. Die Reaktion des DFB nach dem Spanien-spiel habe ihn maßlos enttäuscht. „Es gab eine Pressemitteilung, der Trainer brauche emotionale Distanz“, sagt Löw: „Das war für mich unverständlich, weil emotionale Distanz brauche ich nicht.“Löw spricht in dem Zusammenhang von „einer klaffenden Wunde“. Geärgert hat sich Löw auch darüber, dass in den vergangenen Tagen Inhalte aus internen Gesprächen mit dem DFB an die Öffentlichkeit gelangt seien. „Da herrscht Explosionsgefahr bei mir, wenn Dinge nach außen gehen, die nicht nach außen gehören“, sagt Löw. „Das hat etwas mit Vertrauen und Glaubwürdigkeit zu tun.“
Fritz Keller Sauer aufgestoßen ist Löw zuletzt offenbar einiges – auch der Versuch von Dfb-präsident Fritz Keller, ihn zum Abschied nach der EM zu bewegen. Dazu sagt der Bundestrainer: „Es sind Dinge vorgefallen, die so nicht in Ordnung waren. Wir haben danach telefoniert und uns ausgesprochen. Damit ist für mich die Sache erledigt.“