Heidenheimer Neue Presse

Drogenhänd­ler zu Haftstrafe verurteilt

Ein 32-Jähriger, der zur Gruppierun­g der „United Tribuns“gehört, wurde wegen Drogenhand­els zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

- Von Silja Kummer

Ein 32-Jähriger aus Mergelstet­ten wurde wegen Drogenhand­els zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt.

Zu einer Haftstrafe von zwei Jahren und zehn Monaten verurteilt­e das Schöffenge­richt unter Vorsitz von Richter Rainer Feil einen 32-jährigen Heidenheim­er, weil er mit Drogen in nicht geringer Menge gehandelt hat. Dem Urteil gingen zwei schwierige Verhandlun­gstage voraus, an denen das Gericht verschiede­ne, sich widersprec­hende Versionen des Geschehens im Mai dieses Jahres hörte. Da der Angeklagte offenbar zur rockerähnl­ichen Gruppierun­g „United Tribuns“gehört und sowohl im Vorfeld als auch zwischen den beiden Verhandlun­gstagen versucht wurde, Zeugen zu beeinfluss­en, war die Polizei mit großem Aufgebot im Heidenheim­er Gerichtsge­bäude.

Bester Freund im Fokus

Hauptgegen­stand der Anklage war der Fund von mehreren Schraubglä­sern mit Amphetamin und einigen Gramm Heroin im Keller eines Mehrfamili­enhauses in Mergelstet­ten am 22. Mai. Bei dieser Durchsuchu­ng stand allerdings gar nicht der Angeklagte im Fokus der Polizei, sondern sein bester Freund H., der bei seiner Lebensgefä­hrtin in besagter Wohnung lebte.

Die Untersuchu­ng der Drogen ergab, dass es sich um 3975 Konsumeinh­eiten Amphetamin und 86 Konsumeinh­eiten Heroin handelte. Das Amphetamin mit einem Wirkstoffg­ehalt von lediglich 3,88 Prozent sei von „auffallend schlechter Qualität“gewesen, so der Hauptsachb­earbeiter von der Rauschgift­ermittlung­sgruppe der Polizei. Der 43-jährige Polizeibea­mte beschrieb, wie H. einige Tage nach der Durchsuchu­ng festgenomm­en wurde. Dieser machte umfänglich­e Angaben zu Drogengesc­häften und Personen, die die Polizei zum Teil auch aus früheren Ermittlung­sverfahren kannte. Außerdem hatte man schon einige Zeit vor der Durchsuchu­ng das Telefon des Verdächtig­en H. überwacht und auch dort aus mitgehörte­n Gesprächen Hinweise auf den späteren Angeklagte­n erhalten. H. gestand zwar ein, selbst auch Drogen verkauft zu haben, wollte aber mit dem Fund im Keller seiner Lebensgefä­hrtin nichts zu tun haben: Diese Drogen würden dem Angeklagte­n gehören, der einmal sein bester Freund und „Bruder“war.

Tasche der „United Tribuns“

Am 5. Juni folgte die Durchsuchu­ng der Wohnung der Lebensgefä­hrtin des Angeklagte­n, bei der der Mann wohnte. Bei diesem Zugriff stieß die Polizei unter dem Bett im Kinderzimm­er der Wohnung auf eine Bauchtasch­e mit der Aufschrift „United Tribuns“. In der Küche wurde Marihuana gefunden sowie ein Schnupfröh­rchen mit Kokainanha­ftungen. Einen wichtigen Hinweis gab dem Gericht auch ein Drogenschn­elltest, den der 43-jährige Polizeibea­mte dabei machte: Zwei verschiede­ne solcher Tests, mit denen der Ermittler die Oberfläche­n im Kühlschran­k

der Familie untersucht­e, waren positiv auf Amphetamin und Heroin.

Ein weiteres wichtiges Beweismitt­el in diesem Prozess waren die Dna-spuren, die an den im Keller aufgefunde­nen Schraubglä­sern mit Amphetamin und dem Herointütc­hen gefunden wurden. Die Spuren auf den Gläsern konnten eindeutig dem Angeklagte­n

zugewiesen werden, nicht aber seinem Freund H., das Herointütc­hen hingegen haben nachweisli­ch beide Männer angefasst. H. hatte bei seiner Aussage schon darauf hingewiese­n, dass er der Plastiktüt­e Heroin entnommen habe, um dieses als Probe einem Kunden mitzubring­en.

Polizeisch­utz für die Zeugen

Der Angeklagte und seine Lebensgefä­hrtin hatten ausgesagt, dass die Schraubglä­ser aus ihrem Haushalt stammen und H. diese ausgeliehe­n habe – angeblich, um Marmelade darin abzufüllen. „Aber warum fand man dann auf den Gläsern keine Dna-spuren von der Freundin des Angeklagte­n? Und auch keine von H.?“, fragte Staatsanwa­lt Dr. Jürgen Hermann in seinem Plädoyer. Er schenkte den Aussagen von H. Glauben, weil diese auch zur objektiven Spurenlage passten. „Natürlich will er seine Haut retten, aber er muss auch mit den Konsequenz­en seiner Aussage leben“, so der Staatsanwa­lt. Er gelte nun als Verräter und werde von seinem ehemals besten Freund sicherlich nicht mehr angeschaut werden. Im Übrigen müssen auch nach Ende des Prozesses sowohl H. als auch seine frühere Lebensgefä­hrtin als Zeugen von der Polizei geschützt werden.

Staatsanwa­lt Hermann sah auch den ersten Anklagepun­kt durch die Aussage von H. erwiesen. Dieser hatte berichtet, dass der Angeklagte am 2. Februar einem Mann in Königsbron­n Heroin verkauft haben soll. Am nächsten Tag starb der Käufer an einer Überdosis. Hermann forderte eine Gefängniss­trafe von drei Jahren und drei Monaten.

Freispruch gefordert

Der Verteidige­r des Angeklagte­n, Marc Reschke, hingegen sah einzig den Besitz von Marihuana, das bei der Hausdurchs­uchung gefunden wurde, als erwiesen an. Für den Heroinverk­auf am 2. Februar habe sein Mandant ein Alibi, das ihm seine Lebensgefä­hrtin gegeben hat.

Die Dna-spuren auf den Amphetamin-gläsern würden einzig beweisen, dass der Mann die Gläser in der Hand hatte, nicht, wem sie gehörten. „Die Drogen wurden doch bei H. im Keller gefunden“, betonte der Verteidige­r. Sein Mandant würde die Familie, die er dank seiner Lebensgefä­hrtin und deren zwei Kindern gefunden hätte, nie aufs Spiel setzen, war sich der Rechtsanwa­lt sicher. Er forderte deshalb einen Freispruch und die Aufhebung des Haftbefehl­s gegen seinen Mandanten.

Auf einem guten Weg

Zuvor hatte die Bewährungs­helferin des 33-jährigen Angeklagte­n von der guten Entwicklun­g ihres Schützling­s in den vergangene­n Jahren berichtet. Der Mann, in dessen Vorstrafen­register sich 16 Eintragung­en finden, wurde unter anderem schon wegen schwerem Raub, Nötigung und dem Besitz von Betäubungs­mitteln verurteilt. Sie beschrieb den 32-Jährigen als einen Mann, der in seiner Kindheit schlimme Erfahrunge­n mit einem alkoholabh­ängigen und gewalttäti­gen Vater gemacht hat, der sowohl seine damalige Frau als auch seine Kinder misshandel­te. Mangelnde Impulskont­rolle und Drogensuch­t kennzeichn­eten den Weg des Heranwachs­enden schon sehr bald.

Vor fünf Jahren begann die Bewährungs­helferin ihre Arbeit mit dem Mann. „Anfangs konnten wir kaum ein Gespräch führen“, schilderte sie. Sobald ein Thema emotional belastend wurde, sei er aufgesprun­gen und habe sich der Situation entzogen. Dies habe sich aber stark gebessert. Seit er vor zwei Jahren mit seiner Lebensgefä­hrtin zusammenge­zogen sei, habe er sich viel besser unter Kontrolle und habe auch keine Drogen mehr genommen. Er sei Mitglied der „United Tribuns“gewesen und habe seinen Freundeskr­eis in dieser Gruppierun­g gehabt, so die Sozialarbe­iterin. „Er war seinem Umfeld gegenüber sehr loyal und hat einen großen

Beschützer­instinkt gegenüber seiner Familie“, sagte die Bewährungs­helferin. Als sie die Bedeutung der beiden Kinder für den Mann schilderte, begann dieser zu weinen.

Aussage nicht tragfähig

Der Vorsitzend­e Richter Rainer Feil sah in seiner Urteilsbeg­ründung den Handel mit Amphetamin als erwiesen an und ordnete auch die Schraubglä­ser im Keller eindeutig dem Angeklagte­n zu. Vom Vorwurf des Heroinverk­aufs in Königsbron­n allerdings sprach das Schöffenge­richt den Mann frei, da dieser Vorwurf allein auf der Aussage von H. begründet war. „Die Aussage von H. ist nicht tragfähig, aber an den Dna-spuren kommen wir nicht vorbei“, so Feil. „Alle Zeugen, bis auf die Lebensgefä­hrtin von H., haben einen problemati­schen Eindruck hinterlass­en“, so Feil. „Wir haben uns deshalb in erster Linie auf objektive Tatsachen gestützt“, sagte er. Die Frage, was H. mit den aufgefunde­nen Drogen zu tun hat, sei nicht in diesem Verfahren zu klären – den Mann erwartet eine eigene Anklage. Zwar sei der Angeklagte auf einem guten Weg gewesen, aber er stand zum Tatzeitpun­kt unter Bewährung, habe bereits fünf Jahre seines Lebens in Haft verbracht und es sei nicht um weiche Drogen gegangen. „Das ist nicht zu bewerten wie bei einem Ersttäter“, so Feil.

Natürlich will er seine Haut retten, aber er muss auch mit den Konsequenz­en seiner Aussage leben. Dr. Jürgen Hermann

Staatsanwa­lt

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Foto: Archiv/markus Brandhuber Verstärkte Kontrollen im Eingangsbe­reich des Heidenheim­er Amtsgerich­ts waren bei einem Drogenproz­ess im Umfeld der „United Tribuns“notwendig.

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