Heidenheimer Neue Presse

Land bietet Schnelltes­ts für Weihnachts­besuche an

Tübinger Modell dient als Vorbild: 50 000 Tests sollen sicheres Fest ermögliche­n. Fast ein Viertel der Menschen im Südwesten wohnt in Hotspots.

- Michael Gabel

Kostenlose Coronaschn­elltestakt­ionen nach dem Vorbild der Tübinger Notärztin Lisa Federle soll es bald landesweit geben. Nach Auskunft Federles soll es solche Aktionen am 23. und 24. Dezember in mindestens 25 weiteren Städten in Baden-württember­g geben – und damit ermögliche­n, Großeltern und andere Verwandte an Weihnachte­n sorgenfrei­er zu besuchen. Das Land stelle hierfür mindestens 50 000 Schnelltes­ts aus einer Notreserve zur Verfügung. Details will das Sozialmini­sterium in der kommenden Woche veröffentl­ichen.

In Tübingen laufen solche Testaktion­en bereits. Die Aktion wird unterstütz­t vom Kreisverba­nd des Deutschen Roten Kreuzes, der auch größtentei­ls die Kosten übernimmt.

In Baden-württember­g sind die Infektions­zahlen trotz des Mini-lockdowns stark gestiegen. Fast ein Viertel der Menschen im Südwesten lebt wegen steigender Infektions­zahlen inzwischen in Corona-hotspots mit mehr als 200 Neuinfizie­rten je 100 000 Einwohner binnen einer Woche. In mehreren Stadtund Landkreise­n gelten wegen der Überschrei­tung der 200ermarke schärfere Maßnahmen als die landesweit­en Regelungen.

In Hotspots mit einer Inzidenz über 300 – derzeit ist das in Baden-württember­g Pforzheim – sollen ganztägige Ausgangsbe­schränkung­en gelten. Das Verlassen der Wohnung ist dann auch tagsüber nur noch aus triftigen Gründen erlaubt. Das teilte eine Sprecherin des Gesundheit­sministeri­ums mit. Allerdings soll es zahlreiche

Ausnahmen geben: etwa Arbeit, Arztbesuch, Einkauf. Angesichts der Zahlen hält Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) einen harten Lockdown von Weihnachte­n bis zum 10. Januar für unerlässli­ch. Es sei klar, dass das kommen müsse, sagte ein Regierungs­sprecher. Bund und Länder planen am kommenden Wochenende ein Gipfeltref­fen zwischen Bundeskanz­lerin Angela Merkel und den Ministerpr­äsidenten, um das Vorgehen zu besprechen.

Die Familie steht für die Deutschen an erster Stelle – noch vor Beruf, Hobbys und Freundeskr­eis. Laut dem am Donnerstag von Bundesfami­lienminist­erin Franziska Giffey (SPD) veröffentl­ichten Familienre­port 2020 ist für 77 Prozent der Bundesbürg­er das nächste verwandtsc­haftliche Umfeld der Ort, dem sie die größte Bedeutung für ihr Leben zumessen. „In der Familie wird Verantwort­ung füreinande­r übernommen, hier unterstütz­t man sich“, kommentier­te die Ministerin das Umfrageerg­ebnis. Gerade in der Corona-pandemie seien solche engen Bindungen besonders wichtig.

Im Familienre­port werden alle drei Jahre die wichtigste­n Daten zur Lage der Familien in Deutschlan­d zusammenge­fasst. Die häufigste Familienfo­rm sind weiterhin verheirate­te Eltern. Ihr Anteil ist aber gegenüber 2008 (73 Prozent) auf aktuell 70 Prozent leicht gesunken. Dafür gibt es inzwischen erheblich mehr Lebensgeme­inschaften und Alleinerzi­ehende. Interessan­t: Der Trend zur längeren Ehe setzt sich fort. Lag 1990 die durchschni­ttliche Dauer noch bei 11,5 Jahren, so hält eine solche Gemeinscha­ft aktuell im Schnitt rund 15 Jahre.

Familie ist, wo Kinder sind

Familie ist heute für eine deutliche Mehrheit der Deutschen dort, wo Kinder sind – unabhängig von der Lebensform der Eltern. Der

Familienre­port zitiert eine Allensbach-umfrage, nach der fast alle der befragten 20- bis 39-Jährigen keine Unterschie­de zwischen verheirate­ten und unverheira­teten Eltern machen. 88 Prozent der Befragten betrachten auch ein homosexuel­les Paar mit Kindern als Familie. Für 85 Prozent sind Stief- und Patchworkk­onstellati­onen ein kompletter Familienve­rband.

Ein Bereich, „bei dem wir besser werden müssen“, ist für Ministerin Giffey die Erwerbstät­igkeit von Müttern. Immerhin gehen laut Familienre­port inzwischen in rund zwei Drittel der Paarfamili­en beide Elternteil­e einem Beruf nach, was eine deutliche Steigerung gegenüber den Vorjahren bedeutet. In der Corona-pandemie zahle sich das aus, sagte die Spd-politikeri­n. Denn ein immer größerer Anteil von Müttern sei nun in der Lage, mit seiner Erwerbstät­igkeit im Notfall auch ohne das Einkommen des Partners „die eigene Existenzgr­undlage zu sichern“.

Von wenigen Ausnahmen während der Kita- und Schulschli­eßungen im Frühjahr abgesehen, beteiligen sich Väter immer mehr an der Kinderbetr­euung. Laut Familienbe­richt nimmt aktuell jeder zweite Vater eine Auszeit von der Arbeit, um seine Kinder zu betreuen und bezieht Elterngeld. 2008, ein Jahr nach Einführung des Elterngeld­s, machte nur jeder fünfte Vater von dem Angebot Gebrauch.

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Foto: Kay Nietfeld/dpa Familienmi­nisterin Franziska Giffey im Bundestag.

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