Bahn trotzt Corona
12 In den Ausbau der Infrastruktur und die Verschönerung der Bahnhöfe hat die Bahn Milliarden Euro investiert. So soll es 2021 weitergehen.
Ronald Pofalla ratterte am Donnerstag ziemlich viele Zahlen herunter. Der Infrastrukturvorstand der Deutschen Bahn blickte auf das Jahr 2020 zurück, seine Botschaft: Rekordinvestitionen, Rekordbauzeiten Rekordbaustellen – und das alles trotz Corona. Nahezu 100 Prozent der Bauvorhaben habe die Bahn umsetzen können. Wenn es nach dem Bahnvorstand geht, soll das auch so bleiben. Dafür hat der Bund Milliarden zur Verfügung gestellt. Doch es gibt noch viel Arbeit.
Digitalisierung In diesem Jahr wurde die Finanzierungsvereinbarung zwischen Bund und Bahn zur Digitalisierung des Knotenpunkts Stuttgart unterzeichnet. Er soll als erster bis 2025 mit der neuen Technik ausgestattet werden. Bis 2035 sollen sämtliche Stellwerke im Netz umgerüstet werden. Die Digitalisierung soll das System zuverlässiger machen. Durch Diagnoseplattformen können Defekte schneller erkannt und behoben werden. Dadurch fallen weniger Züge aus und die Kapazität erhöht sich. Der Bund investiert rund 500 Millionen Euro in die Digitalisierung des Knotens Stuttgart. Um schließlich das gesamte Schienennetz umzurüsten, werden 35 Milliarden Euro benötigt. Wo das Geld herkommen soll, ist bislang allerdings ungeklärt.
Pünktlichkeit In diesem Jahr werden voraussichtlich deutlich über 80 Prozent der Fernzüge pünktlich gewesen sein, sagte Infrastrukturvorstand Pofalla. Das sei der beste Wert seit Jahren. Er wolle sich damit nicht zufriedengeben. „Unser eigentlicher Zielwert sind ja 85 Prozent.“Dies müsse in den nächsten Jahren erreicht werden. Dann seien die Fahrgäste in der Lage, beim Umsteigen stets ihre Anschlusszüge zu erreichen. Vergangenes Jahr hatte die Bahn eine Quote von 76,5 Prozent angepeilt und 75,9 Prozent erreicht. 2020 helfen die geringeren Fahrgastzahlen in der Coronakrise, weil es seltener Verzögerungen beim Ein- und Aussteigen gibt.
Effizienteres Baustellenmanagement Vor Jahren hat die Bahn ihr Baustellenmanagement umgestellt – nun profitieren die Kunden davon. Statt den Verkehr lahmzulegen, investiert die Bahn in zusätzliche Bauweichen, Hilfsbrücken und Behelfsbahnsteige. Damit kann der Konzern Umleitungen und Zugausfälle vermeiden sowie die Bauzeit verkürzen.
Als Beispiel nannte Pofalla die Sanierung der Schnellfahrstrecke Stuttgart-mannheim. Neue Weichen wurden vormontiert, für die Bautransporte ein eigenes Gleis errichtet. So konnten die Arbeiten verkürzt und der Ausfall von 23 000 Zügen verhindert werden.
Dieses Konzept soll nun auf anderen Strecken eingesetzt werden. Damit das möglichst kundenfreundlich gelingt, stehen der Bahn bis 2030 eine Milliarde Euro zur Verfügung.
Großvorhaben 2021 Zu den größten Vorhaben zählen Projekte zur Entlastung des Bahnknotens Köln sowie die Sanierung der Schnellfahrstrecke zwischen Göttingen und Kassel (hier soll es eine Vollsperrung vom 24. April bis 16. Juli geben). Über den Abschnitt laufen mehrere wichtige ICE- und Intercity-linien.
Unser eigentlicher Zielwert bei der Pünktlichkeit sind ja 85 Prozent.
Ronald Pofalla
Bahn-infrastrukturvorstand
Kritik Trotz des Ausbaus der Infrastruktur wird es in den kommenden Jahren zu einem Sanierungsstau kommen. Das geht aus einer Anfrage des Grünen-bundestagsabgeordneten Sven-christian Kindler hervor. Laut dem Haushaltspolitiker würde die Bundesregierung zu wenig gegen den Sanierungsstau in Höhe von 57 Milliarden Euro unternehmen.
Kritik an den Infrastrukturinvestitionen der Bundesregierung in die Schiene äußerte auch der Branchenverband Allianz pro Schiene. Geschäftsführer Dirk Flege begrüßte zwar die gesteigerten Bundesaufwendungen. Allerdings halte sich die Bundesregierung beim Aus- und Neubau weiter zurück. So sei keine „Trendwende“möglich.