Das zweite Leben eines Computers
Das Ettlinger Sozialunternehmen AFB recycelt alte It-geräte wie Notebooks oder Handys. Denn sie erhalten wertvolle Rohstoffe. Ein großer Beitrag zur Vermeidung von Elektroschrott.
Wenn Bodhan Szegidewicz mit sicherem Griff das Notebook aufschraubt und einzelne Teile entnimmt, gleicht das einer Operation am offenen Herzen. Der ehemalige Mitarbeiter des Unternehmens AFB social & green IT kommt auch im Ruhestand in die Firma und repariert Notebooks, Handys oder Computer. Sein Wissen und seine Erfahrung gibt er an jüngere Mitarbeiter weiter.
„Er ist ein Tüftler mit Herz und Seele“, sagt Marion Lichti, die Sprecherin des Unternehmens in Ettlingen bei Karlsruhe. Szegidewicz beseitigt auch scheinbar banale Fehler, wie etwa, wenn bei einem Notebook die Zeit- und Datumsanzeige nicht mehr funktionieren.
Bis ein elektronisches Altgerät bei Szegidewicz ankommt, passiert es mehrere Stationen: Mit einem für Gefahrgut geeigneten Lastwagen werden ausgemusterte elektronische Geräte in der neuen Firmenzentrale in Ettlingen angeliefert, abschließbare Rollgitterwagen bringen die Laptops,
Sensible Daten werden sicher vernichtet.
Notebooks, Smartphones, Computer, Monitore, Drucker oder Tablets in die Lagerhalle.
Pro Jahr kommen allein rund 100 000 Handys zusammen, etwa 12 000 davon sind Diensthandys, Tendenz steigend. Darauf ist der 2004 gegründete Dienstleister spezialisiert: Vor allem große Einrichtungen und Betriebe wie Bosch, der SWR oder auch die Polizei, die alle drei Jahre ihre It-geräte austauschen, bringen ausgemusterte Geräte hierher.
Ihnen bietet das Unternehmen an 19 Niederlassungen in Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Österreich und der Slowakei seinen Service an. Im vergangenen Jahr waren es rund 500 000 Geräte.
Die sensiblen Daten werden sicher vernichtet, das aufbereitete Altgerät weiter vermarktet. Privatpersonen können ihre Altgeräte bei Afb-shops oder einem Sammelcontainer des Nabu abgeben. Geräte, die sich nicht wiederaufbereiten lassen, kommen zum Recyceln.
In einem großen Karton neben dem gewaltigen Schreddergerät liegen Schnipsel unzähliger Smartphones. Sie werden mithilfe von Magneten sortiert. Neben Plastik- und Kunststoffteilen liegt Aluminium, aber auch Gold und Lithium – wertvolle, endliche Bodenschätze, die von anderen Unternehmen wiederverwendet werden können.
Sascha Townsend zerlegt mit einem elektrischen Schraubenzieher Computer-festplatten in Platine, Datenträger und Gehäuse, 5 bis 50 Stück in drei Stunden. „Wie schreddern mittlerweile nicht mehr die ganze Festplatte, sondern nur noch den Datenträger.“Er ist einer der vielen Afb-mitarbeiter mit leichten oder schweren Behinderungen.
Ein paar Schritte von seinem Arbeitsplatz entfernt geht es in die Produktion. So heißt der Hochsicherheitsbereich bei AFB. Gewissenhaft überprüfen die wenigen Mitarbeiter, die hier Zugang haben, an den Bildschirmen das Löschen der Daten mit einer speziellen Software.
gemeinnütziges Unternehmen, das sich der Reparatur und dem Recycling von It-geräten verschrieben hat. AFB steht für „Arbeit für Menschen mit Behinderung“, 45 Prozent der rund 500 Mitarbeiter haben nach Firmenangaben ein Handicap. Im Herbst erhielt es den Digital Leader Award für sein sozialökologisches Konzept, und am 4. Dezember einen der Deutschen Nachhaltigkeitspreise 2021. Die Jury würdigte damit die „vorbildliche Verbindung von Umweltschutz und gesellschaftlicher Verantwortung.“
Ein grüner Haken zeigt an, dass die sensiblen Daten gelöscht sind. Das rote Ausrufezeichen dagegen bedeutet: dieses Gerät muss in den Schredder, Löschen der Daten nicht möglich.
Belebter ist die Abteilung Technik und Refurbishing. Dort reinigen Mitarbeiter die gebrauchte Hardware, Szegidewicz leitet seine Kollegen bei Reparaturen an, wieder andere rüsten die Geräte mit neuer Software auf. Für ein runderneuertes Notebook gibt AFB zwölf Monate Gewährleistung, gesetzlich sind nur sechs Monate vorgeschrieben. Der Preisunterschied zu einem Neugerät kann bis zu 1000 Euro ausmachen.