Endsocken bald Geschichte?
Wie der Mühlenverein das traditionelle Burgberger Handwerk bewahren möchte
Obwohl sich die Bezeichnung „Raue Alb“mehr auf die Beschaffenheit der Landschaft als auf das Klima bezieht, weiß ein jeder, der hier lebt, dass dies auch auf das Wetter zutrifft. Die Winter auf der Ostalb können sehr kalt sein – Eisfüße sind also keine Seltenheit. Doch es gibt ein wirksames Gegenmittel: Endsocken aus Burgberg.
Geschichte reicht weit zurück
Die Herstellung der einzigartigen, aus Filz geflochtenen Hausschuhe geht bis ins 19. Jahrhundert zurück und war über eine lange Zeit ein wichtiger Nebenerwerb für die Einwohner, erläutert Manfred Staudenecker vom Historischen Mühlenverein Burgberg. Er hat sich intensiv mit der Geschichte der Endsocken befasst, die auch im Mühlenmuseum dargestellt ist. Nach wie vor erfreuen sich die Pantoffeln großer Beliebtheit. Auf dem Weihnachtsmarkt des Mühlenvereins haben Näherinnen bis vor wenigen Jahren noch Exemplare angeboten. „Sie waren sehr gefragt. Leider gibt es diesen Verkaufsstand nicht mehr, da die Damen gesundheitlich nicht mehr in der Lage oder bereits verstorben sind.“Doch die Nachfrage nach „Enddäpper“, wie sie im Volksmund gerne genannt werden, ist ungebrochen. „Bei uns melden sich regelmäßig Leute, sogar von etwas weiter weg, die Endsocken kaufen möchten.“
Keine Schuhe auf Bestellung
Das Problem: Im Ort gibt es nur noch wenige Familien, die das Handwerk beherrschen. Staudenecker schätzt ihre Zahl auf zwei oder drei, die für den eigenen Hausgebrauch herstellen. „Marliese Best, die Schwiegertochter von Athalia Best, ist die Einzige, die Endsocken für die Öffentlichkeit macht.“Allerdings erlaubt ihre Gesundheit nach eigener Aussage derzeit nicht, Bestellungen anzunehmen.
Die Tradition droht demnach verloren zu gehen. Für Staudenecker eine traurige Vorstellung, wo er doch selbst als Kind fleißig bei der Endsockenherstellung geholfen hat. „Meine Aufgabe war das Flechten, Arbeitsschritte wie das Aufzetteln, also die Längsstreifen auf dem Schusterleisten zu befestigen, hat meine Mutter übernommen.“Zu Fuß ging es für sie nach Giengen, um die Treter bei einem Hausschuhfabrikanten, der Firma Stadtmüller, abzugeben. „Meine Mutter trug dabei den Sack mit 25 bis 30 Paar Endschuhen
auf dem Kopf, wie man es von afrikanischen Frauen kennt“, erzählt der 77-Jährige. Um die alte Handarbeit und mit ihr ein Stück Burgberger Geschichte vor dem Verschwinden zu bewahren, hat sich der Mühlenverein Gedanken gemacht.
Die Idee: „Wir möchten eine Interessengruppe ins Leben rufen und hierfür den Nachwuchs der Näherinnen ins Boot holen.“Denn dieser würde nicht nur über das nötige Werkzeug verfügen, das eine oder andere Kind beziehungsweise Enkelkind hätte die Fertigung auch bei den älteren Generationen abgeschaut, so Staudenecker.
Kunkelstube im Museum
Geplant ist, eine Art Kunkelstube im Mühlenmuseum einzurichten, wo man hin und wieder zusammenkommt und Schuhe macht. Das Vorhaben sollte eigentlich schon eher in die Wege geleitet werden, aber Corona ist dem Verein dazwischengekommen. „Wir hoffen, die Jüngeren davon überzeugen zu können, dass es sich lohnt, eine solche Tradition am Leben zu erhalten.“Vielleicht bringt das Ende des Lockdowns auch bei den Endsocken eine positive Entwicklung mit sich.