Wie feiern wir Weihnachten?
Pandemie Während manche während der Festtage jeden Kontakt vermeiden wollen, halten andere am Verwandtenbesuch fest. Von Michael Gabel, Dominik Guggemos und Dorothee Torebko
Dritter Advent – und noch immer wissen viele nicht, wie sie Weihnachten verbringen werden. Schon in den nächsten Tagen könnte das Land teilweise lahmgelegt werden, so wie im Frühjahr. Womöglich beginnt der Lockdown aber auch erst nach Weihnachten, wie in manchen Bundesländern beschlossen. Antworten auf die wichtigsten Fragen.
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Die Gewissensfrage – Weihnachten zusammen feiern oder nicht? Angesichts weiter steigender Infiziertenzahlen sind die Deutschen laut Forschungsgruppe Wahlen genau zur Hälfte gespalten, ob die Maßnahmen zu Weihnachten gelockert werden sollen. Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche Deutschlands, Heinrich Bedford-strohm, empfiehlt für Familientreffen „digitale Lösungen“.
Allerdings ergab eine andere Umfrage, dass 35 Prozent der Deutschen trotz aller Hindernisse über Weihnachten Eltern oder Großeltern treffen wollen (im Vorjahr 47 Prozent). Wer einen solchen Besuch plant, sollte aber einige Vorsichtsmaßnahmen treffen. Dazu gehören eine Selbstquarantäne von mindestens fünf, besser zehn Tagen, der Verzicht auf Umarmungen und gemeinsames Singen. Eine sehr stille Nacht. 2
Für die Teilnehmerzahl an Familientreffen gibt es Höchstgrenzen. Wird das kontrolliert? Zunächst wären die lokalen Ordnungsämter für die Kontrollen zuständig. Diese sind allerdings oft nicht gut genug besetzt, um dieser Aufgabe nachkommen zu können. Deshalb müssen sie von der Polizei unterstützt werden – das gilt erst recht, wenn die Kontrollierten Widerstand leisten. Genaue Zahlen, wie viele Polizisten über die Feiertage arbeiten müssen, liegen nicht vor. Aber Jörg Radek, stellvertretender Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, ist sicher: „Es werden sehr viele sein. In den vergangenen Jahren mussten tausende Polizisten über Weihnachten arbeiten. Dieses Jahr werden es Zehntausende sein“, sagt er dieser Zeitung.
Doch wie stark kontrolliert wird, ist offen. Für Polizisten sei es emotional belastend, private Weihnachtsfeiern auflösen zu müssen, betont Radek.
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Soll man mit der Bahn zu den Eltern/großeltern fahren? Wer in den vergangenen Jahren mit der Bahn in den Weihnachtsurlaub gereist ist, kennt das: überfüllte Züge, auf dem Boden hockende Reisende und Schaffner, die sich durch die Gänge quetschen. Genau das soll es in diesem Jahr nicht geben. Die Bahn rechnet mit einer durchschnittlichen Auslastung von 35 bis 40 Prozent. Bleibt es bei der Prognose, ist genug Platz in den Zügen. Dennoch hat der Konzern mehrere Zusatzmaßnahmen für den Infektionsschutz auf den Weg gebracht, um Reisen möglichst sicher zu machen. Zur Maskenpflicht und der Umstellung des Buchungssystems, wonach Fahrgäste nicht mehr zwei nebeneinanderliegende Plätze reservieren können, kommen mehr Sitzplätze. Die Bahn setzt zwischen dem 18. und 27. Dezember rund 100 Sonderzüge ein. Das soll für ausreichend Abstand sorgen. Außerdem werden die Bahnhöfe weitgehend coronasicher gemacht. Die Bahn setzt Uv-licht zur Desinfektion an Rolltreppen und darüber hinaus einen Speziallack zum Schutz vor Viren auf Treppengeländern und Aufzugknöpfen ein.
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Soll – wer kein eigenes Auto besitzt – besser mit dem Mietwagen fahren? Wer sich entschließt, mit dem angemieteten Auto zu Verwandten zu fahren, sollte sich mit der Buchung beeilen. Laut dem Vergleichsportal Check24 gibt es bereits jetzt 45 Prozent mehr Mietwagenbuchungen über die Feiertage als im Vorjahr. Der Bundesverband der Autovermieter Deutschlands (BAV) bestätigt dieser Zeitung, dass es um die Weihnachtsfeiertage eine verstärkte Nachfrage gibt. Das sei zwar auch in den vergangenen Jahren so gewesen. Anders sei diesmal jedoch, dass die Zahl der zur Verfügung stehenden Fahrzeuge um geschätzte 30 Prozent niedriger sei als in den Vorjahren. „Das wird dazu führen, dass sich das Angebot in den kommenden Tagen weiter verknappen wird“, sagt Bav-sprecher Michael Brabec. Er prognostiziert zudem, dass die Preise mit zunehmender Auslastung steigen werden. 5
Was ist besser: bei den Eltern/großeltern zu übernachten oder ins Hotel zu gehen? Das hängt vor allem davon ab, ob man sich in einer Wohnung oder einem Haus gut aus dem
Kontrollen in privaten Wohnungen hält der Gewerkschaftsvize für unwahrscheinlich.
Weg gehen kann. Wer beim Verwandtenbesuch räumliche Enge vermeiden will, hat derzeit noch in den meisten Bundesländern die Möglichkeit, rund um Weihnachten im Hotel unterzukommen. Das kann sich allerdings durch neue Beschlüsse der Ministerpräsidenten noch ändern, die voraussichtlich am Sonntag mit Kanzlerin Angela Merkel beraten wollen. Schon jetzt haben Sachsen und Brandenburg Übernachtung untersagt. In wenigen Ländern – zum Beispiel Baden-württemberg und Bayern – gibt es bereits die Auflage, dass Hotelübernachtungen während der Feiertage nur in besonderen Härtefällen zulässig sind, etwa zum Besuch von pflegeund hilfebedürftigen Angehörigen. „Die bloße Absicht, Verwandte oder Freunde zu besuchen, stellt jedoch keinen notwendigen und unaufschiebbaren Zweck dar und führt daher >
> nicht zur Zulässigkeit einer Beherbergung“, sagt Bayerns Gesundheitsstaatssekretär Klaus Holetschek (CSU). 6
Weihnachtsbesuch im Seniorenheim – geht das? Ja, Verwandtenbesuche sind – anders als während der ersten Infektionswelle im Frühjahr – bislang noch möglich. Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Pflegebeauftragte der Regierung, Andreas Westerfellhaus, haben dazu einen Leitfaden veröffentlicht. Empfohlen wird, die Besucherströme zu lenken. Außerdem sollen die üblichen Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden. Dann ist das „kurze Berühren“der Angehörigen möglich. Außerdem sollen Angehörige sowohl Geschenke als auch Blumenschmuck mitbringen dürfen. Sogar der Umgang mit Maskenverweigerern ist geregelt. In solchen Fällen wird zu einem Schnelltest der Besucher geraten. Eine Notlösung könnten „Fensterbesuche“sein.