Zeiss will 600 neue Mitarbeiter suchen
Pandemiebedingt gehen Umsatz und Gewinn bei dem Oberkochener Technologiekonzern leicht zurück. Dennoch ist Konzernchef Dr. Karl Lamprecht für das neue Geschäftsjahr optimistisch und will den Standort personell weiter ausbauen.
Vor allem das starke Wachstum im Halbleiterbereich macht einen personellen Ausbau am Standort möglich.
Spurlos geht die Corona-krise auch am Zeiss-konzern nicht vorbei, doch insgesamt herrscht in Oberkochen wieder mehr Optimismus. „Zeiss gibt es nun seit rund 175 Jahren, in diesem Zeitraum hat das Unternehmen schon viele Krisen überstanden und so wird es auch dieses Mal sein“, sagt Dr. Karl Lamprecht, Vorstandsvorsitzender des Konzerns. Als er im Mai, ganz frisch im Amt, das erste Mal eine Zeiss-bilanz erläutern musste, verglich er seine Aufgabe mit jemandem, der gerade ins kalte Wasser springen musste, aber glücklicherweise schon vorher schwimmen konnte. Am Donnerstag blieb er bei der Bilanzpressekonferenz bei diesem Bild, indem er ausführte: „Ich bin nicht untergegangen, stattdessen hat mich die externe Krise enger mit Zeiss verbunden.“
Ein Beleg dafür sind die jetzt vorgelegten Zahlen. Der Umsatz im Geschäftsjahr 2019/20 (bis 30. September) fiel leicht um etwa zwei Prozent auf 6,3 Milliarden Euro. Davon entfielen gut 90 Prozent auf Märkte außerhalb von Deutschland. Profitieren konnte Zeiss zudem von einem leichten Umsatzwachstum im asiatischen Raum. Beim Gewinn vor Zinsen und Steuern sind die Bremsspuren schon etwas größer. Hier weist das Unternehmen einen Wert von 922 Millionen Euro aus, die ein Minus von rund 13 Prozent zum Vorjahr bedeuten. Diese Entwicklung
erlaubt es dem Unternehmen, das Eigenkapital noch einmal deutlich zu erhöhen auf jetzt rund 4,3 Milliarden Euro.
Nur noch wenig Kurzarbeit
Dass Zeiss relativ unbeschadet durch dieses Pandemie-jahr gekommen sei, verdanke das Unternehmen einem ganzen Bündel von Maßnahmen, so Lamprecht. Dazu gehört auch der Einsatz von Kurzarbeit. „Im Schnitt waren etwa 17 Prozent unserer Mitarbeiter in Kurzarbeit“, erläutert Finanzvorstand Christian Müller. Besonders der Zeitraum zwischen April und Juli sei von vielen Unsicherheiten geprägt gewesen. Auf der Ostalb haben in diesem Zeitraum zwischen 600 und 700 Mitarbeiter weniger gearbeitet. Die gute Nachricht sei jedoch, dass aktuell kaum noch auf Kurzarbeit zurückgegriffen werden müsse, so Müller.
Bei einem Blick auf die verschiedenen Sparten ergibt sich ein differenziertes Bild. Größte Stütze im abgelaufenen Geschäftsjahr blieb das Halbleitersegment. Hier stieg der Umsatz der Krise zum Trotz um zwölf Prozent. Und die Aussichten seien dank einer speziellen Technologie, der sogenannten EUVLithografie gut, so Lamprecht. Die größten Wettbewerber hätten sich aus diesem Bereich vorerst zurückgezogen. Und Zeiss arbeite schon jetzt in Oberkochen an der nächsten Generation des Verfahrens. „Die Forschung findet auf etwa einem Drittel des Areals des Halbleiterstandorts zwischen Königsbronn und Oberkochen statt“, sagt der Konzernchef. Mehr als eine Milliarde Euro sei bereits in die Entwicklung der Euv-lithografie investiert worden.
Die Konsumentensparte bleibt das Sorgenkind des Konzerns. Das Umsatzminus liegt bei neun Prozent. „Uns haben die Schließungen der Optiker stark getroffen, denn wenn diese Läden zu sind, verkaufen wir auch keine Brillengläser mehr“, sagt Finanzvorstand Müller. Im August und September sei man wieder ungefähr bei den Vorjahresumsätzen gewesen. Eine Prognose für die nächsten Monate sei schwierig. Herausfordernd ist auch das Geschäft mit industrieller Messtechnik. Hier musste sich der Konzern mit dem Struktur- und Technologiewandel in der Automobilindustrie und „dem nicht vorhersehbaren Einbruch“in der Luftfahrt auseinandersetzen. Das Umsatzminus belief sich auf sechs Prozent zum Vorjahr.
Mehr Mitarbeiter eingestellt
Der Krise zum Trotz hat das Unternehmen seine Forschungsaufwendungen weiter erhöht. 812 Millionen Euro und damit 15 Prozent mehr als im Vorjahr investierte Zeiss in diesen Bereich.
Dieses Geld floss aber nicht nur in Maschinen und Gebäude, sondern auch in Menschen. Um drei Prozent stieg die Mitarbeiterzahl des Konzerns in der Coronakrise. „Wir haben 900 Arbeitsplätze geschaffen, davon 400 in Deutschland“, bilanziert Müller.
Diese Entwicklung soll sich auch im laufenden Geschäftsjahr fortsetzen. Denn der Konzern schaut „verhalten“optimistisch in die nächsten Monate. „Wir gehen von einem leicht steigenden Umsatz aus“, sagt Müller. Auf dieser Basis kann Konzernchef Lamprecht zum Abschluss noch eine gute Nachricht verkünden: „Vor allem durch das starke Wachstum im Halbleiterbereich suchen wir in diesem Geschäftsjahr 600 neue Mitarbeiter auf der Ostalb.“