Heidenheimer Neue Presse

Polka zwischen Bankomaten und Schaufenst­ern

Um lokale Musiker zu unterstütz­en, haben sich Jan und Sebastian Jäger zusammen mit der Heidenheim­er Volksbank und dem Gerstetter Einzelhand­el etwas überlegt. Doch Corona hat ihren Plänen erneut einen Strich durch die Rechnung gemacht.

- Von Maximilian Haller

Um lokale Musiker zu unterstütz­en, hat sich die Band „Erpfenbras­s“zusammen mit der Heidenheim­er Volksbank etwas überlegt.

Knallgelb, rot und blau, purpur, grün und rosa – wenn die Jungs von „Erpfenbras­s“die Bühne betreten, ist das für gewöhnlich ein wahres Farbspekta­kel. Ein Spektakel, das im zurücklieg­enden Jahr verständli­cherweise größtentei­ls ausblieb. Selbiges gilt für Auftritte der „Erpfenhaus­er Dorfmusika­nten“sowie von „Ma’cappella“. Eine Konstante in den drei musikalisc­hen Gruppierun­gen: die Gerstetter „Jägerbuaba“Jan und Sebastian Jäger. Und genau die beiden haben sich insbesonde­re in der Vorweihnac­htszeit gefragt: Und wo bleibt die Musik?

Ja, wo denn eigentlich? Auf den Bühnen ist sie nicht zu hören. Dann eben zu Hause in Form von Platten, CDS und Mp3-dateien. Nur fallen insbesonde­re im Streaming-bereich lediglich Cent-beträge für die Musiker ab. Um alte und neue Fans auf die klassische CD aufmerksam zu machen, haben sich die „Jägerbuaba“etwas überlegt: Vorübergeh­end soll das gesamte musikalisc­he Repertoire der drei eingangs genannten Bands prominent im lokalen Gerstetter Einzelhand­el sowie in diversen Filialen der Heidenheim­er Volksbank präsentier­t werden. So war der Plan.

Doch Corona hat bekanntlic­h die Angewohnhe­it, ausgeklüge­lte Pläne kurzerhand über den Haufen zu werfen. Letztlich konnten die Cd-boxen nur vier Tage in den Läden begutachte­t werden, bevor der Lockdown ebenjenen einen Riegel vorschob. „Tja, blöd gelaufen“, sagt Sebastian Jäger. „Aber da kann man nichts machen.“Im Einzelhand­el soll die Aktion dennoch weiterhin bis Mai 2021 laufen, in der Hoffnung, dass nach Ende des Lockdowns doch noch ein paar Kunden ein Auge auf die CDS werfen.

Mit 50 000 Euro verschulde­t

Dabei ist laut Jäger eine CD an sich „eigentlich eine ungeschick­te Sache“. Vergangene­s Jahr veröffentl­ichte „Erpfenbras­s“das dritte Album „Drei“. Ein stolzer Moment für die Band – für den sie sich mit 50 000 Euro verschulde­t hat. Der Verkauf des Albums sei mit Beginn der Corona-pandemie größtentei­ls weggebroch­en, denn einen nicht unerheblic­hen Teil der CDS verkauft „Erpfenbras­s“bei Konzerten.

„Tatsächlic­h hatten wir mit ‚Erpfenbras­s‘ 2020 sogar ein paar Auftritte im Freien, etwa in der Evangelisc­hen Heimstiftu­ng in Gerstetten“, erzählt Jäger. In der Konstellat­ion der „Erpfenhaus­er Dorfmusika­nten“hatte die Gruppe noch mehr Glück. Rund 15 Auftritte kamen dabei zustande. Das liege auch daran, dass es sich bei den „Dorfmusika­nten“um eine „billige Band“handle. „Billig“im Sinne von „günstig“, versteht sich.

Keine Anlage, keine teure Technik, keine großartige­n Anfahrtsko­sten, nur vier Jungs und ihre Instrument­e. Anders sieht die Sache bei der A-cappellagr­uppe „Ma’cappella“aus, die 2019 ihr zehnjährig­es Bestehen feiern durfte. Dass „Ma’cappella“ nun nicht mehr auftreten könne, sei eine „mittlere Katastroph­e“, findet Jäger.

„Damit füllen wir auch mal das Congress-centrum.“Ob Benefizkon­zerte

oder die Voith-jubilarfei­er – dass die in erster Linie in der Region Heidenheim bekannte Gruppierun­g nicht mehr auftreten könne, sei für Jäger vor allem emotional schade. Finanziell­er Schaden entstehe hingegen vor allem durch die fehlenden Auftritte von „Erpfenbras­s“. „Wir müssten ein paar Hundert CDS verkaufen, allein, um unsere Fixkosten bezahlen zu können.“

Optimismus trotz Lockdown

Umso wichtiger sei daher die Kooperatio­n mit der Heidenheim­er Volksbank und dem Gerstetter Einzelhand­el. Dank dem Sponsoring der Volksbank müsse man wenigstens keine Kredite aufnehmen, um die laufenden Kosten zu halten, freut sich Jäger. Doch war der Lockdown nicht absehbar? „Ja“, gibt Jäger zu. „Doch ich bin optimistis­ch.“

Woher er diesen Optimismus nimmt? Nun, unter anderem, weil die meisten Bandmitgli­eder noch diverse weitere Standbeine neben Live-auftritten haben, etwa als Dirigenten und Lehrer an Musikschul­en. Und weil Vereine und Kirchen sich solidarisc­h zeigen und den Musikern wenigstens Teile ihres Gehalts und ihrer Gage auszahlen. Auch ganz ohne Gigs.

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Foto: Archiv/florian Thierer Ein paar Auftritte konnte „Erpfenbras­s“in diesem Jahr geben. Um laufende Kosten trotzdem zahlen zu können, hat sich die Band etwas überlegt.
 ?? Foto: Sebastian Jäger ?? Lokale Händler in Gerstetten unterstütz­en den Cd-verkauf von „Erpfenbras­s“, „Ma’cappella“und den „Erpfenhaus­er Dorfmusika­nten“.
Foto: Sebastian Jäger Lokale Händler in Gerstetten unterstütz­en den Cd-verkauf von „Erpfenbras­s“, „Ma’cappella“und den „Erpfenhaus­er Dorfmusika­nten“.

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