Essen daheim, Theater online
Die Reutlinger Firma Baral Geohaus-consulting AG versammelt ihre Belegschaft zum Jahresabschlussfest mit einer Videokonferenz.
Ein kulturelles Glanzstück ist bei den Weihnachtsfeiern des Reutlinger Unternehmens Baral Geohaus-consulting AG obligatorisch. 2018 ließ sich die Belegschaft erst die Geschichte des Residenzschlosses Urach nahebringen und dinierte danach im Stauseehotel bei Metzingenglems. Vor einem Jahr machte sie sich kundig über die einst berühmte Textildruckerei Pausa in Mössingen (Kreis Tübingen) und kehrte anschließend im Wanderheim auf dem Roßberg ein. Und in diesem Dezember wollte Geschäftsführer Wilfried Gekeler (58) seine 50 Angestellten zu einer Vorstellung des Regionaltheaters Lindenhof in Burladingen-melchingen (Zollernalbkreis) einladen mit anschließendem feinem Essen in der Gaststätte des Theaters.
Doch wegen der Corona-pandemie, so stellte sich im Spätherbst heraus, war eine Präsenzfeier nicht möglich. Das Theater Lindenhof hat geschlossen, das Restaurant auch, und das Kontaktverbot untersagt Feiern mit so vielen Beteiligten sowieso. Was also tun? Die betriebliche Weihnachtsfeier absagen?
„Das Fest ist bei Baral immer das Highlight am Jahresende“, sagt Teamleiter Peter Grüninger. Es wäre allen schwer gefallen, darauf zu verzichten. Und Gekeler meint: „Wir halten an unserer Tradition fest.“
So beschloss die Geschäftsleitung, eine virtuelle Feier abzuhalten, allerdings mit allem Drum und Dran. Mit dem System Microsoft Teams. Allerdings waren für das Gelingen einige Hürden zu bewältigen.
So funktioniert es: Am Abend des 18. Dezember wählen sich die
Mitarbeiter zuhause in das System ein. Deshalb können erstmals auch die Kinder der Beschäftigten teilhaben. Der Chef wird eine Ansprache halten, neue Mitarbeiter vorstellen und langjährige Betriebsangehörige ehren.
Im Anschluss lassen sich alle das am Nachmittag kalt angelieferte Essen schmecken. Gekocht wird es vom Lindenhof-wirt Tobias Betzmann (28) und seinem
Kollegen Markus Kunkel vom Restaurant „Maulhelden“in Mössingen.
Die Baral-leute haben sich zwischen zwei Vorspeisen, vier Hauptspeisen und drei Desserts mit regionalem Einschlag entscheiden können. So gibt es Karotten-kokoscreme mit kandierten Erdnüssen und Wildragout mit Lebkuchen-apfel-rotkohl und Laugen-speck-serviettenknödel.
Die Köche füllen die Speisen in Gläser, ein paar wenige Gerichte in Vakuumbeute. Für die Kleinen gibt es übrigens „Spätzle mit Soß.“
Das gibt es nach dem Festessen auch für alle. Denn „Spätzle mit Soß!“heißt das Programm der Lindenhof-schauspieler Berthold Biesinger und Bernhard Hurm. Die beiden Erzschwaben spielen ihre feinsinnige, launige Mundart-revue live auf der Bühne des Lindenhofs, vor leeren Zuschauerreihen – durchaus eine Herausforderung für die Künstler. Vier Kameras nehmen das Schauspiel auf, die Techniker speisen die Bilder per Streamingdienst ins Netz ein. Das Baral-personal kann sich in das Stück einloggen.
Zunächst war vorgesehen, „Spätzle mit Soß!“exklusiv für das Geohaus aufzuführen. Doch zusehen kann jeder, der sich online eine Karte mit Zugangsberechtigung kauf.
Dass Baral Geohaus auf die Idee kam, die Darsteller für die Weihnachtsfeier zu engagieren, finden Hurm und sein vom Corona-lockdown gebeuteltes Ensemble „großartig“. Trotz der Notlösung: „Wir bleiben damit in Übung.“Und für die Theaterkasse fällt auch etwas ab.
Nach der Vorstellung kommt das Fest erst richtig ins Rollen. So gut, wie das virtuell geht. „Wir richten einzelne Tische ein, an denen sich die Leute treffen und sich unterhalten können, auch in Einzelgesprächen“, sagt Gekeler. Themen-tische sind geplant mit Ratespielen, Musik, Videos. Daran gedacht ist, dass neue Mitarbeiter selbst etwas aufführen. Die Kinder der Mitarbeiter, so hat der Chef erfahren, sind schon ganz aufgeregt und erwarten mit Spannung, was sie da erleben werden.