RKI-CHEF: Weihnachten in ganz kleinem Kreis feiern
Leiter des Robert-koch-instituts ruft alle Bürger zur Mitwirkung auf. Intensivmediziner erwarten weiteren Anstieg der Schwerkranken bis Anfang Januar.
Angesichts der weiterhin kritischen Corona-lage ruft das Robert Koch-institut (RKI) alle Bürger eindringlich dazu auf, über Weihnachten Kontakte zu vermeiden. „Wir befürchten, dass sich durch die Feiertage das Infektionsgeschehen noch weiter anspannen könnte“, sagte Rki-präsident Lothar Wieler in Berlin. Er bat: „Reisen Sie nicht.“Wenn möglich, solle man einfach zu Hause bleiben und die Festtage nur im kleinsten Kreis verbringen. Treffen sollten möglichst auf dieselben wenigen Teilnehmer beschränkt werden, und das möglichst draußen. „Tatsächlich stehen uns einige schwere Wochen bevor. Wir sollten sie nicht noch schwerer machen“, sagte der Rki-präsident.
Derzeit verschlechtere sich die Situation weiter, erläuterte Wieler. Der verschärfte Lockdown mit zusätzlichen Schließungen soll vorerst bis 10. Januar andauern.
Die deutschen Intensivmediziner gehen für die kommenden Wochen von einer weiteren Zunahme der Covid-19-patienten auf den Intensivstationen aus. „Wir rechnen mit dem Peak in den nächsten zwei bis drei Wochen“, sagte Christian Karagiannidis von den Kliniken Köln auf einer Pressekonferenz der Deutschen Interdisziplinären Vereinigung für Intensiv- und Notfallmedizin (Divi). Er rechne im Januar mit „um die 6000“gleichzeitigen Intensivpatienten. Es gebe zunehmend Sorge, dass es wirklich eng werde – nicht nur in Sachsen, sondern auch in anderen Regionen.
Am Dienstag wurden laut Divi-tagesregister 5216 Covid-19patienten auf Intensivstationen behandelt. „Neben der hohen Zahl an Patienten sind wir damit konfrontiert, dass wir weniger Personal zur Verfügung haben“, sagte Karagiannidis weiter.
Steffen Weber-carstens von der Berliner Charité betonte, es gebe momentan keine Triage in Kliniken. Triage bedeutet, dass Ärzte bei knappen Ressourcen entscheiden müssen, wem sie zuerst helfen. „Auch in Sachsen haben wir zurzeit keine Triage-situation“, sagte er.
Am Sonntag soll das Impfen gegen Corona starten. Dabei stellen sich viele Fragen.
Deutschland soll am Samstag die erste Lieferung bekommen. Avisiert sind 151 125 Impfdosen, teilte Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) mit, die der Gesundheitsministerkonferenz vorsitzt. Danach steigern sich die Auslieferungen auf 521 625 am 28. Dezember und 672 750 am 30. Dezember. Laut Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) sollen im Januar jede Woche mindestens 670 000 Dosen kommen. Zu beachten ist, dass jede Person zwei Impfungen braucht. Spahn betont, man wolle jedem, der 2021 geimpft werden möchte, „so bald wie möglich ein Impfangebot machen“.
Wie der Start konkret aussieht, hängt vom Bundesland ab. In Hessen oder Hamburg etwa bleiben zunächst die Impfzentren zu, weil die erste Liefermenge zu gering ist. Stattdessen sollen mobile Teams Altenheime aufsuchen. Berlin öffnet zunächst eines von sechs Impfzentren und schickt unverzüglich 40 der insgesamt 60 mobilen Teams in Pflegeheime. Auch Brandenburg beginnt in Heimen, zwei Tage später soll erstes Klinikpersonal immunisiert werden.
Da es keine Impfpflicht gibt, müssen die Heimbewohner der Immunisierung zustimmen. Nach Angaben der Deutschen Stiftung Patientenschutz sind aber „70 Prozent der Heimbewohner größtenteils nicht einwilligungsfähig“, so Vorstand Eugen Brysch. Deshalb seien die Betreuer und Bevollmächtigten der 1,7 Millionen demenziell erkrankten Pflegebedürftigen gefordert, das Impfen zu ermöglichen.
Wer soll neben Heimbewohner zuerst immunisiert werden?
Zur ersten Gruppe gehören neben den über 80-Jährigen Mitarbeiter in der Pflege Hochbetagter, medizinisches Personal mit sehr hohem Infektionsrisiko auf Intensivstationen, in Notaufnahmen, Rettungsdiensten, Impfzentren. Zur zweitwichtigsten Gruppe zählen laut Impfverordnung etwa alle Menschen, die das 70. Lebensjahr vollendet haben, besonders durch Corona Gefährdete, so Personen mit Trisomie 21 und Demenz, aber auch Polizisten, die bei Demonstrationen eingesetzt werden. Erst danach folgen über 60-Jährige, chronisch Kranke, Soldaten, Polizisten, Feuerwehrleute, Kassiererinnen oder Lehrer.
Auch das variiert je nach Bundesland. Grundsätzlich gilt aber: ohne Voranmeldung keine Impfung. In einigen Ländern, wie in Berlin und Hessen, bekommen prioritär zu Impfende Einladungsschreiben, anderswo muss man selbstständig telefonisch oder online Termine buchen. In Baden-württemberg etwa soll es telefonische Anmeldungen unter der bundesweiten Hotline 116 117 genauso geben wie über eine App. In Bayern erfolgt die Terminvergabe telefonisch über die zuständige Impfstelle oder bald auch online. Brandenburg plant für den 4. Januar den Start eines Call-centers. Die Telefonnummer und die Personen, die zuerst anrufen können, werden dann bekannt gegeben. In Niedersachsen ist die Impf-rufnummer 0800 9988665 bereits veröffentlicht worden.
Auch das ist nicht einheitlich geregelt. Hausärzte sollen Impf-atteste ausstellen können. Anstelle der Atteste kann es aber auch ein Einladungsverfahren in Kooperation mit den Krankenkassen geben. Die Barmer berichtet, dass es dazu bisher nur mit Bayern erste Gespräche gab. Auch die AOK hatte bisher nur Kontakt zu einem Land.
Nein, der Bund bezahlt grundsätzlich alle notwendigen Impfdosen, – völlig unabhängig davon, ob oder wie die betreffende Person versichert ist.