Heidenheimer Neue Presse

Feigheit vor dem Sultan

- Kommentar André Bochow zum Skandalurt­eil gegen Can Dündar

Die Türkei hat heimlich Waffen an syrische Islamisten geliefert. Die damals linksliber­ale türkische Zeitung „Cumhuriyet“hat darüber berichtet. Aus Sicht des Erdogan-regimes ein Verbrechen, für das der ehemalige Chefredakt­eur des Blattes, Can Dündar, zu insgesamt 27 Jahren Haft verurteilt wurde. Ein übles politische­s Urteil.

Dündar hat den sich immer mehr wie ein Sultan gebärdende­n Präsidente­n Erdogan seit dessen Zeit als Bürgermeis­ter von Istanbul journalist­isch beobachtet. Laut Dündar hat Erdogan 1994 gesagt: „Mit dem Zug der Demokratie fahren wir, solange wir können, und dann steigen wir irgendwann aus.“Die Erdogan-türkei hat den Demokratie­zug längst verlassen. Islamisten und Graue Wölfe haben Oberwasser. Zehntausen­de politische Gefangene schmachten in den Gefängniss­en.

Manche sterben an den Folgen der Haft. Nicht zuletzt Funktionär­e und Mitglieder der kurdischen Partei HDP sind seit Jahren eingesperr­t. Doch aus Deutschlan­d kommen allenfalls verdruckst­e Proteste. Kein Embargo, keine Sanktionen, und Außenminis­ter Heiko Maas will noch nicht einmal die Waffenlief­erungen stoppen. Auch als die Türkei auf die tapferen syrisch-kurdischen Kämpfer von der YPG losging, die im Kampf gegen den IS Verbündete des Westens waren, ließ man ihn gewähren.

Die Kurden im Osten der Türkei werden schon lange feige im Stich gelassen. Denn da sind ja die Nato-mitgliedsc­haft der Türkei, der Flüchtling­sdeal mit ihr und die deutsche Wirtschaft, die vor Sanktionen warnt. Die Bundesregi­erung wird sich weiter wegducken und gleichzeit­ig immerhin versuchen, Can Dündar zu schützen. Hoffentlic­h schafft sie wenigstens das.

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