Kinder sitzen zu lange am Bildschirm
Experten der AOK Baden-württemberg warnen vor gesundheitlichen und sozialen Folgen.
Zum Abschluss eines Jahres mit Fernunterricht und Ausgangsbeschränkungen warnt Baden-württembergs größte Krankenkasse vor den Folgen langer Bildschirmzeiten für Minderjährige: Eine landesweite Erhebung im Auftrag der AOK legt Zusammenhänge zu Fehlsichtigkeit und anderen Problemen nahe. „Je mehr Zeit Kinder vor einem Bildschirm verbringen, desto häufiger beobachten Eltern, dass ihr Kind Konzentrationsprobleme hat, sich ungesund ernährt, kurzsichtig ist oder Kopfschmerzen hat“, heißt es in der Auswertung des Meinungsforschungsinstituts Forsa. „Auch Kontakte zu Freunden und Verwandten werden dann häufiger vernachlässigt.“Die Studie liegt unserer Zeitung vor.
Experten der AOK Badenwürttemberg sind besorgt: „Heranwachsende verbringen inzwischen ebenso viel Zeit vor dem Bildschirm wie in der Schule“, warnt Hans-peter Zipp, Kinderund Jugendarzt bei der AOK. Eine Postbank-studie hatte bereits 2019 ergeben, dass 16- bis 18-Jährige in Deutschland pro Tag 8,3 Stunden online sind. Im April und Mai 2020, als Schulen geschlossen waren, war dieser Wert auf mehr als zehn Stunden gestiegen.
Täglich mindestens drei Stunden
Anders als die Postbank hat die AOK Baden-württemberg nicht die Minderjährigen selbst befragen lassen, sondern ihre Eltern, und zwar zur Nachwuchs-bildschirmzeit insgesamt. Demnach sitzen im Südwesten 40 Prozent der 15- bis 18-Jährigen wochentags drei Stunden „oder länger“vor Fernsehern, Computern und Smartphone. Am Wochenende sind es 70 Prozent. Über die Bandbreite von ein bis 18 Jahren kommt jedes zweite Kind auf einen Gesamtschnitt von mindestens einer Stunde Screentime am Tag, am Wochenende sind es 67 Prozent. Gut jeder fünfte Befragte gab an, dass sein Kind in der Freizeit keinen Sport treibe.
Zipp warnt, dass „häufige Mediennutzung vor allem im Kindesalter die allgemeine Entwicklung gefährden kann“. Die Studie selbst legt das nahe. „Täglich etwa zwei Stunden raus an die frische Luft“, rät der AOK-ARZT. „Das senkt das Risiko, dass eine Kurzsichtigkeit entsteht oder sich stark ausprägt.“
Der Präventionsexperte der Landes-aok, Alexander Kölle, empfiehlt als Orientierung für die Mediennutzung ein Maximum von zehn Minuten pro Lebensjahr am Tag oder von einer Stunde pro Lebensjahr in der Woche.
Für die Forsa- Studie wurden 507 repräsentativ ausgewählte Eltern von Kindern zwischen einem und 18 Jahren in Baden-württemberg befragt. Die Daten wurden Ende November erhoben, als die Schulen im Land noch offen waren.