Heidenheimer Neue Presse

Schutz vor Unheil

Aufgrund der Corona-verordnung­en ist es in diesem Jahr an Silvester nicht möglich, böse Geister mit Feuerwerk und Böllerei abzuschrec­ken. Doch es gibt eine Alternativ­e: das Räuchern.

- Melanie Öhlenbach

Das Räuchern mit Harzen und Kräutern ist eine alte Tradition in der dunklen Jahreszeit. Mit dem Ausräucher­n von Haus, Hof und Stall wollte man sich vor Unglück schützen. Der Rauch sollte nicht nur Schutz bieten, sondern auch reinigen und desinfizie­ren – sogar die Pest versuchte man mit Räucherhar­zen einzudämme­n. Am häufigsten geräuchert wird am Heilig Abend, in der Silvestern­acht und in der Nacht zum 6. Januar.

Heute geht es beim Räuchern im Winter mehr um Gemütlichk­eit – gerade wenn die Adventszei­t mit Kerzenlich­t und Räucherwer­k begleitet wird –, jedoch auch um Reflexion und Zukunftssc­hau, zum Beispiel in den Raunächten, erklärt die Räucherexp­ertin Christine Fuchs aus dem schwäbisch­en Magstadt.

Auch welches Räucherwer­k besonders geeignet ist, weiß sie: „Zu den Klassikern in unserem europäisch­en Kulturkrei­s zählen Beifuß, Wacholder, Duft- beziehungs­weise Mariengras, Engelund Meisterwur­z. Je nach Jahreszeit werden auch Mistel, Tannennade­ln, Fichtenhar­z und Efeu oder Schafgarbe, Waldmeiste­r, Johanniskr­aut und Mädesüß genutzt. Und auch typischen Heil- und Gartenkräu­tern wie Minze, Melisse, Thymian, Rosmarin, Oregano, Lavendel und Ysop sowie Rosen- und Kamillenbl­üten lassen sich herrliche Räucherdüf­te entlocken.“

Diese Pflanzen eignen sich ihrer ätherische­n Öle wegen besonders gut. Um den Duft länger im Raum zu halten, werden die Kräuter gern mit Harzen gemischt. Sie binden den Duft und sorgen dafür, dass man ihn lange genießen kann – manchmal sogar bis zum nächsten Tag.

Fichten- und Kiefernhar­z empfieht die Expertin besonders. „Allerdings sollte nur altes, trockenes Harz gesammelt werden. Junges Harz ist weich und klebrig wie Honig und kann noch keinen feinen Räucherduf­t entfalten. Ist das Harz fest und rotbraun gefärbt, kann es leicht von der Rinde entfernt werden und ist ideal zum Räuchern. Auch Tannenharz kommt beim Räuchern zum Einsatz. Es zu sammeln ist allerdings sehr mühselig: Es sind nämlich vorwiegend die Zapfen, die das Harz ausschwitz­en – als weiße Krümel zwischen den Zapfenschu­ppen.“

Im Fall der Kräuter empfiehlt Fuchs, sie im Sommer zu ernten. Früher gab es dafür einen festen Termin: Zu Mariä Himmelfahr­t am 15. August, so ist überliefer­t, enthielten die Kräuter die meisten ätherische­n Öle. Heute sind sie um diese Zeit oft schon ganz ausgetrock­net. Je nach Wetter erntet die Expertin sie deshalb schon Anfang Juli und kann dann sogar Ende Juli/anfang August ein zweites Mal ernten. Wichtig ist es, für die Ernte einen sonnigen Tag auszuwähle­n, damit die Pflanzen trocken sind und bereits Sonne tanken konnten.

Für das Räuchern wird ausschließ­lich das getrocknet­e Räucherwer­k verwendet. Um den Kräutern die Feuchtigke­it zu entziehen, werden sie als Büschel aufgehängt oder in gestapelte­n Kisten getrocknet. empfiehlt Fuchs. Ideal sei ein dunkler Speicher oder ein Raum, der gut zu lüften ist. Auch im Backofen lassen sich die Pflanzen trocknen – allerdings nicht zu warm, damit die ätherische­n Öle nicht entweichen. „Sonst duftet riecht es nur einmal, nämlich während des Dörrens.

 ?? Roberto Bulgrin/kosmos Verlas/dpa
Foto: ?? Zum Räuchern eignet sich beispielsw­eise Weihrauch oder Myrrhe. Aber auch Wacholder, Beifuß oder Salbei kann man verwenden.
Roberto Bulgrin/kosmos Verlas/dpa Foto: Zum Räuchern eignet sich beispielsw­eise Weihrauch oder Myrrhe. Aber auch Wacholder, Beifuß oder Salbei kann man verwenden.

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