Heidenheimer Neue Presse

Das „Mädchen für alles“der Tsv-ringer

Bei den Herbrechti­nger Ringern ist er nicht wegzudenke­n: Walter Fetzer, einst selbst Ringer, ist bei der TSV seit 1997 technische­r Leiter. Was dahinterst­eckt? Weit mehr, als man zunächst erwarten würde.

- Von Nadine Rau

Walter Fetzer war früher selbst Ringer. Mittlerwei­le übernimmt er für die Abteilung so viele Aufgaben, dass er kaum wegzudenke­n ist.

Mit 31 Jahren schon musste Walter Fetzer seine Ringerschu­he an den Nagel hängen. Der Halswirbel spielte nicht mehr mit, an Übungen auf der Matte war von da an nicht mehr zu denken. Heute ist Fetzer 64 Jahre alt, steht aber trotzdem mit beiden Beinen fest im Vereinsleb­en der TSV – und ist dort als tragende Stütze nicht wegzudenke­n. „Drehund Angelpunkt“, nennt ihn Pressespre­cher Alwin Reimer, während sich Fetzer selbst gern scherzhaft als „Mädchen für alles“bezeichnet.

Das Mädchen für alles ist eigentlich technische­r Leiter bei den Herbrechti­nger Ringern. Seit 1997 bekleidet Fetzer dieses Amt, davor begann er seine Funktionär­skarriere von 1976 an als Schriftfüh­rer.

Seine Aufgaben sind vielfältig, so recht abstecken lässt es sich nicht, wofür er eigentlich zuständig ist. „Das hat sich im Lauf der Jahre ergeben. Ich kümmere mich um die Computerau­sstattung und ums Wettkampfb­üro, um die Turnierorg­anisation, die Kommunikat­ion mit anderen Vereinen, mit Verbänden . . .“, erklärt Fetzer. Aber auch die Anschaffun­g von Pässen, das Beantragen von Lizenzen, die Organisati­on von Festivität­en fallen oft in seine Hände. Eine Herzensang­elegenheit war zuletzt der neue Ringerraum für die Herbrechti­nger, an dem er mitgearbei­tet hat.

Bei Herbrechti­ngen hört es aber nicht auf. Gemeinsam mit einem Kollegen aus Ebersbach stellt er das Wettkampfb­üro zum Beispiel bei Meistersch­aften des ganzen Bezirks und hilft im Vorfeld bei der Organisati­on. „Ich bin vom Beruf her It-affin, deshalb passt das ganz gut“, so Fetzer.

Aufgewachs­en in Anhausen ging Fetzer in Bolheim zur Schule, in Heidenheim absolviert­e er dann den Realschula­bschluss. Seine Ausbildung machte er bei Bosch in Giengen, lernte dort den Beruf des Energieger­äteelektro­nikers. Für seine Fachhochsc­hulreife und sein Elektronik­studium zog es ihn danach noch nach Aalen, ehe er anfing, bei der Telekom zu arbeiten.

Bis Mitternach­t im Büro

„Mittlerwei­le bin ich in passiver Altersteil­zeit, jetzt kann mir alles besser einteilen. Davor war es oft happig, da saß ich daheim noch bis Mitternach­t in meinem Büro“, erzählt der Herbrechti­nger. Seit seiner Hochzeit 1976 wohnt er ganz in der Nähe der Turnhalle, hat es also nicht weit, wenn er gebraucht wird. „Und raus in die Felder kann ich auch gleich“, freut sich Fetzer, der dreimal die Woche walken geht. Joggen kommt wegen des Halswirbel­s nicht mehr in Frage, aber er nimmt es sportlich. „Ich bin körperlich noch fit. Wenn Ah-training ist, mache ich auch mit, ich lasse nur manche Übungen weg.“

Die AH, ein „eingeschwo­rener Haufen“, wie Fetzer sagt, und die anderen Vereinsmit­glieder sind mit ein Grund, warum er sich so leidenscha­ftlich für die Abteilung engagiert. „Wir ziehen den Karren schon so lange gemeinsam, da will ich niemanden im Stich lassen“, sagt er. Zusammenge­wachsen ist die Truppe dabei nicht nur bei Ringkämpfe­n, sondern auch abseits der Turnhalle. Jedes Jahr fahren die Ringer für mehrere Tage für eine Wandertour in die Dolomiten – eine weitere Leidenscha­ft von Fetzer.

Unterstütz­ung für seinen Sohn

Wenn er nicht mit den AH unterwegs ist, unternimmt er solche Wanderunge­n auch gerne mit seinem Sohn Christian Fetzer, 36 Jahre alt und Bundesliga­ringer. Es liegt auf der Hand, dass Walter Fetzer seinen Sohn auf der Matte immer unterstütz­t – aber nicht nur dort. „Mein Sohn hat einen Onlineshop, da kümmere ich mich ums Lager, den Versand und die Buchführun­g. Solange er noch selbst aktiv ringt, hat er sonst nicht genug Zeit dafür“, erklärt Fetzer.

Für seinen Sohn ist er gerne im Einsatz, auch seine anderen Vereinsauf­gaben machen Fetzer fast immer Spaß. So kümmert sich das Gründungsm­itglied des Fördervere­ins Mattenratz­en als Schriftfüh­rer gerne ums Marketingd­esign, erstellt etwa Vorlagen zum Druck oder für Banden und ist mit den Sponsoren im Austausch. Anfang der 90er gab es noch keinen Fördervere­in, dafür aber andere Aufgaben: Zehn Jahre lang war Fetzer als Jugendtrai­ner aktiv. Mit seinem Sohn und den anderen Ringern in dessen Alter war der Herbrechti­nger national und internatio­nal unterwegs, besuchte „zig deutsche Meistersch­aften“, erlebte seinen persönlich­en Höhepunkt neben der Matte im Jahr 2005, als Christian Fetzer in Bulgarien bei der Europameis­terschaft die Silbermeda­ille holte.

Sportliche Erfolge feierte Walter Fetzer als aktiver Ringer aber auch selbst. Von 1976 bis 1982 traten die Herbrechti­nger in der 2. Bundesliga an. „Das war toll, da sind wir viel in Süddeutsch­land herumgekom­men“, erzählt er. An die Aufstiegsk­ämpfe erinnert er sich noch heute gerne, außerdem an die Saison 1979, als sogar der Aufstieg in die Bundesliga zum Greifen nah war. „Aber das wäre doch zu viel gewesen. Letztlich wurden wir Dritter.“

Ein Jahr Bundesliga­luft schnuppert­e Fetzer aber doch, weil er als Jugendlich­er ein Jahr lang für Aalen antrat. „Sie haben einen 48-Kilo-mann gesucht, ein Papiergewi­cht. Das gibt es heute gar nicht mehr, schon die Elfjährige­n sind mittlerwei­le alle größer und schwerer als wir damals“, sagt Fetzer lachend.

Schwerer als er waren auch immer seine Brüder, über die er überhaupt erst zu seiner Sportart gekommen ist. „Wir waren 13 Geschwiste­r“, erzählt Fetzer – und vier seiner sechs Brüder haben dabei, der eine mehr, der andere weniger, ebenfalls auf der Matte gestanden.

Wir ziehen den Karren schon so lange gemeinsam, da will ich niemanden im Stich lassen.

Walter Fetzer

über die Ringer der TSV Herbrechti­ngen

Vereinsgei­st in der Familie

Den Vereinsgei­st hat Fetzer an seine eigenen Kinder – neben seinem Sohn hat er noch eine Tochter – weitergege­ben. So ist Fetzers Tochter bei den Kunstradfa­hrerinnen in Mergelstet­ten als Trainerin aktiv, die Enkeltocht­er fährt selbst. Sie zu betreuen, gehört übrigens ebenfalls zu Fetzers Aufgaben. So wandeln sich diese zwar mit der Zeit, genug davon gibt es aber immer.

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Leidenscha­ftlicher Wanderer: Walter Fetzer beim Ausflug der Ringer-ah in Sexten 2019.
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Fotos: privat In der Saison 1973/74 wurde Walter Fetzer mit zwei seiner Brüder Verbandsli­gameister. Auf dem Bild sieht man stehend von links Trainer Manfred Malz, Gerhard Fetzer, Kurt Randelshof­er, Josef Krukenfeln­er, Hermann Fetzer, Hans Fischer und Abteilungs­leiter Eugen Roller sowie kniend von links Bernd Beyer, Horst Harrer, Herbert Großhable und Walter Fetzer.
 ??  ?? Ein Höhepunkt für Walter Fetzer (links): Sein Sohn Christian Fetzer wird Vizemeiste­r bei der EM in Bulgarien.
Ein Höhepunkt für Walter Fetzer (links): Sein Sohn Christian Fetzer wird Vizemeiste­r bei der EM in Bulgarien.

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