Hatz auf die Corona-impfung
Knapper Wirkstoff, überlastete Hotline, Probleme bei der Terminvergabe: Die ersten Impfzentren haben den Betrieb aufgenommen. Noch ruckelt es vielerorts.
Mit Beginn der Impfungen gegen das Coronavirus am Sonntag ist es auch in Badenwürttemberg zu einem Run auf Impftermine gekommen. Bereits am Montag waren die ersten Termine in den neun Zentralen Impfzentren (ZIZ) im Südwesten alle vergeben. Viele Berechtigte wurden abgewiesen und vertröstet. Eine Sprecherin des Landes-gesundheitsministeriums begründete dies mit der bisher geringen Verfügbarkeit des Impfstoffs und bat um Verständnis.
Bei unserer Redaktion meldeten sich mehrere enttäuschte Menschen und klagten über Probleme bei der Terminvergabe. Sie läuft telefonisch (116117) oder über das Internet (impfterminservice.de). Viele Leser berichteten von erfolglosen Versuchen, telefonisch Termine für betagte Verwandte zu vereinbaren. Nahezu alle klagten über lange Wartezeiten bei der Hotline (116117), viele schilderten auch, sie seien „aus der Leitung geflogen“. Dazu gab es Beschwerden über die Klangqualität. Die Callcenter-stimme habe blechern geklungen, die Durchsage eines aus Buchstaben und Zahlen bestehenden zwölfstelligen Codes zur Authentifizierung sei kaum zu verstehen gewesen, schilderte ein Leser.
Blecherner Klang
Die Ministeriumssprecherin erklärte auf Anfrage, die Terminbuchung laufe gut, auch telefonisch. Das Problem sei: „Die Termine sind schnell weg, weil sehr wenig Impfstoff zur Verfügung steht.“Die Wartezeit in der Hotline habe am Wochenende durchschnittlich 30 Minuten betragen, anvisiert seien etwa zehn. „Durch teilweise extremen Redebedarf der anrufenden Zielgruppe bei diesem für alle Beteiligten komplett neuen Thema kann dieses Ziel gerade nicht eingehalten werden und die Wartezeit verlängert sich entsprechend der Rededauer der vorher Anrufenden“, erklärte die Sprecherin. Weil viele Anrufer, die trotz ihres Anspruchs keinen Termin bekamen, diskutierten, verlängere sich die Wartezeit zusätzlich. „Das Anmeldesystem ist gerade erst angelaufen, die Impfdosen werden erst nach und nach ausgeliefert, es können nun mal nur so viele Termine vergeben werden, wie Impfdosen vorhanden sind.“
In der ersten Charge waren am Wochenende 9750 Dosen des bisher einzigen Wirkstoffs der Hersteller Biontech/pfizer ans Land geliefert worden. Laut der Sprecherin „deutlich weniger als zunächst vom Bund angekündigt“. Jedoch präzisierte sie auf Anfrage nicht, wie viel angekündigt gewesen sei.
Am Montag kam die nächste Lieferung mit 78 500 Dosen an, am Mittwoch werden 87 500 erwartet. Für die ersten fünf Wochen des neuen Jahres sind dann wiederum Transporte mit jeweils 87 500 Impfdosen angekündigt.
Einem Sprecher des Bundesgesundheitsministeriums zufolge sollen deutschlandweit bis Jahresende 2020 rund 1,3 Millionen Impfstoffdosen von Biontech ausgeliefert werden und bis Ende Januar 2021 „über drei bis vier Millionen Impfdosen“, erklärte er. Die Lieferungen werden nach ihrem jeweiligen Bevölkerungsanteil an die Bundesländer verteilt. Für das gesamte erste Quartal werde bundesweit mit 11 bis 13 Millionen Impfdosen gerechnet. Da das Präparat zweimal verabreicht werden muss, würde diese Menge in etwa für 5,5 bis 6,5 Millionen Menschen reichen. Andere Präparate stehen zudem kurz vor der Zulassung.
Start mit mobilen Teams
Im Südwesten fand der Großteil der Impfungen bislang durch mobile Teams in Alten- und Pflegeheimen statt. Zudem nahmen zentrale Impfzentren (ZIZ) in Heidelberg, Freiburg, Stuttgart, Karlsruhe, Mannheim, Offenburg und Rot am See den Betrieb auf. Das ZIZ Ulm ist bisher mit mobilen Kräften im Einsatz. Das Zentrum selbst soll am Dienstag den Betrieb aufnehmen. In Tübingen sind laut Landes-gesundheitsministeriums ebenfalls mobile Teams unterwegs. Das dortige ZIZ soll am 4. Januar starten. Vom 15. Januar an sollen in sämtlichen Stadt- und Landkreisen Baden-württembergs sogenannte Kreisimpfzentren (KIZ) den Betrieb in der Fläche aufnehmen.
Der Start der Impfungen sei laut Ministerium gut gelaufen. Jedoch gab es aus einzelnen ZIZ Berichte über knappes Personal, vor allem an Ärzten. Auch konnten laut einer internen Meldung des Städtetags am vergangenen Samstag „leider nicht die angekündigten elektrischen Kühlboxen ausgeliefert werden“, in denen mobile Impfteams den Impfstoff transportierten. Stattdessen nutze man Thermoboxen mit Kühlakkus. Daher sei die Kühlung des Transports nur für die erste Station gesichert. „Bei weiteren Stationen muss eine Abwägung in Abhängigkeit vom tatsächlichen Verhalten der Kühlung und den anderen Parametern der Planung erfolgen“, heißt es in dem Papier.