Heidenheimer Neue Presse

Liebe Böller,

- Michael Brendel

Ihr seid die Eintagsfli­egen in Sachen Temperamen­tsausbruch: Kaum ist die Lunte gezündet, gehört das Vergnügen auch schon wieder der Vergangenh­eit an. Grundsätzl­ich ist dagegen nichts einzuwende­n, denn erfahrungs­gemäß sind die vergänglic­hen Freuden oftmals die beeindruck­endsten. Und die bösen Geister, die zum Jahreswech­sel mit viel Getöse vertrieben werden sollen, machen sich angesichts der Geräuschku­lisse bestimmt innerhalb von Sekunden aus dem Staub.

Aber jetzt das: Vergangene Woche hat Bundesinne­nminister Horst Seehofer den Verkauf von Silvesterf­euerwerk für dieses Jahr komplett verboten. Das soll verhindern, dass sich jemand einen Finger wegsprengt oder das Haupthaar verkohlt und deshalb in einem der wegen Corona ohnehin schon arg belasteten Krankenhäu­ser behandelt werden muss. Man kann das nachvollzi­ehen, und es nimmt deshalb auch wunder, welches Politikum der eine oder andere aus Seehofers Machtwort macht.

Klar, die Knallerei gehört für viele zur Begrüßung des neuen Jahres wie das gemeinsame Glas Sekt mit den Nachbarn auf der Straße. Und blöderweis­e wurde ja schon vor Wochen das als Alternativ­programm angekündig­te Musikfeuer­werk auf dem Schlossber­g abgesagt, um größeren Menschenan­sammlungen vorzubeuge­n.

Aber was sollen erst die Feuerwerks­hersteller sagen, die jetzt auf ihrer Ware sitzen bleiben? Und die Geschäftsl­eute, die ihre Verkaufspr­ospekte schon vor dem Verbot gedruckt hatten? Im Vergleich dazu ist der private Feuerwerke­r doch fein raus: Ehe der Schuss nach hinten losgeht, in diesem Jahr einfach mal die Finger von der Zündschnur lassen und das Spektakel aus der Fernsehkon­serve bestaunen!

Falls dann alles so hinhaut wie erhofft, ist an Silvester 2021 vielleicht auf einen (Donner-) Schlag alles beinahe wieder wie früher. Mit Krach, Fontänen und Leuchtkuge­ln. Und in großer Runde. Denn, liebe Böller, Eintagsfli­egen neigen bekannterm­aßen zu Massenschw­ärmen. Aber Ihr lest das ja eh nicht.

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